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Aktuell
Klima in 100 Jahren
Ungebremster Klimawandel: Wie die Welt in 100 Jahren aussehen könnte
Von Ulrich Weih, t-online, 29.11.13
http://www.t-online.de/nachrichten/wissen/id_66730034/klimawandel-wie-saehe-die-welt-in-100-jahren-aus-wenn-beim-klimaschutz-nichts-passiert-.html
Klima: Arktisschmelze könnte Extremwetter in Europa verstärken
(dpa) - 8. Dezember, 2013
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klima-arktisschmelze-koennte-extremwetter-in-europa-verstaerken-a-937859.html
Klimaschutz im Koma wie Union und SPD die deutsche Klimapolitik auf Eis legen
Von Stefan Krug, Greenpeace-Blog, 3.12.13
Still und leise ist der Klimaschutz unter die Räder der Großen Koalition gekommen. Mindestlohn und Pkw-Maut beherrschten die Schlagzeilen; das Thema Klimaschutz kam öffentlich nicht vor. Doch der Eindruck täuscht: Der Koalitionsvertrag trifft weitreichende Entscheidungen in der Klimapolitik und zwar nicht für, sondern gegen mehr Klimaschutz. Er versetzt die deutsche Klimapolitik in ein künstliches Koma Mehr noch: Er leitet eine Rolle rückwärts beim Klimaschutz ein.
Schon die Zusammensetzung der SPD-Verhandler in der „Koalitions-Arbeitsgruppe Energie“ war eine klare Ansage: Nordrhein-Westfalens Landesmutter Hannelore Kraft gab als Verhandlungsleiterin den Ton vor, unterstützt vom Brandenburger Dietmar Woidke, ebenfalls Ministerpräsident eines Kohle-Landes. Mit Bundesumweltminister Peter Altmaier, der für die Union den Hut auf hatte, setzten die SPD-Hardliner nahezu lückenlos die Forderungen derjenigen Unternehmen durch, deren Geschäftsmodell lautet: Je weniger Klimaschutzauflagen und je mehr Ausnahmen für uns, desto besser. Kohlelastige Energieversorger wie RWE und Vattenfall, Stahlriesen wie Thyssen Krupp, Aluminumhütten und Zementwerke, Chemiekonzerne wie Bayer und BASF der Vertrag liest sich, als hätten diese Unternehmen den Verhandlern von Union und SPD die Feder bzw. das Tablet geführt. Wohl in keinem anderen Politikfeld hat die Sozialdemokratie ihr Wahlprogramm so kläglich, so vollständig verraten wie beim Thema Klimaschutz.
Was hatte die SPD in ihrem Regierungsprogramm dazu nicht alles versprochen! Beispiel Klimaschutzgesetz: Seit Jahren kann sich die Bundesregierung nicht dazu durchringen, ihre bisher nur freiwilligen Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen gesetzlich festzuschreiben.
- Um die Klimaschutzziele zu erreichen, werden wir ein verbindliches nationales Klimaschutzgesetz mit Zwischenschritten (40 Prozent Senkung bis 2020, 60 Prozent bis 2030 und mindestens 80 Prozent bis 2040) erarbeiten. Dieses Gesetz wird Ziele für alle klimarelevanten Sektoren, wie Industrie, Verkehr sowie Land- und Forstwirtschaft, beinhalten,
versprach die SPD ihren Wählern. Vergiss es. Aus dem Gesetz wurde ein freiwilliger „Klimaplan“ der aber soll nicht etwa rasch entworfen und umgesetzt werden, sondern erst nach Entscheidungen auf EU-Ebene und nach der UN-Klimakonferenz Ende 2015 aufgesetzt werden, ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. Bis dahin wird es auch keine Zwischenziele für 2030 und 2040 mehr geben, die das SPD-Programm noch so kernig bezifferte. Das Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung von 2010 hatte noch solche Zwischenziele, doch selbst das geht der Großen Koalition nun zu weit. Adieu Klimavorreiter, willkommen im Klima-Koma: Was Deutschland künftig klimapolitisch unternimmt, soll von anderen Ländern abhängen.
1:0 für Kohle, Stahl, Zement & Co.
Beispiel europäische Klimaziele:
- In der EU setzen wir uns für eine Reaktivierung des Emissionshandels und eine unkonditionierte Zusage zur Verminderung der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30 Prozent ein,
verkündete das SPD-Regierungsprogramm. Auch das Wahlprogramm der Union war eindeutig:
- Wir wollen erreichen, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in Europa bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 vermindert wird.
Doch von diesem Ziel ist im Koalitionsvertrag nichts mehr zu finden. Minister Altmaier hatte immer wieder ein 30-Prozent-Ziel für die EU eingefordert. Er konnte das aber nicht als Regierungsposition festzurren, da sein klimapolitisch eher autistisch veranlagter Kabinettskollege Rösler höhere Klimaziele ebenso stur ablehnte wie selbst kleinste Korrekturen am EU-Emissionshandel. Dabei ist das immer schon zu schwache Klimaziel der EU für 2020 von minus 20 Prozent faktisch längst erreicht und sieben Jahre Nichtstun beim europäischen Klimaschutz können keine Option sein. Sollte man meinen.
Irrtum, sie können: Genau dafür hat sich die Große Koalition entschieden. Kein Wort mehr zu 2020, dafür heißt es jetzt „mindestens 40 Prozent bis 2030“. Das ist nicht nur lächerlich wenig, es wird dadurch gerade nicht das Dilemma des unzureichenden Nahziels für 2020 gelöst.
2:0 für Kohle, Stahl, Zement & Co.
Warum aber streichen Union und SPD sogar Klimaziele, die sie beide in ihren Wahlprogrammen gefordert hatten? Die Antwort darauf gibt ein kleiner Absatz auf Seite 50 des Koalitionsvertrages, wo es um den europäischen Emissionshandel geht. Das zentrale Instrument der europäischen Klimapolitik, das rund die Hälfte der europäischen Emissionen umfasst, eine stetig sinkende Obergrenze für diese festlegt und einen Handel mit Emissionsrechten ermöglicht, ist im Detail so kompliziert, dass es vor zu viel öffentlicher Aufmerksamkeit sicher ist. Den Absatz auf Seite 50 mit seinem Fachchinesisch dürften deshalb auch die meisten Leser des Koalitionsvertrages überblättern:
- Korrekturen (am Emissionshandel Anm.) sollten grundsätzlich nur erfolgen, wenn die Ziele zur Minderung der Treibhausgase nicht erreicht werden. Bei der von der EU-Kommission geplanten Herausnahme von 900 Millionen Zertifikaten aus dem Handel (backloading) muss sichergestellt werden, dass es sich um einen einmaligen Eingriff in das System handelt, die Zertifikate nicht dauerhaft dem Markt entzogen werden und nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Branchen und industrielle Arbeitsplätze ausgeschlossen werden.
Diese zwei harmlos klingenden Sätze sind nicht weniger als die definitive Absage der künftigen Bundesregierung an eine Reform der europäischen Klimapolitik. Sie besiegeln die Bedeutungslosigkeit des europäischen Emissionshandels über 2020 hinaus und das Ende der deutschen Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Wenn Europa dieser Position seines größten Industrielandes folgt, ist der Emissionshandel faktisch tot.
Liest man diese beiden Sätze, wird klar, warum es die Wahl-Forderung von Union und SPD nach einem höheren EU-Klimaziel nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hat: ein höheres Klimaziel hätte zwangsläufig Korrekturen am Emissionshandel erforderlich gemacht. Der gewaltige Überschuss an Emissionszertifikaten, der den CO2-Preis statt der anvisierten 30 Euro auf unter vier Euro pro Tonne CO2 abstürzen ließ, müsste nicht nur kurzzeitig, sondern dauerhaft vom Markt genommen werden, um ein 30-Prozent-Ziel bis 2020 erreichen zu können, wie eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace und WWF schon 2012 belegte.
Solche Korrekturen des maroden Handelssystems wollen Kohle, Stahl, Zement & Co aber um jeden Preis vermeiden: Je niedriger der CO2-Preis, umso besser für sie. Die Krise des Emissionshandels spült diesen Unternehmen Milliarden in die Kassen, denn sie macht Kohlekraftwerke rentabel und erlaubt es, sich haufenweise mit billigen Zertifikaten für härtere Zeiten einzudecken, von den üppigen Ausnahmen und Ausgleichszahlungen für die Unternehmen ganz zu schweigen. Schwache Ziele, die auf jeden Fall erreicht werden, schützen also vor Korrekturen. Deshalb muss das Klimaziel für 2020 so schwach bleiben, wie es ist Wahlversprechen hin oder her.
Um ganz sicher zu gehen, setzten die industrielastigen Verhandler den zweiten Satz dieses Absatzes durch, der sicher stellt, dass selbst die einzige Minimal-Reparatur des Emissionshandels, zu der sich die EU bisher durchringen konnte („backloading“) auf keinen Fall dauerhaft Zertifikate vom Markt nimmt und ein „einmaliger Eingriff“ ohne Nachteile für die Industrie bleibt. „Jeder weiß, dass backloading nur Pille Palle ist“, sagte mir ein Mitglied der Unions-Delegation am Rande der Verhandlungen. Dasselbe war von denjenigen in der SPD zu hören, die für ambitionierten Klimaschutz eintreten. Sie alle haben eines gemeinsam: Nahezu keinen politischen Einfluss.
In den Texten der Arbeitsgruppe Umwelt, die auch über Klimaschutz verhandelte, war lange eine Formulierung zu lesen: „SPD: Strukturelle Reform des Emissionshandels. SPD: Einführung eines Klimaschutzgesetzes. CDU/CSU: Ablehnung der Forderungen.“ Am Ende war die Ablehnung der CDU/CSU gar nicht mehr nötig, das besorgte die SPD ganz alleine.
3:0 für Kohle, Stahl, Zement & Co. und
. Schlusspfiff.
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