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Aktuell
Forscher befürchten neue Heißzeit
Auf dem Weg in die „Heißzeit“?
Planet könnte kritische Schwelle überschreiten
Gemeinsame Pressemitteilung des Stockholm Resilience Center, der Universität Kopenhagen, der Australian National University und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, 7.8.18
Die globale Erwärmung auf lange Sicht bei 1,5°C bis 2°C zu stoppen, könnte schwieriger sein als bisher angenommen. Selbst bei Umsetzung der im Pariser Abkommen festgelegten Pläne zur Minderung von Treibhausgasemissionen bleibt ein Risiko, dass der Planet durch verschiedene Rückkopplungsprozesse in einen Zustand gerät, den die Forscher als „Hothouse Earth“ bezeichnen. Dies diskutiert ein internationales Team von Wissenschaftlern in einer neuen Studie im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Eine solche Heißzeit wäre langfristig durch etwa 4°C bis 5°C höhere Temperaturen charakterisiert sowie durch einen Meeresspiegelanstieg um 10m bis 60m, so die Veröffentlichung. Der Übergang zu einer emissionsfreien Weltwirtschaft müsse deshalb deutlich beschleunigt werden, argumentieren die Autoren.
„Industrielle Treibhausgasemissionen sind nicht der einzige Faktor, der die Temperatur auf der Erde beeinflusst. Unsere Arbeit weist darauf hin, dass eine vom Menschen verursachte globale Erwärmung von 2°C andere Prozesse des Erdsystems anstoßen könnte (oft als Rückkopplungen bezeichnet). Diese wiederum könnten die Erwärmung weiter vorantreiben selbst wenn wir aufhörten, Treibhausgase auszustoßen“, sagt Leitautor Will Steffen von der Australian National University (ANU) und dem Stockholm Resilience Centre (SRC). „Um dieses Szenario zu vermeiden, ist es notwendig, das menschliche Handeln in eine neue Richtung zu lenken, von der Ausbeutung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Erdsystem.“
Derzeit liegt die globale Durchschnittstemperatur bereits um gut 1°C über dem vorindustriellen Niveau und steigt etwa 0,17°C pro Jahrzehnt an.
Die Autoren der Studie betrachten zehn natürliche Rückkopplungsprozesse, von denen einige mit den sogenannten Kippelementen im Erdsystem verknüpft sind. Durch das Überschreiten kritischer Schwellen könnten diese in fundamental andersartige Zustände versetzt werden. Die Rückkopplungen könnten z.B. Kohlenstoffspeicher in Kohlenstoffquellen verwandeln, die in einer entsprechend wärmeren Welt unkontrolliert Emissionen freisetzen würden. Zu den kritischen Prozessen gehören insbesondere tauender Permafrost, der Verlust von Methanhydraten vom Meeresboden, eine Schwächung von Kohlenstoffsenken an Land und in den Ozeanen, eine zunehmende bakterielle Atmung in den Ozeanen, das teilweise Absterben des Amazonas-Regenwaldes sowie der borealen Wälder, eine Verringerung der Schneedecke auf der Nordhalbkugel, der Verlust von arktischem und antarktischem Meereis sowie das Schrumpfen der großen Eisschilde. Die Studie berücksichtigt noch nicht mögliche Rückkopplungen zwischen Emissionen und der planetaren Wolkenbedeckung.
Kippelemente im planetarischen Getriebe: Treibhausgase aus Industrie und Landwirtschaft bringen das Erdsystem aus dem Gleichgewicht
„Diese Kippelemente könnten sich wie eine Reihe von Dominosteinen verhalten. Wird einer von ihnen gekippt, schiebt dieses Element die Erde auf einen weiteren Kipppunkt zu. Es könnte sehr schwierig oder sogar unmöglich sein, die ganze Reihe von Dominosteinen davon abzuhalten, umzukippen. Manche Orte auf der Erde könnten unbewohnbar werden, wenn die „Heißzeit“ Realität würde“, ergänzt Johan Rockström, Direktor des Stockholm Resilience Centre und designierter Ko-Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
„Die Treibhausgasemissionen aus Industrie und Landwirtschaft bringen unser Klima und letztlich das ganze Erdsystem aus dem Gleichgewicht, das zeigen wir auf. Im Zentrum stehen hier vor allem die Kippelemente in der globalen Umwelt, die sich sobald ein bestimmtes Belastungsniveau einmal überschritten ist grundlegend, schnell und möglicherweise irreversibel verändern könnten. Gewisse Kaskaden solcher Ereignisse könnten das gesamte Erdsystem in eine neue Betriebsweise kippen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, amtierender Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Was wir derzeit noch nicht wissen, ist, ob das Klimasystem sicher bei etwa 2°C über dem vorindustriellen Niveau 'geparkt' werden kann, wie es das Pariser Abkommen vorsieht. Oder ob es, einmal so weit angestoßen, weiter abrutschen würde in ein dauerhaftes Supertreibhaus-Klima. Die Forschung muss sich daran machen, dieses Risiko schnellstmöglich besser abzuschätzen.“
Die Reduktion von Treibhausgasen allein reicht nicht aus
Um die Chancen zur Vermeidung einer „Heißzeit“ zu verbessern, brauche es nicht nur eine entschlossene Minderung von Kohlendioxid- und anderen Treibhausgasemissionen. Auch erweiterte biologische Kohlenstoffspeicher, etwa durch ein verbessertes Wald-, Landwirtschafts- und Bodenmanagement, oder die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie Technologien, um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und unterirdisch zu speichern, können eine wichtige Rolle spielen, so die Autoren. Entscheidend sei jedoch, dass diese Maßnahmen auch durch grundlegende gesellschaftliche Veränderungen gestützt werden.
„Das Klima und andere Veränderungen zeigen uns, dass wir Menschen das Erdsystem bereits auf globaler Ebene beeinflussen. Das bedeutet auch, dass wir als internationale Gemeinschaft an unserer Beziehung zum System arbeiten können, um die zukünftigen planetarischen Bedingungen zu beeinflussen. Diese Studie identifiziert einige der Hebel, die dafür genutzt werden können“, schließt Katherine Richardson vom Center for Macroecology, Evolution and Climate der Universität Kopenhagen.
Weckruf für den Klimaschutz
Vor Kabinettssitzung: Germanwatch und WWF veröffentlichen gemeinsames Papier mit den vier dringlichsten Aufgaben für einen besseren Klimaschutz der Bundesregierung
Gemeinsame Pressemitteilung WWF und Germanwatch, 7.8.18
Berlin. Anlässlich der morgigen Kabinettssitzung fordern der WWF Deutschland und Germanwatch die Bundesregierung auf, endlich konkrete Maßnahmen gegen die Erderhitzung zu ergreifen. In einem gemeinsamen Papier benennen sie die dringendsten Aufgaben und orientieren sich dabei an Deutschlands verbleibendem CO2-Budget. „Hitze und Trockenheit machen Mensch und Natur in Deutschland und weltweit zu schaffen doch die Bundesregierung bleibt weiter tatenlos. In den vergangenen neun Jahren ist Deutschlands Treibhausgas-Ausstoß nicht gesunken. Angesichts der zunehmenden Wetterextreme muss die Bundesregierung endlich zu einer aktiven Klimaschutzpolitik zurückkehren“, sagt Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland.
Sofortmaßnahmen sind nötig, damit das verbleibende CO2-Budget zum Erreichen der Klimaziele von Paris für einen geordneten Strukturwandel ausreicht. Zugleich müssen die Weichen für diesen Strukturwandel vor allem in den Sektoren Energie, Verkehr und Landwirtschaft in den kommenden Monaten gestellt und im angekündigten Klimaschutzgesetz verankert werden, damit die Klimaziele für 2030 nicht wie die für 2020 aus dem Ruder laufen. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Vizekanzler Olaf Scholz sollte in der morgigen Kabinettssitzung den Anfang machen und seinen Widerstand gegen die steuerliche Förderung des Klimaschutzes in Gebäuden aufgeben. Überfällig ist zudem die Zusage von Energieminister Peter Altmaier, die im Koalitionsvertrag angekündigte Sonderausschreibung von acht Gigawatt Erneuerbaren Energien bis 2020 endlich auf den Weg zu bringen. Es ist erbärmlich, dass bislang nicht einmal diese zwei im Koalitionsvertrag zugesagten Maßnahmen beschlossen sind."
Noch im September 2017 hatte Bundeskanzlerin Merkel bekräftigt, das Klimaziel für 2020 noch erreichen zu wollen und somit Deutschlands Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Jetzt ist sie davon abgerückt. Michael Schäfer: „Für die internationale Klimapolitik ist es elementar, dass die Bundesregierung das 40-Prozent-Reduktionsziel nicht komplett aufgibt, sondern zumindest deutlich macht, dass sie es innerhalb dieser Legislaturperiode erreichen will und Maßnahmen dafür beschließt. Zentral dafür ist, dass die Bundesregierung jetzt den Auftrag der Kohlekommission konkretisiert, durch den Rückbau von Kohlekraft bis 2022 die Gesamtemissionen tatsächlich um 40 Prozent zu senken. Denn Teile der Kommission haben dieses Ziel komplett abgeschrieben“, sagt Michael Schäfer.
Christoph Bals fügt hinzu: „Wenn die Bundesregierung über die Klimaziele von Paris nicht nur reden, sondern sie umsetzen will, dann muss sie jetzt den Strukturwandel organisieren und im nächsten Jahr im angekündigten Klimaschutzgesetz verankern. Drei Schritte sind dabei zentral: Erstens der verbindliche Ausstieg bis etwa 2030 aus der Kohle - bei ebenso verbindlichen Unterstützungszusagen für den Strukturwandel. Zweitens die klare Rahmensetzung für den Umstieg auf ein treibhausgasneutrales Verkehrssystem, die dem Verkehrssektor eine Zukunftsperspektive aufzeigt. Und drittens die Transformation der Landwirtschaft, wobei der Ausstieg aus der in vielfacher Hinsicht problematischen industriellen Tierhaltung und der Aufbau von humushaltigen Böden besonders wichtig sind."
Das gemeinsame Papier von Germanwatch und WWF finden Sie hier: www.germanwatch.org/de/15729
Domino-Effekt beim Wetter: Forscher fürchten neue «Heisszeit»
(dpa) - 7. August, 2018
https://www.bluewin.ch/de/news/wissen-technik/studie-klimasystem-konnte-in-heisszeit-kippen-133061.html
Warnung vor der Heißzeit
Dem Planeten drohten bis fünf Grad Erwärmung und 60 Meter höhere Meeresspiegel, sagen Forscher selbst wenn die Paris-Ziele erreicht werden.
taz, 7. August, 2018
http://www.taz.de/!5521267/
Forscher warnen vor "Heißzeit"
Süddeutsche Zeitung, 7. August, 2018
https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-heisszeit-1.4084296
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