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Aktuell
Klimaschutzplan 2050
Viel Prosa, wenig Plan
Klimaschutzplan 2050 liefert keinen wesentlichen Beitrag zum internationalen Klimaschutz
WWF Pressemitteilung, 7.9.16
Der am Dienstag in die Ressortabstimmung gegangene Entwurf des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung ist nach Ansicht des WWF eine Blamage. „Während andere führende Industrienationen durch die Ratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens Impulse setzen, ist der Klimaschutzplan der Bundesregierung in weiten Teilen ein Dokument des Stillstandes. Er enthält sehr wenig Neues und verharrt de facto auf dem Energiekonzept von 2010. Die notwendigen Weichen zu einer Low Carbon Economy werden damit noch nicht gestellt“, sagt Regine Günther, Generaldirektorin für Politik und Klimaschutz beim WWF Deutschland.
Die Zielvorgaben des Planes seien sehr vage. Es gebe kein klares Bekenntnis zum notwendigen Langfristziel einer Treibhausgasminderung um 95% bis 2050. Die einzelnen Sektoren erhielten lediglich ein undifferenziertes Ziel von 55% Minderung bis 2030 und keine konsistent abgeleiteten Vorgaben pro Sektor. Auch die lange überfällige, verbindliche Festlegung der Klimaschutzziele in einem Klimaschutzgesetz fehle. „Von 2015 bis 2020 muss die enorme Menge von 148 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermindert werden. Der Plan bleibt die Antwort darauf schuldig, wie dies gelingen kann“, moniert Günther.
Für den Stromsektor werde die wirksamste Maßnahme nicht benannt: der rasche und geordnete Ausstieg aus der Kohleverstromung, kritisiert Günther. Gleichzeitig würden keine Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien definiert.
Andere Sektoren hingegen stehen in dem Entwurf vor widersprüchlichen Vorgaben: Es werde erwartet, dass sie deutlich mehr zur Emissionsreduktion beitragen gleichzeitig aber seien die wirksamsten Maßnahmen für diese Reduktion gestrichen worden. Im Sektor Verkehr etwa gebe es keine Zielvorgaben für die Entwicklung der Elektromobilität und keine Quantifizierung der Emissionsgrenzwerte für Pkw und Lkw.
Auch die Maßnahmen und Ziele im Gebäudesektor bleiben unpräzise. „Während der Ressortabstimmung müssen sie konkretisiert und in Einklang mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 gebracht werden“, fordert Günther.
Im Bereich Landwirtschaft werden nach Meinung des WWF positive Impulse gesetzt: Der Plan enthalte gute Ansätze zur Minimierung der Emissionen aus der Tierhaltung, zur Reduzierung von Stickstoffüberschüssen und zur verbesserten Finanzierung emissionsarmer und naturverträglicher Landwirtschaft. Diese Maßnahmen können laut WWF aber nur effektiv sein, wenn gleichzeitig nachhaltiger Konsum gefördert wird. Dieser Punkt fehle im Klimaschutzplan.
Als positiv wertet der WWF die Absicht zur Einberufung der „Kommission für Klimaschutz, Wachstum, Strukturwandel und Vollendung der Energiewende“. Die Kommission muss umgehend die Arbeit aufnehmen und die Lücken im Klimaschutzplan schließen, fordert die Umweltstiftung. Dabei muss sie die Zivilgesellschaft einbeziehen. Es gilt, die übergeordneten Zielsetzungen in Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen zu bringen und die Inkonsistenzen bei den sektoralen Zielen und Maßnahmen auszuräumen. „Sonst droht das letzte große klimapolitische Vorhaben dieser Bundesregierung zur Makulatur zu werden“, sagt Günther.
Klimaschutzplan 2050 grenzt an Realitätsverweigerung
Es droht "historisches Versagen"
BUND Pressemitteilung, 7.9.16
Berlin: Der neue Entwurf des Klimaschutzplans 2050 grenzt aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an Realitätsverweigerung. "Die Klimabeschlüsse von Paris werden zwar erwähnt, tatsächlich aber sträflich ignoriert. Vom Wirtschaftsminister über den Verkehrsminister bis zum Landwirtschaftsminister und zum Kanzleramt wurde alles unternommen, um dem Klimaschutzplan 2050 jeden Ehrgeiz auszutreiben. Fast alle Konkretisierungen werden auf 2018 verschoben und der nächsten Bundesregierung vor die Füße gekippt. Das sind vertane Jahre für den Klimaschutz", kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Der Klimaschutzplan beinhalte weder angemessene Klimaziele noch ausreichende Maßnahmen für die einzelnen Sektoren. "Um wie angestrebt bis zum Jahr 2050 die weitgehende Treibhausgasneutralität zu erreichen, müssen alle Wirtschaftsbereiche mehr liefern", forderte Weiger. Angesichts der dringenden Aufgabe des Kohleausstiegs biete der Entwurf des Klimaschutzplans lediglich die vage Aussicht auf eine Kommission, die jedoch erst weit nach der nächsten Wahl Ergebnisse liefern solle.
"Unheilvolle Entwicklungen wie die Planung neuer Braunkohle-Tagebaue werden nicht erwähnt. Nötig wäre der sofortige Einstieg in den Kohleausstieg, sonst werden weder das Klimaziel 2020 noch spätere Klimaziele erreicht. Es ist höchste Zeit, dass die Regierung ihre Politik mit dem Klimaschutz in Einklang bringt", sagte der BUND-Vorsitzende. Weiger kritisierte, dass auch andere energiepolitische Weichenstellungen wie der Ausbau der Windkraft an Land im Klimaschutzplan weiterhin offen blieben, obwohl schon nach derzeitigen CO2-Reduktionszielen ein deutlich verstärkter Ausbau erneuerbarer Energien nötig sei.
"Im Verkehrssektor versagt die Klimapolitik auf voller Linie. Mit der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplan 2030 steigen die klimaschädlichen Emissionen aus dem Straßenverkehr weiter. Der angekündigte so genannte Bundesmobilitätsplan ist nicht mehr als eine Luftnummer", sagte Weiger. Auch im Flugverkehr sei lediglich geplant, die Zuwächse ab 2020 klimaneutral zu gestalten. Die erforderliche Verringerung der Flugbewegungen und die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn fehlten hingegen.
Enttäuschend seien auch die für die Landwirtschaft vorgesehenen Maßnahmen. Konkrete Zielvorgaben zum Abbau von Stickstoffüberschüssen seien wieder gestrichen worden, ebenso wie Empfehlungen zur Reduktion des Fleischkonsums. "Anstatt die Tierhaltung zurückzufahren und Fleisch nicht mehr in Massen für den Export zu produzieren, drückt sich die Bundesregierung vor wirksamen Klimaschutzmaßnahmen im Agrarsektor. Erforderlich ist ein konsequenter Umbau der Tierhaltung hin zu deutlich mehr Weidetierhaltung nach ökologischen Standards. Die Düngerüberschüsse müssen stark reduziert werden, was bereits heute durch strengere Auflagen geregelt werden kann und muss.
"Die nötigen Weichenstellungen und Entscheidungen über Investitionen in den Klimaschutz müssen jetzt getroffen werden. Die Pariser Weltklimakonferenz hat klar gemacht, dass jeder Spielraum zum Vertagen wirksamer Maßnahmen zur CO2-Reduzierung fehlt. Die Bundesregierung muss endlich eine Klimapolitik auf den Weg bringen, die künftigen Generationen Rechnung trägt. Tut sie das nicht, dokumentiert der Klimaschutzplan 2050 vor allem ihr historisches Versagen", sagte der BUND-Vorsitzende.
NABU bewertet Klimaschutzplan 2050 als mangelhaft
Miller: Klimaschutzplan ohne Mut
NABU Pressemitteilung, 7.9.16
Berlin Der NABU hat den veröffentlichten Klimaschutzplan 2050 als mangelhaft bezeichnet. Der von Umweltministerin Hendricks vorgelegte, im Kern ambitionierte Entwurf sei innerhalb der Ressortabstimmung massiv verwässert worden.
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Die Maßnahmen sind nur vage umschrieben, der Kohleausstieg wird vorsichtshalber gar nicht genannt und von verbindlichen Zwischenzielen je Sektor ist keine Spur zu finden. Wenn das die Antwort der Bundesregierung auf die vereinbarten Ziele der Pariser Klimakonferenz ist, ist das ein schlechtes Zeugnis für die deutsche Klimapolitik. Hier klaffen internationaler Anspruch und im eigenen Land gelebte Wirklichkeit weit auseinander.“ International habe die Bundesregierung beim G7-Gipfel in Elmau wie auch in Paris Akzente gesetzt. Jetzt verweigere sie sich der Einsicht, dass die vereinbarten Ziele auch in Deutschland umgesetzt werden müssen. „Offensichtlich wurde aus dem Entwurf des Bundesumweltministeriums vor allem eine Streichliste für die anderen Ressorts“, so Miller.
Nicht nur im Energiesektor enttäuscht der Klimaschutzplan, auch im Gebäudesektor mit den extrem langen Investitionszyklen sind kurzfristige wirksame Maßnahmen nicht zu finden, auch wird kein Zeitplan definiert, ab wann Gebäudewärme ohne fossile Energien erzeugt werden muss. Besonders zynisch: Im Verkehrsbereich stellt der Klimaschutzplan die richtige Diagnose, versteckt sich dann jedoch weitgehend hinter Maßnahmen auf EU-Ebene, die gleichwohl bisher meistens von deutscher Seite abgeschwächt wurden. Kein Wort verliert der Plan über den Bundesverkehrswegeplan 2030, der derzeit auf Infrastrukturseite die hohen Emissionen des Verkehrs für die nächsten Jahrzehnte zementieren wird. Der Einstieg in eine dringend notwendige Verkehrswende ist nicht erkennbar.
Unverständlich ist für den NABU auch, dass eine Empfehlung für weniger Fleischkonsum gestrichen wurde. Der Agrarbereich muss dringend klimafreundlicher und naturverträglicher werden. Wenn Deutschland und die EU nicht gegensteuern, würde der Agrarsektor nach aktuellen Schätzungen bis zum Jahr 2050 rund ein Drittel der Treibhausgase der EU ausstoßen und zum echten klimapolitischen Sorgenkind werden.
„Offensichtlich hat der Klimaschutz nun auch den Vorwahlkampf erreicht. Vermutlich haben die Parteien der Großen Koalition Angst, dass sie mit ernst gemeinten Klimazielen Wähler verschrecken. Der Klimaschutzplan ist mild und mutlos formuliert. In seiner jetzigen Form wird er keine Wirkung haben und bleibt weiter hinter dem zurück, was tatsächlich nötig wäre, um das im Pariser Klimaschutzabkommen formulierte Zwei-Grad-Ziel zu erreichen“, so Miller weiter.
Klimaschutzplan 2050 weist keinen Weg zum Erreichen der Klimaziele
Germanwatch: Bundesregierung mutlos und ohne Umsetzungsstrategie für Klimaziele
Germanwatch Pressemitteilung, 6.9.16
Berlin. Der heute vom Bundesumweltministerium für die Ressortabstimmung vorgelegte Entwurf eines Klimaschutzplanes 2050 schafft nicht die notwendige Klarheit, wie die Bundesregierung ihre Klimaziele nach dem Pariser Klimaabkommen umsetzen und nachbessern will. Das kritisiert die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Statt für Wirtschaft und Gesellschaft die notwendige Planungssicherheit zu schaffen, verschiebe sie drängende Entscheidungen in die nächste Legislaturperiode.
„Die Regierung scheint nicht den Mut zu finden, für die international zugesagten Klimaschutzverpflichtungen im eigenen Land eine klare Umsetzungsstrategie auf den Weg zu bringen. Damit erweist sie Gesellschaft und Wirtschaft einen Bärendienst - diese sind auf klare Rahmenbedingungen für den notwendigen Umbau zu einer Zukunft ohne Emissionen angewiesen", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Es reicht nicht aus, nur die Herausforderung klar zu formulieren und die alten Klimaziele des Energiekonzeptes als Mindestziele noch einmal zu bestätigen." So werde die Lücke zwischen zugesagten Klimaschutzzielen und der Realität zwischen 2020 und 2030 absehbar weiter wachsen. "Die bestehenden Instrumente für den Klimaschutz reichen nicht und für neue fehlt der politische Mut", so Bals.
Die Bundesregierung hat im Rahmen der Ressortabstimmung noch die Möglichkeit, die offensichtliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu beenden und einen Klimaschutzplan vorzulegen, der seinem Namen gerecht wird. Bals: "Es müssen konkrete CO2-Minderungsziele für die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr festgelegt und glaubwürdige Maßnahmen für die Umsetzung beschlossen werden. Ganz oben auf der Agenda muss dabei ein Fahrplan für den schrittweisen Kohleausstieg im Einklang mit den Klimaschutzzielen stehen."
Luftnummer Klimaschutzplan
Roland Hipp ist neu an der Spitze von Greenpeace Deutschland. Mit dpa sprach er über die Klimaschutzpläne der Bundesregierung.
Von Stephanie Lettgen, dpa, 6.9.16
http://www.greenpeace.de/themen/klimawandel/klimaschutz/luftnummer-klimaschutzplan
Kermit droht der Klimawandel
Viele Amphibien und Reptilien vom Klimawandel beeinflusst
„Bei 'business as usual' droht vielen Arten das Aus“
WWF Pressemitteilung, 7.9.16
Der Klimawandel hat einen negativen Einfluss auf viele Reptilien- und Amphibienbestände. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des WWF Deutschland in Kooperation mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), WissenLeben e.V. und mehreren Universitäten. Darin wurden 104 Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften analysiert, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Reptilien und Amphibien beschäftigen. Erstmals wurde somit ein umfassenderer Blick auf die Effekte des Klimawandels auf diese Tierarten ermöglicht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Zwei von drei Artikeln fanden schon heute Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Amphibien- und Reptilienbeständen. In über der Hälfte der untersuchten Fälle wiesen die Forscher einen negativen Effekt nach.
Negative Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich unter anderem darin, dass die Bestände zurückgehen, die Ausbreitungsgebiete kleiner werden und die Tiere sich eventuell schlechter fortpflanzen können. „Wenn wir einfach so weitermachen wie bisher, sieht es für etliche Reptilien und Amphibien schlecht aus: Bei 'business as usual' droht vielen Arten das Aus“, sagt Dr. Arnulf Köhncke, Artenschutzexperte beim WWF Deutschland. „Wir dürfen das Ziel von Paris, den Temperaturanstieg deutlich unter zwei Grad zu halten, deshalb nicht verfehlen“, betont er.
Denn viele Reptilien- und Amphibienarten stehen durch Lebensraumverlust und Übernutzung für den kommerziellen Handel schon massiv unter Druck. Komme nun noch der Klimawandel als Bedrohung hinzu, können die Arten diesem Stress kaum standhalten, so Köhncke. Das zeigt sich zum Beispiel bei einigen schon heute vom Aussterben bedrohten Froscharten aus den Nebelwäldern Costa Ricas und Panamas: Dort fördern erhöhte Temperaturen und die veränderte Luftfeuchtigkeit wohl die Ausbreitung einer Pilzkrankheit. Sie wird als Ursache für den Rückgang vieler Amphibien in dieser Region angesehen.
Ein weiteres Resultat der Übersichtsstudie: Es gibt deutlich mehr Forschungsergebnisse über Reptilien und Amphibien aus Europa und Nordamerika als aus den Tropen. Dabei lebt der Großteil der Amphibien und Reptilien nicht nur in den Tropen, auch hat der Klimawandel dort schwerwiegendere Folgen als im Norden, wo einzelne Arten sogar von steigenden Temperaturen profitieren können. „Um die Vielfalt an Amphibien- und Reptilienarten erhalten zu können, braucht es also nicht nur effektiven Schutz gegen Lebensraumverlust und Übernutzung, sondern auch mehr Forschung zur Bedrohung durch den Klimawandel gerade in den Tropen.“
Hintergrund:
Für die Studie wurden 104 Artikel verglichen, die zwischen 2005 und 2015 in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Damit wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf insgesamt 195 Amphibien- und 118 Reptilienarten untersucht. Allerdings ist das nur ein relativ kleiner Anteil aller bisher bekannten Amphibien und Reptilien. Die meisten Artikel widmen sich zudem Arten in Europa und Nordamerika insbesondere für andere Kontinente, die häufig eine weit höhere Artenvielfalt aufweisen, bedarf es daher weitergehender Forschung.
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