|
|
Aktuell
Welternährungstag
Lebensmittel gehören nicht in den Tank
Von Martin Hofstetter, Greenpeace-Online, 12.10.12
In wenigen Tagen wird der sogenannte Welternährungstag gefeiert. Das Fazit der Welternährungsorganisation zu diesem Gedenktag ist traurig: über 850 Millionen Menschen weltweit sind unterernährt, rund 15 Prozent der Menschheit hungert. Gleichzeitig sagt die Niederländische Rabobank voraus, dass viele Agrarprodukte im kommenden Jahr noch deutlicher teurer werden und ein Allzeithoch erreicht wird.
Für Hunger und Unterernährung gibt es viele Ursachen. Ein wichtiger Grund ist, dass Menschen sich ihre Nahrung nicht mehr finanziell leisten können. Daran haben Agrarkraftstoffe einen wichtigen Anteil. In immer größerem Umfang wird Agrosprit aus Lebensmittelpflanzen hergestellt. Dadurch steigt die weltweite Nachfrage und damit die Preise.
Allein in Deutschland flossen im vergangenen Jahr drei Millionen Tonnen Getreide - verarbeitet zu Ethanol - in die Autotanks. Mit drei Millionen Tonnen Getreide könnten gut und gerne zehn Millionen Menschen ernährt werden. Der Flächenverbrauch für den Anbau von Agrospritpflanzen ist gewaltig. Umgerechnet kann mit dem Getreide für zwei Tankfüllungen reinen Agrosprits einen Menschen ein Jahr lang ernähren. Oder anders gesagt: Mit dem Getreide von einem Hektar Land werden genug Kalorien erzeugt um 33 Menschen ein Jahr vegetarisch zu ernähren oder zwei Autos mit durchschnittlichem Spritverbrauch ein Jahr lang zu fahren.
Fleischproduktion und Agrosprit sind Ursachen für knappe Lebensmittel und Umweltzerstörung.
Biosprit schon heute im Tank
In Deutschland wird derzeit heftig über den Einsatz von E10 debattiert. Dabei ist E10 nur die Spitze des Eisberges. Die meisten Verbraucher wissen nicht, dass sie bereits heute an der Tankstelle Biosprit tanken. In Superbenzin sind rund fünf Prozent Ethanol beigemischt, das überwiegend aus Getreide hergestellt wurde. Im Diesel sind sogar sieben Prozent Biodiesel aus Ölpflanzen wie Soja, Raps oder Palmölpflanze enthalten.
Für all diese Pflanzen werden wertvolle Ackerflächen benötigt. Schuld an der Beimischung ist das Biokraftstoffquotengesetz. Das verpflichtet die Mineralölindustrie, bestimmte Mengen an Biosprit zu verkaufen. Andernfalls müssen die Mineralölkonzerne Strafen zahlen.
Dabei sind die Klimaeffekte von Biosprit mehr als fraglich. Nur Biosprit aus Abfallstoffen hat eine wirklich gute Umwelt- und Klimabilanz und ist eine gute Alternative.
Unterstützten sie uns
Schreiben sie Umweltminister Altmaier eine E-Mail (leitungsregistratur@bmu.bund.de) und fordern Sie ihn auf:
- E10 zu stoppen und die Herstellung von Ethanol aus Getreide zu verbieten.
- Das deutsche Biokraftstoffquotengesetz auszusetzen.
- Sich innerhalb der EU dafür einzusetzten, dass nur noch Abfälle zur Herstellung von Biokraftstoff eingesetzt werden.
Die EU wird in wenigen Tagen Reformvorschläge zur europäischen Biokraftstoffpolitik vorschlagen. Schon jetzt machen Agrar- und Industrieverbände Stimmung gegen die notwendigen Reformen, da sie mit Biosprit viel Geld verdienen. Um so wichtiger ist es, dass Sie der Politik klar ihre Meinung sagen.
Welternährungstag: Landnahmen in Äthiopien lassen Indigene hungern
Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 15.10.12
Brutale Landnahmen in Äthiopiens Unteren Omo-Tal führen zu der Vertreibung der indigenen Bevölkerung. Tausende müssen hungern und “warten auf den Tod”, weil ihnen der Nahrungsanbau unmöglich gemacht wird. Während am Dienstag der Welternährungstag begangen wird, um auf die Probleme des Hungers und der Armut aufmerksam zu machen, gefährdet Äthiopien die Nahrungssicherheit und den Lebensunterhalt von rund 200.000 indigenen Selbstversorgern.
Völker wie die Suri, Mursi, Bodi und Kwegu werden von Sicherheitskräften brutal von ihren Dörfern ausgewiesen, um auf ihrem Anbau- und Weideland Platz für großflächige Baumwoll-, Palmöl- und Zuckerrohrplantagen zu schaffen. Gemeinschaften wird angeordnet, ihre Häuser zu verlassen und in vorgesehene Umsiedlungslager zu ziehen, ihr Vieh konfisziert und ihre Nahrungsvorräte zerstört.
Ein Mursi-Mann berichtete gegenüber Survival International, wie dieser Vorgang von dörflicher Ansiedlung (“villagization”) seine Familie zerstört. “Die Regierung wirft unsere Hirse in den Fluss. Sie hat die Ernte geräumt und in den Fluss getan. Ich habe nur noch ein paar Säcke übrig
Wir warten darauf, zu sterben. Wir weinen. Wenn die Regierung die Menschen in ein Dorf zusammensammelt, wird es keinen Platz für die Ernte geben, und meine Kinder werden hungern und nichts zu essen haben.”
Ein Suri-Mann sagte: “Sie haben das Land geräumt. Warum hat die Regierung unser Land verkauft? Es gibt kein Gras für das Vieh. Die Menschen sind hungrig
Wir machen uns Sorgen um das Futter. Wir sind wütend und hoffnungslos geworden.”
Ein wichtiger Bestandteil des Plantagenprogramms ist Äthiopiens Gibe III-Damm. Wenn er fertiggestellt ist, wird der Damm die jährlichen Überflutungen des Omo-Flusses aufhalten und so die indigenen Völker davon abhalten, das fruchtbare Flussufer für wertvollen Anbau und zum Weiden ihres Viehs zu nutzen. Äthiopien hat keine der betroffenen indigenen Gemeinschaften zu dem Bau des Gibe III-Damms oder den aggressiven Plänen für die Plantagen im Unteren Omo-Tal, UNESCO Weltkulturerbe, konsultiert.
Survivals Direktor Stephen Corry sagte heute: “Am Welternährungstag muss die Öffentlichkeit davon erfahren, dass Äthiopien sich dazu entschieden hat, die indigenen Völker des Unteren Omo-Tals ihrem selbstständigen Leben zu entreissen. Diese Völker nutzen ihr Land seit Generationen für den Feldbau, als Weideland und um ihre Familien zu ernähren. Dieses Grundrecht wurde ihnen jetzt in brutaler Weise genommen und hat sie hungrig und in Angst zurückgelassen.”
» zurück
|
|
|
|
|
|