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Aktuell

EU-Waldkonferenz

NABU: Europa braucht mehr wilde Wälder

Krüger: EU muss Schutz von Klima und Artenvielfalt im Wald gemeinsam denken
Letzte Urwälder Europas retten


NABU Pressemitteilung, 4.2.20

Brüssel/Berlin – Anlässlich der am heutigen Dienstag beginnenden Konferenz, auf der die EU Grundlagen ihrer künftigen Waldpolitik diskutiert, fordert der NABU, den Schutz von Klima und Artenvielfalt im Wald stärker gemeinsam zu denken.

„Naturnahe Wälder gehören zu unseren wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise. Sie speichern Kohlenstoff, puffern Extremtemperaturen und Starkregen. Diese Fähigkeiten müssen wir stärken, um unsere Wälder fit für den Klimawandel zu machen. Und mit dem Rohstoff Holz bieten Wälder die Chance, Kohlenstoff langfristig in Möbeln, Bauteilen oder Häusern zu binden“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Gleichzeitig sind Wälder Erholungs- und Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen. Doch Erderhitzung und intensive Bewirtschaftung setzen sie zunehmend unter Druck: Allein in Deutschland sind nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums 180.000 Hektar Wald stark geschädigt. Studien zeigen zudem, dass die Insektenmasse in deutschen Wäldern in den Jahren 2008 bis 2017 um 41 Prozent zurückgegangen ist. Auch die Vielfalt der Arten ist um 36 Prozent gesunken.

„Die EU hat jetzt die große Chance, Arten und Klima im Wald gleichermaßen zu schützen. Diese Chance muss sie nutzen“, so Krüger. Entscheidend sei, dass die EU der Verlockung widerstehe, jetzt vor allem auf plantagenartige Aufforstungen mit schnell wachsenden Baumarten zu setzen, um diese auf die Klimaziele anrechnen zu lassen. „Viel wichtiger ist jetzt der Umbau unserer vorhandenen Wälder hin zu klimawandelsicheren Mischwäldern, die Kohlenstoff und Wasser speichern. Und es darf keinen vermehrten Einschlag unter dem Deckmantel des Klimaschutzes geben“, so NABU-Präsident Jörg-Andres Krüger.

Die EU-Waldstrategie soll unter der im Juni 2020 beginnenden deutschen Ratspräsidentschaft fertig gestellt werden und für die nächsten zehn Jahre gelten. Eine zentrale Herausforderung ist dabei auch der Stopp des Raubbaus an den letzten Urwäldern Europas. In Rumänien, Bulgarien und der Ukraine werden jahrtausendealte Urwälder abgeholzt, obwohl sie teils zum UNESCO-Weltnaturerbe zählen. „Die EU-Waldstrategie muss zudem unseren Fußabdruck in den Wäldern der Welt klar aufzeigen. Schon heute importieren wir über 50 Prozent des Zellstoffes für die Papierherstellung aus dem Ausland. Das geht auch auf Kosten von Urwäldern und Klima“, so der NABU-Präsident.

Zudem müsse die energetische Nutzung von Holz sinken. Aktuell landen in Deutschland über 60 Prozent des geschlagenen Laubholzes im Ofen. „Holz wird meist geerntet ehe die Bäume ihr Potenzial als CO2-Speicher voll ausgeschöpft haben. Es sollte daher mehrfach genutzt werden, in Kaskaden: etwa erst in Bauteilen für Häuser, dann in der Möbelschreinerei und schließlich im Ofen. Denn Holz ist – auch mit Blick auf die Klimakrise und den Zustand unserer Wälder – zu wertvoll, um nur verheizt zu werden“, so Krüger.


ROBIN WOOD-Protest zur internationalen Waldkonferenz in Brüssel

ROBIN WOOD-Protest zur internationalen Waldkonferenz in Brüssel
EU muss Ur- und Naturwälder besser schützen!


ROBIN WOOD Pressemitteilung, 4.2.20

Brüssel, 04.02.2020. SAVE EUROPEAN PRIMARY FORESTS! – ein 50 Meter langes Banner mit diesem Slogan haben Aktivist*innen der deutschen Umweltorganisation ROBIN WOOD am Morgen vor dem Hauptsitz der EU-Kommission entrollt. In Sichtweite beginnt heute die von der Kommission einberufene internationale Waldkonferenz. ROBIN WOOD fordert eine Wende der EU-Politik zum Erhalt von Ur- und Naturwäldern. Die Umweltorganisation kritisiert, dass die neue im „Green Deal“ in Aussicht gestellte Waldstrategie der EU-Kommission wirtschaftliche Ziele in den Mittelpunkt stellt, anstatt europäische Ur- und Naturwälder konsequent zu schützen.

Die Waldstrategie enthält zwar gute Ansätze, etwa die Aufforstung zerstörter und degradierter Wälder Europas; doch sämtliche Maßnahmen stehen unter der Prämisse der wirtschaftlichen Nutzung von Holz – und der Holzhunger ist groß. Das meiste Holz landet nicht in langlebigen Produkten, sondern wird zu Papier und zu Pressholzmöbeln verarbeitet und zunehmend als Pellets und Brennholz verfeuert.

„Die neue Waldstrategie führt in eine Sackgasse, wenn nicht gleichzeitig ein bedingungsloser Schutz noch bestehender intakter Ur- und Naturwälder sichergestellt wird. Allein für den Zuwachs von Biomasse zu sorgen, ist keine Klimaschutz-Maßnahme. Vor allem nicht, wenn das Holz dem kurzlebigen Konsum dient“, sagt Jana Ballenthien, Waldreferentin von ROBIN WOOD.

Wie sich die Ausbeutung des Waldes als bloße Holzfabrik auswirkt, zeigt sich besonders deutlich in Rumänien. Das Land hat in den vergangenen 15 Jahren rund 100.000 Hektar seiner Ur- und Naturwälder sowie die darin lebenden Arten unwiederbringlich verloren. Davon betroffen sind selbst die nach EU-Recht geschützten Natura 2000-Gebiete. Umweltschützer*innen werden in Rumänien für ihr Engagement unter Druck gesetzt; es gab sogar mehrere Mordfälle.

„Vor unseren Augen zerstören europäische Regierungen artenreiche, unersetzliche Wälder, die dem Stress der Klimaveränderung besser standhalten können als Wirtschaftswälder. Diese Zerstörung muss jetzt gestoppt werden!“, sagt Ballenthien. „Den Forstwirten Geld zu geben, damit sie Wirtschaftswälder aufforsten, greift dagegen viel zu kurz.“

ROBIN WOOD fordert bestehende Ur- und Naturwälder zügig zu katalogisieren und sie effektiv zu schützen. Illegaler Holzeinschlag muss auch in Europa unterbunden werden. Insbesondere Schädigungen von Natura 2000-Gebieten, die unter dem Schutz europäischen Rechts stehen, müssen konsequent von den nationalen Behörden verfolgt und vom Europäischen Gerichtshof geahndet werden. Zudem fordert ROBIN WOOD einen sparsamen Umgang mit dem Rohstoff Holz sowie verbindliche Vorschriften für vollständige und transparente Lieferketten-Nachweise innerhalb der EU. Diese Ziele müssen Eingang in die neue Waldstrategie und in die Biodiversitätsstrategie finden.




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