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Aktuell
Klima und Energie
Deutschland verkohlt Europa
WWF-Rangliste: Vier der fünf dreckigsten Kohlekraftwerke Europas stehen in Deutschland
WWF Pressemitteilung, 22.7.14
Die deutschen Kohlekraftwerke sind die klimaschädlichsten in Europa. Das ist das Ergebnis einer neuen Untersuchung zu den 30 CO2-intensivsten europäischen Kraftwerken des Jahres 2013. Unter den Top Dreißig befinden sich gleich neun deutsche Kohlekraftwerke, unter den Top Five vier deutsche Braunkohlekraftwerke: Auf Rang 2 und 3 die Kraftwerke Neurath und Niederaußem von Energiekonzern RWE, auf Platz vier und fünf Jänschwalde und Boxberg, beide betrieben von Vattenfall. Negativ-Spitzenreiter in Europa ist das Belchatow Kraftwerk in Polen. In der Masse schneiden auch Großbritanniens Kraftwerke schlecht ab unter den Top 30 befinden sich neun britische, die mit veralteter Technik aus den 1960er und 1970er Jahren betrieben werden.
Die Kraftwerke mit ihren hohen Kohlenstoffdioxid-Emissionen torpedieren Europas Klimaschutzarbeit zeigt der Report „Europes Dirty Thirty“, der heute von WWF, CAN Europe, European Environmental Office, Health and Evironment Alliance (HEAL) und Klimaallianz veröffentlicht wurde. Wenn Europa seine Klimaschutzziele einhalten wolle, müsse es seinen Kohlestromanteil bis 2035 auf vier Prozent absenken, rechnet die Internationalen Energieagentur (IEA) vor. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 betrug der Kohlestromanteil noch 26 Prozent. Kohleverstromung erzeugt etwa doppelt soviel CO2 Emissionen wie aus Erdgas gewonnener Strom, Braunkohle gilt als besonders klimaschädlich.
Deutschland verbraucht für seine Stromerzeugung mehr Kohle als jedes andere EU-Land hinter Polen und Großbritannien auf Platz 2 und 3, wovon ein wesentlicher Teil exportiert wird. Im vergangenen Jahr sind die Braunkohleemissionen auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gestiegen, die lange rückläufigen CO2-Emissionen wuchsen um 1,5 Prozent gegenüber 2012. Nur der stetige Ausbau der erneuerbaren Energien konnte einen weiteren Anstieg abbremsen.
Schuld an der steigenden Kohleverstromung ist neben einer wachsenden Schere von Kohle- und gestiegenen Erdgaspreisen der weiterhin unwirksame CO2-Zertifikatepreis. Damit drückt der Markt Braunkohlekraftwerke in Richtung Vollauslastung und verdrängt weniger emissionsintensive Erdgaskraftwerke. Das lässt sogar die Erweiterung von Tagebauen rentabel erscheinen und droht, langfristig die Weichen in die falsche Richtung zu stellen.
Macht Deutschland weiter wie bisher, riskiert es seine Emissionsminderungsziele für 2020 zu verfehlen. Der WWF fordert daher zusätzliche Instrumente um ein schnellstmögliches Auslaufen der besonders klima- und gesundheitsschädlichen Braunkohle zu gewährleisten. Es dürften keine neuen Kohlekraftwerke gebaut und Tagebaue erschlossen oder erweitert werden. Neben ihrer Klimaschädlichkeit habe die Kohleverbrennung auch große Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen, die jedes Jahr enorme Kosten für Wirtschaft und Gesundheit verursachten.
„Die Klimaschutzpolitik von Deutschland und Großbritannien hat einen bitteren Beigeschmack. Die hohen Braunkohleemissionen höhlen den Erfolg der Klimaschutzarbeit aus. Wir müssen dringend mit wirksamen Maßnahmen wie der raschen strukturellen Reform des europäischen Emissionshandels gegensteuern. Die klimaschädliche Kohleverstromung muss schrumpfen und darf nicht an Bedeutung gewinnen“, sagt Regine Günther, Leiterin Klima und Energiepolitik beim WWF Deutschland. Dafür müssten 2,3 Milliarden überschüssige Zertifikate ganz vom Markt genommen und das Budget jährlich um weitere 2,6% CO2-Emissionen verknappt werden.
Hinweis:
Der WWF hat in einer separaten Studie den Beitrag des EU-Emissionshandels zur Erreichung der deutschen Klimaziele ausrechnen lassen: Ohne eine zügige strukturelle Reform wird bis zum Jahr 2020 eine Deckungslücke von 10,7 % erwartet, so dass in Deutschland nur eine Reduktion der CO2-Emissionen von 29,3 % statt 40 % gegenüber 1990 erreichen würde.
NABU: Lasches Effizienzziel bremst Fortschritt bei EU-Energieversorgung aus
Tschimpke: Oettinger knickt vor Atom- und Kohlelobby ein
NABU Pressemitteilung, 23.7.14
Berlin Der NABU hat den heute von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag für ein Energieeffizienzziel von 30 Prozent bis 2030 kritisiert. Ob das Ziel verbindlich wird, will die EU-Kommission zudem dem EU-Gipfel überlassen. „Dieser Vorschlag ist viel zu lasch. Wieder einmal ist EU-Kommissar Oettinger vor der Atom- und Kohleindustrie eingeknickt und hat dringend erforderliche Effizienzziele den Lobbyinteressen geopfert. Für einen Kommissar, der noch vor wenigen Monaten ein ambitioniertes und verbindliches Energieeffizienzziel versprach, ist das ein Armutszeugnis“, kommentierte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Damit die EU ihre Energieversorgung langfristig sichern kann, müssen die Mitgliedstaaten nach Ansicht des NABU deutlich stärker auf Effizienz und klimafreundliche Energieträger setzen. „Effizienz ist der Schlüssel, damit sich die EU-Mitgliedstaaten aus der Abhängigkeit von Kohle- und Erdgasimporten befreien können“, so Tschimpke. Ein Ziel von 30 Prozent führe aber dazu, dass Effizienzfortschritte EU-weit auf niedrigem Niveau stagnieren.
„Die Europäische Union will das Klima schützen, Energiekosten sparen und Arbeitsplätze schaffen aber genau das Gegenteil würde sie mit diesen Vorgaben bewirken. Wenn die Staats- und Regierungschefs diesen Vorschlag im Oktober nicht korrigieren, wird es die Mitgliedstaaten teuer zu stehen kommen“, so Tschimpke.
Nun liegt es in den Händen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am 23. Oktober mit den Staats- und Regierungschefs der EU über alle drei Klima- und Energieziele entscheidet. „Zivilgesellschaft und EU-Parlament wollen ein verbindliches Effizienzziel von 40 Prozent daran sollten sich die Staats- und Regierungschefs halten“, so NABU-Energieexpertin Tina Mieritz. Nachdem zuletzt die USA und China erkennen ließen, mehr für den Klimaschutz tun zu wollen, sei nun die EU am Zug. „Auch im Hinblick auf die kommenden internationalen Klimaschutzverhandlungen muss die EU endlich wieder zum Vorreiter werden“, so Mieritz.
Ein Vorgeschmack auf TTIP
Was TTIP will, kann auch jetzt schon klappen: Konzerne drücken uns ihre dreckigen Produkte auf. Mit TTIP wird es allerdings einfacher.
Von Anja Franzenburg, Greenpeace-Online, 17.7.14
Die Umweltorganisationen Friends of the Earth, Council of the Canadians, Sierra Club, Transport & Environment haben heute zusammen mit Greenpeace den Report "Dirty Deals" veröffentlicht. Der Report zeigt, wie die Öl-Industrie die Regierungen der USA und Kanadas vor ihren Karren spannen, um sich mit aller Macht auf den europäischen Markt zu drängen. Es geht um Tar Sand, dem dreckigsten Öl der Welt.
Das Öl wird unter massivem Einsatz von Chemikalien aus der Erde - genauer Ton und Sand - gelöst und ist dreimal klimaschädlicher als konventionell gefördertes Öl. Es ist so dreckig, dass es auf dem europäischen Markt kaum Chance hätte, wenn man dem eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 zugrunde legen würde.
Durch diese Richtlinie zur Qualität von Kraftstoffen (FQD) will die EU um ihre klimapolitischen Ziele zu erfüllen - die Treibhausgasintensität der Kraftstoffe bis 2020 um sechs Prozent reduzieren. Die Treibhausgaswerte für Kraftstoffe aus Teersand und Ölschiefer sind deutlich höher als die Werte für Kraftstoffe aus konventionellem Erdöl. Doch bis heute hat es die EU nicht geschafft, die Umsetzung dieser Richtlinie in die Wege zu leiten, da es Streitigkeiten über die Berechnungsmethoden gibt.
Auf die Debatte um die Umsetzung dieser Richtlinie wirken die großen Erdölkonzerne, die in Tar Sands investiert haben und die US-amerikanischen und kanadischen Regierungen massiv ein. Sie stellen die Aussage, dass Tar Sands eine schlechtere Klimabilanz hat, in Frage.
Doch wie geht das und warum braucht die Industrie dann noch TTIP?
Die Ölindustrie schickt ihre Lobbyisten nach Brüssel. Und die USA nutzen die TTIP-Verhandlungen, um hinter den Kulissen deutlich zu machen, wie sie sich die EU-Kraftstoffrichtlinie vorstellen, und dass Pläne, Tar Sand schlechter zu stellen, für sie Handelshemmnisse sind. Offiziell wird die Einflussnahme verneint - der Report dokumentiert aber, dass das nicht stimmt.
Die kanadische Regierung hingegen hat mit Unterstützung der USA angedroht, vor der Welthandelsorganisation (WTO) zu klagen, wenn die Richtlinie wie geplant umgesetzt würde. Diese würde die kanadische Ölindustrie diskriminieren und eine Wettbewerbsverzerrung darstellen.
"Dieses Beispiel zeigt, wie Regierungen und Konzerne Umweltstandards senken und sogar Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen", sagt Jürgen Knirsch von Greenpeace.
Mit TTIP könnte es noch einfacher werden: TTIP sieht auch vor, dass Konzerne zum Schutz ihrer Investitionen Staaten verklagen können. Das würde dann nicht im langwierigen WTO-Prozess verhandelt, sondern vor privaten Schlichtungsstellen. Die Ölindustrie müsste - um bei Tar Sand zu bleiben - nur nachweisen, dass sie bereits in Europa investiert hat und die Kraftstoffrichtlinie diese Investition gefährden würde. "Es ist klar, dass sich mit dieser Möglichkeit, Staaten auf Schadensersatz in Milliardenhöhe zu verklagen, der Druck erhöhen wird."
Auch in den USA sind die Machenschaften umstritten: Letzte Woche haben elf Mitglieder des US-Kongresses beim US-Handelsbeauftragten interveniert. Und deutlich gemacht, dass dieses Vorgehen auch im Widerspruch zu Obamas Maßnahmen zum Schutz des Klimas stehen würde.
"Fracking-Bohrung" vor dem Bundesrat
BUND Pressemitteilung, 11.7.14
460.000 Unterschriften an Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck übergeben. Bundesratsinitiative erhöht lediglich Hürden für Fracking, Umweltschützer fordern totales Verbot.
Berlin: Mit einer symbolischen Fracking-Bohrung vor dem Bundesratsgebäude haben Umweltschützer am Freitagvormittag ein echtes Fracking-Verbot gefordert. Anschließend übergaben sie dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (Grüne) über 460.000 Unterschriften, die über den Online-Aufruf "Fracking stoppen: Rettet unser Trinkwasser" in den vergangenen Wochen gesammelt wurden. Zu der Aktion hatten das Kampagnennetzwerk Campact, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) gemeinsam aufgerufen.
"Die Bundesratsinitiative von Schleswig-Holstein rühmt sich Fracking zu verbieten, doch an vielen Stellen ist sie ein Etikettenschwindel: 'Konventionelles' Fracking bleibt erlaubt und giftige Rückstände dürfen weiter verpresst werden. Wer es mit dem Schutz unseres Trinkwassers und des Weltklimas ernst meint, der muss alle Formen des Fracking verbieten", forderte Chris Methmann von Campact.
"Fracking ist eine riskante Technologie mit unkontrollierbaren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Daher gehört es ohne Wenn und Aber verboten", so Antje von Broock, Klimaexpertin beim BUND. Schiefergas werde weder die Gaspreise senken noch die Versorgungssicherheit erhöhen und sei deshalb auch aus energiepolitischen Gründen nicht förderungswürdig. "Statt auf eine teure und unsichere Technologie zu setzen, sollten wir vorhandene Forschungsmittel besser in die Entwicklung von Energieeffizienzmaßnahmen stecken. Wenn es uns gelingt, den Energieverbrauch insgesamt zu senken, brauchen wir uns über Fracking keine Gedanken mehr zu machen", so die Klimaexpertin.
Andy Gheorghiu aus der Anti-Fracking-Bewegung ergänzte: "Eine Entscheidung für Fracking ist auch eine Entscheidung für eine flächendeckende Industrialisierung und gegen die politisch beschlossenen Energie- und Klimaschutzziele."
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