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Aktuell
Regenwald und Klimawandel
Schwankungen der globalen Kohlenstoffbilanz verstärken sich
Der Kohlenstoffhaushalt des tropischen Regenwaldes reagiert immer empfindlicher auf kurzfristige Temperaturveränderungen
Max-Planck-Institut für Biogeochemie Pressemitteilung, 18.2.14
Eine Vermutung, die Klimaforscher schon länger hegen, bestätigt sich jetzt. Ein internationales Team, an dem auch Martin Heimann, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena beteiligt war, belegt anhand von Messdaten erstmals, dass sich die Rückkopplung zwischen Temperaturveränderungen in den Tropen und dem globalen Kohlenstoffbudget mit dem Klimawandel verstärkt. Die Forscher haben natürliche Schwankungen analysiert, denen die von tropischen Regenwäldern aufgenommenen und abgegebenen Kohlendioxidmengen von Jahr zu Jahr unterliegen. Demnach reagiert der tropische Kohlendioxidhaushalt immer empfindlicher auf Temperaturveränderungen; Klimaforscher sprechen davon, dass der Kohlenstoffkreislauf sensitiver wird.
Der Klimawandel hat die Welt allen Anzeichen nach bereits fest im Griff. Wie schlimm er die Erde treffen wird, ist aber immer noch nicht ganz klar. So weisen die Ergebnisse der Modellsimulationen, mit denen Klimaforscher die Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten prognostizieren, Bandbreiten von ein paar Grad Celsius auf. Bereits mehr als zwei Grad gelten für viele Menschen und Ökosysteme jedoch als bedrohlich.
Die Unsicherheit entsteht, weil Klimamodelle zahlreiche Prozesse und Zusammenhänge im Klimasystem noch nicht genau abbilden. Fraglich ist etwa, wie sich Rückkopplungen zwischen Klima und Kohlenstoffkreislauf auswirken werden: Wissenschaftler vermuten, dass die Erwärmung zusätzliches Treibhausgas, etwa aus Permafrostböden oder Regenwäldern, freisetzen wird, sodass die Temperatur der Erde weiter zulegt. Andere Prozesse könnten die Menge des Kohlendioxids in der Luft dagegen reduzieren, wodurch sich die Erderwärmung abschwächen würde. Viel spricht jedoch dafür, dass die Prozesse, die der Erde durch Rückkopplungen weiter einheizen, die Oberhand gewinnen werden. Um genauere Prognosen abgeben zu können, wollen Klimaforscher die Rückkopplungen besser verstehen. Dabei ist eine Kollaboration um chinesische Wissenschaftler nun einen Schritt weitergekommen.
Auf trockenen Böden bauen Pflanzen weniger Biomasse auf
„Wir haben anhand von Messdaten jetzt erstmals nachgewiesen, dass sich die Sensitivität des tropischen Kohlenstoffhaushalts für Temperaturveränderungen bei einer Erwärmung erhöht“, sagt Martin Heimann. „Unserer Analyse zufolge reagieren die Schwankungen, denen die Kohlenstoffbilanz von Jahr zu Jahr unterliegt, heute doppelt so empfindlich auf Unterschiede in der mittleren Jahrestemperatur wie vor 50 Jahren.“
Generell nehmen die tropischen Regenwälder mehr Kohlendioxid auf, als sie abgeben. In wärmeren Jahren binden sie aber weniger Treibhausgas als in kühleren. Daher schwankt die Kohlenstoffbilanz der Tropen innerhalb weniger Jahre, weil es dort etwa wegen des El-Nino-Phänomens in manchen Jahren heißer ist als in anderen. Weil die Erde sich aber in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt erwärmt hat und die Sensitivität des tropischen Kohlenstoffhaushalts gestiegen ist, blieben in den vergangenen 20 Jahren bei einer kurzfristigen Erwärmung um ein Grad Celsius zwei Milliarden Tonnen mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre als in der Zeit von 1961 bis 1980. Das ist mehr als doppelt so viel Treibhausgas, wie in Deutschland jährlich in die Luft geblasen wird. In kühleren Jahren nehmen die Regenwälder die gleiche Menge zwar auch wieder auf, die höhere Sensitivität der kurzfristigen Schwankungen könnte aber auch für langfristige Veränderungen im Klimasystem sprechen: „Die tropischen Ökosysteme sind insgesamt offensichtlich empfindlicher für Klimaschwankungen geworden“, sagt Martin Heimann. „Man kann spekulieren, dass dies auch die längerfristige Entwicklung beeinflussen wird.“
Als Grund für das heftigere Auf und Ab in der tropischen Kohlenstoffbilanz hat die Gruppe unter Leitung chinesischer Forscher Veränderungen in der Fotosyntheserate der Pflanzen ausgemacht. „Die Temperaturveränderungen von wenigen Zehntel Grad Celsius an sich beeinflussen die Fotosynthese bei tropischen Temperaturen jedoch kaum“, erklärt Heimann. Die Temperatur dient allerdings als zuverlässiger Indikator für die Feuchtigkeit des Bodens. Zwar können bei steigender Temperatur die Niederschläge in den Tropen zunehmen, aber es verdunstet auch mehr Wasser aus dem Boden. Und offenbar überwiegt dieser Effekt.
Vom globalen Kohlenstoffbudget zum Kohlenstoffhaushalt der Tropen
„Auf Änderungen der Bodenfeuchtigkeit reagieren die tropischen Regenwälder sehr empfindlich“, sagt Martin Heimann. Denn bei größerer Trockenheit fahren Pflanzen ihre Fotosynthese zurück und bauen weniger Biomasse auf. Ihre Atmung und die Abbauprozesse im Boden werden durch eine Abnahme der Bodenfeuchtigkeit dagegen weniger beeinträchtigt. Zudem kommt es während zunehmender Dürreperioden häufiger zu Bränden, bei denen die Wälder als Treibhausgas verschwinden. Alles in allem entweicht in den Tropen so mehr Kohlendioxid, wenn aus den Böden mit steigender Temperatur mehr Wasser verdunstet.
Nachzuweisen, dass sich die Kohlenstoffbilanz der Tropen von Jahr zu Jahr mit steigender Temperatur immer stärker verändert und die Menge des umgesetzten Kohlendioxids mithin überproportional steigt, ist schwierig: „Für die letzten 50 Jahre verfügen wir nur über Daten zum globalen Kohlenstoffbudget“, erklärt Martin Heimann. Diese stammen von Messungen auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii, wo der Kohlendioxidgehalt der Luft nicht von lokalen menschlichen Aktivitäten oder von Vegetation beeinflusst wird. Die dortigen Messwerte geben also sehr gut den durchschnittlichen Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre wieder. Gleiches gilt für Daten, die vom Südpol stammen. Beide Datensätze zeigen, dass der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in den vergangenen 50 Jahren deutlich gestiegen ist. Sie zeigen aber auch, dass der Kohlendioxidgehalt nicht kontinuierlich zunimmt, sondern die Rate von Jahr zu Jahr schwankt.
Um vom globalen Kohlenstoffbudget auf Veränderungen im Kohlenstoffhaushalt der Tropen zu schließen, bedarf es ausgeklügelter Mathematik. „Wir haben anhand aufwendiger mathematischer Analysen einen klaren Zusammenhang zwischen den Temperaturschwankungen in den Tropen und der Variabilität des globalen Kohlenstoffbudgets von Jahr zu Jahr nachgewiesen“, sagt Martin Heimann. Im Prinzip testen die Forscher dabei, welche möglichen Einflussfaktoren über die Jahre hinweg einer ähnlichen Zickzack-Bewegung folgen wie die Kohlendioxiddaten. So erkannten sie, dass nur die Temperatur in den Tropen das Auf und Ab mitmacht.
Mit genaueren Daten könnten Klimamodelle Rückkopplungen besser erfassen
Die Erkenntnisse der Kollaboration zur Rückkopplung zwischen den kurzfristigen Schwankungen im globalen Kohlenstoffbudget und den tropischen Temperaturveränderungen werden zu einer Hausaufgabe für die Forscher, die das Klima mit Modellrechnungen simulieren. Denn derzeit gibt kaum ein Modell diesen Zusammenhang wieder. „Es ist also fraglich, ob die Modelle andere Rückkopplungen zwischen Klimawandel und Kohlenstoffhaushalt richtig erfassen“, sagt Martin Heimann. Seine Kollegen müssen ihre Modelle also so erweitern, dass diese Rückkopplungen berücksichtigen; die jetzt beobachteten Änderungen der Sensitivität der tropischen Kohlenstoffbilanz könnten da zum Testfall werden. Martin Heimann weist allerdings daraufhin, dass die Modelle vor allem langfristige Entwicklungen korrekt berechnen sollen. Und genau zu diesen gehörten viele der Rückkopplungen, die bei der Entwicklung des Klimas in den kommenden Jahrzehnten entscheidend mitmischen dürften.
Auch für die Wissenschaftler, die sich auf das Sammeln und die Analyse von Daten verlegt haben, bleibt viel zu tun. Sie könnten den Modellierern mit genaueren Daten helfen, wie Pflanzen und ganze Ökosysteme auf den Klimawandel reagieren. „Wir brauchen Langzeitexperimente, um den Zusammenhang zwischen dem Kohlenstoffhaushalt von Pflanzen und Klimaänderungen besser zu verstehen“, sagt Martin Heimann. Gefragt sind auch Messungen, wie viel Kohlendioxid tropische Wälder und andere Ökosysteme im Mittel abgeben oder aufnehmen. Daran arbeiten Martin Heimann und weitere Max-Planck-Wissenschaftler. Heimann koordiniert das ZOTTO-Projekt, bei dem die Forscher mit einem gut 300 Meter hohen Turm in der sibirischen Taiga den Kohlenstoffhaushalt borealer Wälder beobachten. Mit ATTO wollen Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie einen weiteren Turm im brasilianischen Amazonasgebiet errichten, um zu messen, wieviel Kohlendioxid der tropische Regenwald speichert oder abgibt.
Solche Messungen tragen wie die aktuellen Ergebnisse dazu bei, dass wir ein genaueres Bild von dem Klimawandel erhalten, den uns die nächsten Jahrzehnte bringen werden. Wie wir mit den Erkenntnissen umgehen, kann allerdings das beste Klimamodell nicht beeinflussen.
Deutsch-französischer Gipfel: Klimatandem überzeugt noch nicht
Merkel und Hollande fehlt der Mut, für stärkere EU-Klimaziele die Initiative zu übernehmen
Germanwatch Pressemitteilung, 19.2.14
Bonn/Berlin. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt, dass sich Frankreich und Deutschland ab sofort gemeinsam für Erneuerbare Energien und Klimaschutz in Europa einsetzen wollen. „Dieser Ministerrat beendet die deutsch-französische Sprachlosigkeit in Bezug auf Klimaschutz und Energiewende", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Mit Blick auf den UN-Klimagipfel 2015 in Paris und die schwierigen Verhandlungen um EU-Klima- und Energieziele für 2030 wäre ein deutsch-französisches Klimatandem genau das, was wir brauchen.“
Mit Enttäuschung reagiert Bals jedoch darauf, dass beide Regierungen EU-intern nur mindestens 40 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 anstreben wollen: „Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Hollande hatten nicht den Mut, eine starke deutsch-französische Position für mehr als 40 Prozent CO2-Reduktion festzulegen. Auch mindestens 27 Prozent Anteil Erneuerbarer Energien in der EU bis 2030 sind das Gegenteil von ambitioniert. Ambitionierte EU-Ziele für Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis 2030 sind das Gebot der Stunde. Sie sind essentiell, um die deutsche Energiewende und die UN-Klimaverhandlungen 2015 in Paris zum Erfolg zu führen.“
Die Europäische Kommission hatte Ende Januar vorgeschlagen, dass die EU ihre heimischen Emissionen bis 2030 nur um 40 Prozent senken sollte. National verpflichtende Ziele für den Ausbau von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz fehlen im Weißbuch der Kommission. Das Europaparlament fordert dagegen drei national verpflichtende Ziele.
Christoph Bals weiter: „Vom französisch-deutschen Tandem erwarten wir Initiativen, die es Bremserstaaten in der EU wie Polen ermöglichen, einem ambitionierten 2030-Gesamtpaket die Zustimmung zu geben. Wir erwarten Initiativen, die es ermöglichen, in Europa Investitionen für die Energiewende mit dem Kampf gegen die Wirtschaftskrise in Südeuropa zu kombinieren.“
Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund
Kommunen aktiv für den Klimaschutz: Energieeinsparung ins Zentrum rücken
7. Klimaschutzkonferenz von DStGB und BMUB in Bonn
BMUB/DStGB Pressemitteilung, 18.2.14
Das Klimaschutzziel der Bundesregierung ist nur in Zusammenarbeit mit den
Städten und Gemeinden zu erreichen. „Mit den bisherigen Maßnahmen
werden wir das 40-Prozent-Ziel verfehlen und bis zum Jahr 2020 nur zu
einer Verminderung der Treibhausgas-Emissionen von 33 bis 35 Prozent
kommen. Das von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks angekündigte
Sofortprogramm zur Erreichung der 40-Prozent-Reduzierung hat nur Erfolg,
wenn die Kommunen und ihre Bürgerschaft vermehrt unterstützt werden.
Hierzu gehört insbesondere eine stärkere Energieeinsparung“, erklärte
der Erste Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes,
Bürgermeister Roland Schäfer, Bergkamen, bei der Konferenz „Kommunen
aktiv für den Klimaschutz“ von DStGB und Bundesumweltministerium vor
rund 200 Teilnehmern in Bonn.
„Aktiver Klimaschutz ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung und
eine große Chance für unser Land. Dafür setzen wir auch auf die
Kommunen, denn sie agieren als Planer, Unterstützer, Vorbild und Treiber.
Klimaschutz und eine nachhaltige Energieversorgung werden in Städten und
Gemeinden, im direkten Lebensumfeld der Menschen, unmittelbar erlebbar“,
betonte Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumwelt- und
-bauministerium.
Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger nehmen den Klimaschutz und die
Energiewende zunehmend selbst in die Hand. Bereits heute gibt es in
Deutschland ca. 900 Bürgerenergiegenossenschaften, die mit rund 150 000
Mitgliedern über eine Milliarde Euro in Projekte der Solar-, Wind- und
Biomasseenergie investieren. „ In immer mehr Kommunen ist der
Klimaschutz zur Chefsache geworden“, sagte Schäfer. Neben der
Ansiedlung der erneuerbaren Energien seien die energetische Sanierung von
Schulen, Kindergärten und Verwaltungen sowie auch die klima- und
umweltfreundliche Beschaffung von Waren, etwa in Form von
CO2-emissionsarmen Fahrzeugen, Beispiele kommunaler Aktivitäten.
Der DStGB hofft, dass die Zusammenführung von Umwelt und Bauen in einem
Ministerium für den Klimaschutz positive Synergien auslöst. „Es kann
nur gut sein, wenn die Stadtentwicklung verstärkt durch die Brille der
Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes praktiziert wird. Dabei muss der
Fokus in der Zukunft noch stärker auf die Möglichkeiten zur
Energieeinsparung gelegt werden. Hier kann insbesondere durch
fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik bis zu 80 Prozent des
Energiebedarfs eingespart werden. Dieses Potential muss sowohl im privaten
Bereich als auch bei den ca. 300.000 Gebäuden der kommunalen und sozialen
Infrastruktur erschlossen werden“, so Schäfer.
Schäfer forderte in diesem Zusammenhang, speziell die Förderung der
energetischen Gebäudesanierung durch den Bund aufzustocken. „Hier
bleibt unsere kommunale Forderung bestehen, das
KfW-Gebäudesanierungsprogramm von gegenwärtig 1,8 Milliarden Euro
deutlich auf fünf Milliarden Euro zu erhöhen“, so Schäfer.
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