|
|
Aktuell
Klimaverhandlungen in Panama
Panama: Klimaverhandlungen nach Durban ausgeschifft
Germanwatch sieht das Steuer nun in der Hand der höchsten politischen Ebene
Germanwatch Pressemitteilung, 8.10.11
Panama - Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch
kommentiert die Ergebnisse der gestern in Panama zu Ende gegangenen
UN-Klimaverhandlungsrunde. Es war die letzte umfassende
Vorbereitungssitzung sieben Wochen vor dem UN-Klimagipfel im
südafrikanischen Durban.
Sven Harmeling, Teamleiter Internationale Klimapolitik bei Germanwatch
und Beobachter bei den Klimaverhandlungen in Panama: "Germanwatch
begrüßt die Fortschritte, die auf technischer Ebene bei der Konferenz in
Panama im Vorfeld des Klimagipfels in Durban gemacht wurden. Allerdings
müssen sich alle Regierungen vor Augen führen, worum es geht. Schon
heute spüren immer mehr Menschen, allen voran in Afrika, die
gravierenden Auswirkungen des Klimawandels. Wir erwarten, dass die
Regierungen mit dem Ziel nach Durban fahren, den afrikanischen
Klimagipfel zu einem Meilenstein und Wendepunkt im Kampf gegen den
Klimawandel zu machen. Entscheidungen, die die Zukunft des
Kyoto-Protokolls sichern, müssen zugleich den Weg zu einem umfassenden
Abkommen mit den Schwellenländern für 2015 freimachen."
Sven Harmeling weiter: "Scheitern und Erfolg in Durban sind möglich. Für
einen echten Meilenstein bedarf es auf der einen Seite einer klaren
Zukunft für das Kyoto-Protokoll und seine zentralen Elemente, auf der
anderen Seite eines klaren Verhandlungsmandats für eine verbindliche
Gesamtlösung mit den USA und Schwellenländern. Viele Entwicklungsländer
haben auf diese Notwendigkeit hingewiesen, und auch von Seiten Chinas
kamen positive Signale. Darüber hinaus muss ein Paket zur konkreten
Umsetzung der in Cancún auf den Weg gebrachten Institutionen und
Prozessen beschlossen werden, in den Bereichen Anpassung an die
Klimafolgen, Klimaschutz, der dafür notwendigen finanziellen
Unterstützung und Technologie. Hier gab es in Panama konstruktive
Diskussionen, die die Verhandlungen einer Entscheidungsfindung in Durban
näher gebracht haben. Besonders wichtig ist die Implementierung des
Green Climate Fund."
Das Steuer ist jetzt in der Hand der Umweltminister und der Staats- und
Regierungschefs, allen voran in der EU. Sven Harmeling: "Die EU hat in
Panama einen wesentlichen Beitrag zu dem konstruktiven
Verhandlungsverlauf geleistet. Die europäischen Umweltminister können am
kommenden Montag auf die Entwicklung in Panama reagieren und ihren
Verhandlern ein starkes Verhandlungsmandat zu geben, um die Zukunft des
Kyoto-Protokolls zu sichern." Angela Merkel und andere Staats- und
Regierungschefs haben beim G20-Gipfel im November die Chance, durch ein
klares Signal Richtung Durban und mit der Einführung innovativer
Finanzierungsinstrumente die Klimaschutzdynamik in vielen
Entwicklungsländern zu beschleunigen. Viel versprechend sind hier
insbesondere Abgaben auf den internationalen Flug- und Schiffsverkehr,
die auch in Panama von verschiedenen Ländern als Optionen benannt
wurden. Deutschland kann mit einer Finanzzusage an den neuen Green
Climate Fund den Verhandlungen weiteren Schub geben. "Kommen diese
Signale nicht, setzen wir Kurs auf Sturm," sagt Sven Harmeling, "mit
politischem Willen kann Durban jedoch die strukturellen Voraussetzungen
für einen Gezeitenwechsel hin zu einer globalen Antwort auf die
Klimakrise liefern."
Klimawandel: Weltweites Risiko für Tiere und Pflanzen
PIK Pressemitteilung, 7.10.11
Der Klimawandel birgt ein Risiko für Ökosysteme auf allen Kontinenten. Wie groß die Gefahr für Tiere und Pflanzen ist, haben Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) jetzt in einer neuartigen Analyse weltweit ermittelt. Hierfür haben sie erstmals ein konkretes Maß entwickelt, das bei Veränderungen des CO2Gehalts der Luft sowie der Temperatur und des Regens die Auswirkungen auf die Landökosysteme systematisch erfasst. So könnte die Erderwärmung zu einer Ausdehnung der kasachischen Steppe führen, aber auch Wald in der bislang baumlosen Tundra wachsen lassen, wie Computersimulationen zeigen. Steigt die Mitteltemperatur statt um zwei Grad um drei Grad oder mehr, können sich die Folgen in vielen Regionen drastisch verschärfen.
„Bislang ist die Wirkung des Klimawandels auf die Biosphäre nicht wirklich gut quantifiziert worden, schon gar nicht auf globaler Ebene“, erklärt Ursula Heyder, Leitautorin der nun in der renommierten Fachzeitschrift Environmental Research Letters erschienenen Studie. „Wir wollten umfassend wissen, welche Erwärmung welche Lebensräume unter Druck setzt.“ Deshalb haben die Forscher ein Maß erstellt, das grundlegende Vorgänge im Stoffkreislauf erfasst. „Verändert sich hier etwas, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch die betroffenen Ökosysteme sich in ihrer Gesamtheit ändern bis hinunter zum kleinsten Käfer“, so Heyder. „Da wir diese ganze Komplexität im Computer aber nicht abbilden können, berechnen wir das Risiko für solche Veränderungen unter Berücksichtigung der für Ökosysteme bedeutsamsten Prozesse.“
Am größten wären die Veränderungen wohl in den Wäldern am Übergang von der kühlen Klimazone im kontinentalen Innern Asiens und Amerikas zu den gemäßigten Breiten. Hier könnten im Hitzestress mehr kälteliebende Pflanzen absterben, als wärmegewohnte Arten rasch nachwachsen, so die Studie. Gefährdet sind auch die für das Weltklima bedeutsamen Urwälder am Amazonas wegen der möglichen Verschiebungen ihres biogeochemischen Zustands, also Verschiebungen im Wasser- und Kohlenstoffhaushalt.
Die Natur reagiert in kalten Lebensräumen bereits auf eine Erwärmung um nur zwei Grad dieser Wert gilt als durchaus ambitioniertes Klimaschutzziel. Bei Ökosystemen in den gemäßigten Breiten macht es einen erheblichen Unterschied, ob die Temperaturen um zwei Grad steigen oder um drei und mehr: Die Veränderungen der Pflanzenwelt nehmen dann sprunghaft zu. Die nach dem Klimagipfel von Kopenhagen von vielen Staaten versprochenen Verringerungen des Ausstoßes von Treibhausgasen summieren sich bislang auf eine Menge, die im globalen Mittel zu einer Erderwärmung von mehr als drei Grad und damit starken Veränderungen der Umwelt führen dürfte.
„Die Natur passt sich an ein verändertes Klima durch Verschiebungen in den Ökosystemen an“, betont Wolfgang Lucht, Ko-Autor der Studie und Leiter des PIK-Forschungsbereichs Klimawirkung und Vulnerabilität. Diese Veränderungen sind zunächst einmal einfach nur Veränderungen, also weder gut noch schlecht. „Während aber der Mensch versuchen kann, seine Gesellschaft an den Klimawandel anzupassen, zum Beispiel über Deichbau oder neue Getreidezüchtungen, können Ökosysteme dies nicht ihr Wandel ist grundlegend“, erklärt Lucht. „Einige verschwinden einfach und werden durch andere ersetzt.“ Manche verlagern sich nach Norden oder Süden und das vielfach zu schnell, die Folgen sind schwer überschaubar. „Die Ökosysteme sind ein wertvolles Gut“, so Lucht. „Es geht um das natürliche Erbe der Menschheit.“
Die Berechnungen wurden für 58 verschiedene Klimaprojektionen durchgeführt, um eine große Spannbreite denkbarer Zukunftsentwicklungen abzubilden. Dies erlaubte auch, Regionen mit größerer Unsicherheit in den Aussagen von jenen zu unterscheiden, in welchen die Veränderungen als sicher erscheinen. Allen Projektionen ist aber gemein, dass ein Großteil der Landoberfläche der Erde von moderaten oder tiefgreifenden Veränderungen in den Eigenschaften der Umwelt betroffen sein kann, sollte ein umfassender Klimaschutz nicht gelingen.
“Karbonisierender Riese”: Chinas Anstieg von CO2-Emissionen geht auf Investitionen im Bausektor zurück, nicht nur auf den Export
PIK Pressemitteilung, 5.10.11
Der Bau von Gebäuden, Kraftwerken und Straßen ist der Grund für den signifikanten Anstieg der chinesischen CO2-Emissionen, so eine neue Studie. Das schnell wachsende Investitionsvolumen im Infrastrukturbereich hat zu einer Ausweitung des Bausektors und seiner energie- und CO2-intensiven Zuliefererkette geführt, etwa der Stahl- und Zementindustrie. Dieser Strukturwandel der chinesischen Wirtschaft hat zur Folge, dass mehr und mehr CO2 freigesetzt wird die Umkehr eines langfristigen Trends. Zuvor trieben steigender Konsum und Exporte die chinesischen Treibhausgasemissionen in die Höhe. Dieser Emissionsanstieg kann heute durch Einsparungen aus Effizienzsteigerungen ausgeglichen werden. Durch Bauvorhaben im Infrastruktursektor werden diese Einsparungen jetzt allerdings konterkariert und was noch wichtiger ist: sie bestimmen die Emissionen von morgen, schlussfolgert das internationale Forscherteam.
„Bis 2002 gab es ein Wettrennen zwischen steigendem Konsum und Effizienzsteigerungen“, so Jan C. Minx, Leitautor der Studie vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der TU Berlin. „Der jüngste Emissionsanstieg geht jedoch komplett auf den massiven Strukturwandel innerhalb der chinesischen Wirtschaft zurück. Emissionen steigen schneller und schneller, weil CO2-intensive Sektoren, die mit dem Bau von Infrastrukturprojekten verbunden sind, an Bedeutung gewonnen haben. China hat sich zu einem karbonisierenden Riesen entwickelt.“
Erst vor kurzem überholte China die USA als weltgrößten Energieverbraucher und CO2-Emittenten. Chinas Emissionen haben sich zwischen 1992 und 2007 fast verdreifacht. Mit Abstand der größte Teil des Anstiegs fand zwischen 2002 und 2007 statt. Allein der jahresdurchschnittliche Anstieg der CO2-Emissionen in diesem Zeitraum ist in seiner Größenordnung vergleichbar mit den jährlichen CO2-Emissionen von Großbritannien. Exporte weisen den größten Zuwachs an CO2-Emissionen auf. In absoluten Zahlen liegen jedoch Kapitalinvestitionen angetrieben durch den Bausektor vorn.
Es gibt noch weitere wichtige Treiber. Urbanisierung beispielsweise ist ein bedeutenderer Faktor für den Anstieg der Emissionen vom Haushaltsverbrauch als das Bevölkerungswachstum oder die Verkleinerung von Haushalten, so die Studie. Wenn Menschen vom Land in die Stadt ziehen, dann geht das mit einem Lebensstilwandel einher. Städtische Bewohner zum Beispiel wollen Gasheizungen und Elektrizität. Sie sind zudem vermehrt abhängig von öffentlicher Infrastruktur, um zur Arbeit zu gelangen. All dies führt zu einem höheren individuellen CO2-Fußabdruck.
Die Studie stützt sich auf eine sogenannte „strukturelle Dekompositionsanalyse“. Diese erlaubt es, den chinesischen Emissionsanstieg auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, etwa Konsumwachstum, Effizienzsteigerungen oder Strukturwandel. Die Studie zeigt die Herausforderung einer eindeutigen Zuordnung, insbesondere im Falle eines so rapiden Emissionsanstiegs. Die Autoren begegnen dieser Herausforderung, indem sie jeden Faktor als Durchschnitt aller möglichen Werte quantifizieren.
„Der energie- und kohlenstoffintensive Charakter von Großinvestitionen ist vermutlich schwer vermeidbar, da China als aufstrebendes Land seine Infrastruktur weiter ausbaut“, sagt Giovanni Baiocchi, Mitautor der Studie von der Universität East Anglia, Großbritannien. „Der hohe Anteil an CO2-Emissionen aus Großinvestitionen könnte dabei von kurzfristiger Natur sein.“ Es sei wichtig, dass China jetzt in die richtige Infrastruktur investiere, die den Anstieg der CO2-Emissionen und somit die Erderwärmung begrenzt. „Die Art der Infrastruktur, die heute gebaut wird, bestimmt in großem Umfang die Emissionen und Vermeidungskosten der Zukunft“, sagt Baiocchi. Die Studie betont deshalb, dass von Anfang an auf eine CO2-arme Infrastruktur in China und auch in anderen aufstrebenden Volkswirtschaften gesetzt werden sollte. Dies sei eine der zentralen globalen Herausforderungen auf dem Weg zu einer emissionsarmen Weltgesellschaft.
» zurück
|
|
|
|
|
|