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Aktuell

Vor der UN-Biodiversitäts-Konferenz (1)

UN-Biodiversitätskonferenz in Indien

Rettung der biologischen Vielfalt darf nicht am Geld scheitern, umweltschädliche Subventionen müssen abgebaut werden

BUND Pressemitteilung, 7.10.12

Berlin/Hyderabad (Indien): Vor der morgen im indischen Hyderabad beginnenden UN-Biodiversitätskonferenz hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Delegierten aus 192 Teilnehmerstaaten aufgefordert, ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen, um den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt bis 2020 zu stoppen. Vor allem die finanzstarken Länder müssten ihre Hilfen massiv steigern. Umweltschädliche Subventionen müssten abgebaut und die frei werdenden Gelder für den Schutz der Biodiversität eingesetzt werden.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Die ökonomischen Folgen der ökologischen Krise sind viel gravierender als die wirtschaftlichen Folgen der Banken-und Staatenkrise. Je später die biologische Vielfalt geschützt wird, desto dramatischer werden die Konsequenzen sein. Deshalb muss in Hyderabad endlich die überfällige Finanzierung der Rettung von Arten und Lebensräumen besiegelt werden.“ Ohne verbindliche Finanzzusagen wären die von der Weltgemeinschaft vor zwei Jahren in Nagoya beschlossenen Ziele – unter anderem zehn Prozent der Meere bis 2020 unter Schutz zu stellen und den Verlust natürlicher Lebensräume bis dahin zu halbieren – nicht zu erreichen.

Umso dringender sei es, dass die Teilnehmerstaaten in Indien die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen voranbrächten. Weltweit würden mehr als 500 Milliarden US-Dollar jährlich allein an Erdöl-Subventionen ausgegeben. In Deutschland belasteten umweltschädlichen Subventionen vor allem im Energie- und Verkehrssektor den Fiskus insgesamt mit mindestens 48 Milliarden Euro pro Jahr. „Der Schutz der biologischen Vielfalt ist die wichtigste Lebensversicherung für uns Menschen. Durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen können Gelder in diese Lebensversicherung fließen, ohne an anderer Stelle noch weiter Schaden anzurichten“, sagte Hubert Weiger.

Nicola Uhde, BUND-Expertin für Naturschutzpolitik, forderte, in Hyderabad die Rechte von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften beim Schutz der Biodiversität zu stärken. Zudem müsse der Anbau von Rohstoffen für Agrokraftstoffe eingeschränkt werden. Auch dürften in Übereinkommen zum Schutz von Wäldern diese nicht einseitig als Kohlenstoffsenken und der Anbau von Plantagen und Monokulturen nicht als Waldschutz betrachtet werden.

Weitere BUND-Forderungen zur 11. UN-Biodiversitätskonferenz in Hyderabad finden Sie im Internet unter www.bund.net/Hyderabad_COP11.


Ein Schritt vor, zwei zurück?

NABU zieht Bilanz der EU-Naturschutzpolitik

NABU-Online, 2.10.12

Eine Woche vor Beginn des UN-Weltnaturschutzgipfels im indischen Hyderabad (8. bis 19. Oktober) hat der NABU zusammen mit seinen europäischen Partnerverbänden erstmals eine Bilanz der EU-Naturschutzpolitik vorgelegt. Dabei kommt die Studie zu einem ernüchternden Ergebnis.

Obwohl sich die Weltgemeinschaft bei der Vorgängerkonferenz in Nagoya vor zwei Jahren auf eine konkrete Strategie zur Rettung der biologischen Vielfalt geeinigt hatte, ist die EU erst in einem der sechs selbst gesteckten Ziele wesentlich vorangekommen: Einzelnen Arten konnte geholfen und das europaweite Schutzgebietsnetz fast komplettiert werden. Bei fünf der sechs Ziele steht Europa jedoch noch ganz am Anfang seines Weges. Dabei droht vor allem die europäische Agrarpolitik, die ersten zaghaften Erfolge zunichte zu machen. „Die EU-Staaten sind dabei, ihre Vorreiterrolle im weltweiten Naturschutz zu begraben. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, rücken die in Nagoya vereinbarten Ziele in immer weitere Ferne“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Wird das Versprechen von Nagoya gebrochen?

Das Versprechen, die Landwirtschaft bis 2020 naturverträglich zu gestalten und umweltschädliche Subventionen abzubauen, droht die EU bereits jetzt zu brechen. Die Landwirtschaftsminister sind derzeit auf dem besten Wege, die Brüsseler Milliardenzahlungen an den Agrarsektor bis zum Ende des Jahrzehnts zu zementieren.

Die blockierte Agrarreform könnte sich zudem als „offene Flanke“ der EU in Hyderabad und als mögliche Gefahr für den Erfolg der Konferenz erweisen. Für die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas bietet sie Anlass, die vor zwei Jahren in Nagoya vereinbarten Ziele aufzukündigen. „Die Entwicklungsländer werden sich kaum auf weitere Anstrengungen im Naturschutz einlassen, wenn sie sehen, dass wir unsere größten Probleme zuhause selbst nicht in den Griff bekommen“, so Konstantin Kreiser, NABU-Experte für Internationale Naturschutzpolitik.

Europas Glaubwürdigkeit muss erhalten bleiben

Kein gutes Zeichen ist auch, dass Bundesumweltminister Altmaier, im Gegensatz zu vielen seiner internationalen Kollegen, der Konferenz in Indien fern bleiben will. Sein entschiedenes Auftreten ist jetzt besonders wichtig, um die Glaubwürdigkeit der Europäer in Hyderabad zu retten. Die nimmt durch die Blockadehaltung, auch der deutschen Landwirtschaftsministerin, in Brüssel derzeit akut Schaden. „Wenn Frau Aigner weiter selbst die zaghaftesten Vorschläge der EU-Kommission für eine naturverträgliche Landwirtschaft blockiert, trägt sie eine Mitverantwortung für ein mögliches Scheitern der Konferenz in Hyderabad“, so Tschimpke.

Der NABU fordert, dass Agrarsubventionen künftig nur noch an Landwirte ausgezahlt werden, die einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Darüber hinaus muss mehr Geld für den Naturschutz im ländlichen Raum bereitgestellt werden, um die Finanzierung der Natura-2000-Gebiete zu sichern.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick

  • Die Studie zur europäischen Naturschutzpolitik, die der NABU und sein Dachverband BirdLife International erstellt haben, sieht die EU bei fünf von sechs Einzelzielen der europäischen Biodiversitätsstrategie 2010-2020 noch ganz am Anfang des Weges. Lediglich bei der Ausweisung von Schutzgebieten und im direkten Artenschutz (Ziel 1) sei man bereits nennenswert vorangekommen, während z.B. die Land- und Forstwirtschaft (Ziel 3) noch keinen nennenswerten Beitrag leisten – im Gegenteil, sie konterkarieren die in anderen Bereichen erzielten Erfolge.
  • Immerhin gibt es bei vier der sechs Einzelziele erkennbare Bemühungen. So entwickelt die Europäische Kommission Maßnahmen zur Wiederherstellung von Umweltdienstleistungen (Ziel 2) und hat fortschrittliche Reformen der Fischereipolitik (Ziel 4) vorgeschlagen. Außerdem bereitet sie Gesetze gegen das Einschleppen von invasiven Arten vor (Ziel 5). Dagegen ist bisher nicht erkennbar, wie die EU ihren Beitrag zum globalen Naturschutz verstärken will (Ziel 6): In Hyderabad muss die EU hierfür eine Steigerung der Entwicklungshilfen zusagen, vor allem aber auch einen Stopp der Umweltzerstörung, die sie unter anderem durch ihre Biospritpolitik auf anderen Kontinenten verursacht.
  • Die Studie enthält auch eine Bewertung der Anstrengungen, die die einzelnen EU-Staaten bei der Umsetzung des Schutzgebietsnetzwerkes Natura 2000 unternehmen, denn das Management und die ausreichende Finanzierung dieser Gebiete bilden das Kernstück der europäischen Naturschutzpolitik. Deutschland befindet sich beim Management lediglich im Mittelfeld (Spitzenreiter: Frankreich, Schweden, Belgien und Lettland), bei der Finanzierung sogar unter den Schlusslichtern (Spitzenreiter: Rumänien).

Weiterführende Informationen

NABU-Studie: „Auf dem Weg der Besserung? Fortschritte und Hindernisse bei der Umsetzung der EU-2020-Strategie für die biologische Vielfalt – Periode 2010 bis 2012“

Kurzfassung der NABU-Studie: „Auf dem Weg der Besserung? Fortschritte und Hindernisse bei der Umsetzung der EU-2020-Strategie für die biologische Vielfalt – Periode 2010 bis 2012“

NABU-Position zum Weltnaturschutzgipfel in Indien (CBD-COP 11)

Ausführlicher englischsprachiger Fortschrittsbericht von BirdLife Europe mit Einzelbewertungen der Mitgliedsstaaten und Fallbeispielen: “On the road to recovery?”




Weltmeere „schutzlos ausgeliefert“

UN-Konferenz zum Erhalt der Biologischen Vielfalt: Finanzierung steht auf wackeligen Beinen.
WWF: Zehn Prozent der Weltmeere sollen Schutzstatus erhalten.


WWF Pressemitteilung, 7.10.12

Am Montag startet im indischen Hyderabad die elfte UN-Vertragsstaatenkonferenz zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD). Neben effektiven Finanzierungsmodellen und einem Lastenausgleich zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern wird es auch um den Schutz der Weltmeere gehen. Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert, dass derzeit noch vollkommen unklar sei, wie die in den kommenden zehn Jahren dringend benötigten 500 Milliarden Euro zum Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt von der Staatengemeinschaft aufgebracht werden sollten. Die Finanzierung stehe auf „wackelgien Beinen“, so der WWF. Die Lösung der chronischen Unterfinanzierung des globalen Biodiversitätsschutzes sei die entscheidende Hürde, die es in Hyderabad zu überspringen gelte. Auch bei der Ausweisung von marinen Schutzgebieten sei die internationale Staatengemeinschaft im Verzug.

Vor zwei Jahren verständigten sich die CBD-Vertragsstaaten darauf, bis 2020 mindestens zehn Prozent der Weltmeere unter Schutz zu stellen. Doch bis heute ist nach WWF-Angaben von diesem Beschluss kaum etwas umgesetzt. Derzeit umfassten die ausgewiesenen Meeresschutzgebiete lediglich 1,6 Prozent der globalen Ozeane. „Die sieben Weltmeere, vor allem die Hohe See, sind den Interessen von Fischerei, Rohstoffförderung und Tourismus noch immer weitgehend schutzlos ausgeliefert“, warnt Tim Packeiser, WWF-Referent für Marine Ökoregionen.




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