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Aktuell
Karate Forst Einsatz?
Vormarsch der Giftkeulen
Forstverwaltungen der Länder pfeifen auf Insektenschutz
BundesBürgerInitiative WaldSchutz Pressemitteilung, 4.4.20
Ab 20. April sollen über Teilen von Brandenburgs Wäldern wieder Hubschrauber fliegen und
Giftfrachten versprühen gegen die Raupen von Nachtfaltern, den Kiefernspinnern. Die
BundesBürgerInitiative Waldschutz (BBIWS) hat gegen die Allgemeinverfügung1
Widerspruch eingelegt.
Das Breitband-Insektizid, das eingesetzt werden soll, "Karate Forst" mit seinem Wirkstoff
Lambda-Cyhalothrin tötet nicht nur die Kiefernspinner, sondern auch andere Insekten, wie
Wildbienen und Tagfalter. Außerdem führt eine Bekämpfung per Hubschrauber unweigerlich
zur Verdriftung des Pestizids durch Wind oder Rotorturbulenzen, so dass auch angrenzende
Flächen ohne Befall oder Privatflächen betroffen sind. So könnten auch Honigbienen zu
Schaden kommen und Imker ihre Völker verlieren.
Die BBIWS verweist darauf, dass gerade jetzt in Zeiten von Corona/Covid-19 die
Naherholung im Wald von besonderer Bedeutung ist und viele Menschen dort in sicherer
Sozialdistanz ihren Bewegungsdrang ausleben und ihre Abwehrkräfte stärken wollen.
Außerdem könnten einfache Absperrungen von Wegen nicht garantieren, dass sich während
der Begiftungsflüge keine Menschen im Wald aufhalten. Auch wenn laut Verfügung das
Sammeln von Pilzen, Wildkräutern und -früchten für drei Wochen nach dem Sprüheinsatz
untersagt ist, sind noch immer manche Oberflächen mit dem Gift bedeckt und können
Erholungssuchenden schaden. Hier sind besonders Kinder in Gefahr, da bei ihnen Kontakte
selbst mit geringsten Giftmengen bereits Schäden verursachen können.
Von der Zahl der Fluginsekten vor knapp 30 Jahren ist heute nicht einmal mehr ein Viertel
erhalten. Bürger hat dies aufgeschreckt und in einem Bundesland nach dem anderen führen
Volksbegehren oder -initiativen zum Insektenschutz zu einem allmählichen Umdenken in der
Politik.
Nur die Forstministerien und -verwaltungen der Länder, pfeifen auf Insektenschutz.
Landesforsten mehrerer Bundesländer, darunter auch Thüringen, Bayern und Baden-
Württemberg, planen auch 2020 wieder Breitbandinsektizide einzusetzen, wenn Spinner und
Spanner, Kupferstecher und Buchdrucker sich über Eichen oder Fichten hermachen. Die
Insektengifte werden nicht als letztes Mittel eingesetzt, sondern als Mittel der Wahl, als
Mittel gegen Symptome statt gegen Ursachen.
Das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg erklärte der BBIWS nach ihrem Offenen
Protestbrief gegen Gift im Wald Anfang dieses Jahres den Verwaltungsablauf: Sieht die
Untere Forstbehörde "die unabdingbare Notwendigkeit eines Pflanzenschutzmittel-
Einsatzes" prüft die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt ob "eine Waldschutzgefahr
im Verzug" vorliegt und empfiehlt, wenn sie "keine andere Möglichkeit" sieht, dem
Ministerium den Pestizideinsatz.
Solche weitreichenden, das Gemeinwohl betreffenden Entscheidungen werden also nur
innerhalb von Forstkreisen diskutiert. Überdisziplinäre Diskussionen durch Einbeziehung von
Wissenschaftlern mit ökosystemaren anstelle von rein forstökonomischen Ansätzen werden
in der Forstwirtschaft ungern gesehen. Nur so kann man sich erklären, dass Brandenburg, im
Gegensatz zu anderen Bundesländern, nicht lokal im Wald Maßnahmen ergreift, sondern
wie 20192 flächendeckend aus der Luft ihre dürregeschädigten Kiefernforste begiftet. Viele
Brandenburger werden sich dabei vermutlich an die Agrarflugzeuge der ehemaligen DDR
erinnert fühlen, die Dünger und Pestizide weiträumig über Feldern und angrenzenden
Biotopen versprühten.
Kiefernspinnerbefall 2020 Suche nach Lösungen im Dialog mit Verbänden
Umweltministerioum Brandenburg Pressemitteilung, 5.4.20
Potsdam Der Landesforstbetrieb Brandenburg hat im Amtsblatt für Brandenburg die vorsorgliche Sperrung von Waldflächen im Bereich der Oberförsterei Dippmannsdorf (Potsdam-Mittelmark) bekanntgemacht. Bei den Untersuchungen im Rahmen eines Monitorings im Winter wurden auf einer Fläche von rund 750 Hektar erhöhte Vorkommen des Kiefernspinners festgestellt.
Die Bekanntmachung im Amtsblatt, das lediglich alle vier Wochen erscheint, ist eine vorsorgliche Maßnahme und keine Vorfestlegung auf eine Bekämpfung der Kiefernspinnervorkommen mit „Karate Forst flüssig“. Das Monitoring durch das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) ist noch nicht abgeschlossen, da aufgrund der niedrigen Temperaturen der letzten Tage die Raupen des Kiefernspinners nicht mobil sind. Zeigt das Monitoring weiterhin einen erhöhten Befall der Gebiete mit dem Kiefernspinner, können Waldbesitzer Anträge auf die Behandlung ihrer Flächen mit Karate Forst an das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung stellen. Bei der Prüfung wird das Landesamt für Umwelt für eine artenschutzrechtliche Bewertung einbezogen. FFH- oder Naturschutzgebiete sind nicht betroffen.
Das Ministerium lädt die Umwelt- und Waldbesitzerverbände ein, um nach tragfähigen Alternativen und Lösungen für den Umgang mit Schadinsekten in Kiefernwäldern zu suchen. Der Termin soll in der Woche nach den Osterferien stattfinden.
Untersuchungen ergeben: Zurzeit ist keine Bekämpfung des Kiefernspinners erforderlich
Umweltministerium Brandenburg Pressemitteilung, 9.4.20
Potsdam Die aktuellen Überwachungsergebnisse zur Vermehrung des Kiefernspinners im Bereich der Oberförsterei Dippmannsdorf geben Entwarnung. Eine Behandlung der Waldflächen mit einem Insektizid ist nicht erforderlich.
Die Winterbodensuchen ließen im Bereich der Oberförsterei Dippmannsdorf noch kürzlich auf eine starke Gefährdung der Kiefernwälder durch die Raupen des Kiefernspinners auf rund 700 Hektar schließen. Erfreulicherweise haben die letzten Überwachungen aber gezeigt, dass sich die Lage entspannt. An Leimringen und bei Probeuntersuchungen von betroffenen Kiefern wurde die Raupenanzahl bestimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht mehr so viele Raupen fressen werden, wie zunächst befürchtet wurde. Lokal mögliche Fraßschäden sind zwar nicht auszuschließen. Sie werden jedoch nicht so stark sein, dass Kiefernbestände flächig gefährdet sind. Die Anträge auf den Einsatz von Insektiziden werden daher nicht bearbeitet werden.
Die vorsorglich im nur alle vier Wochen erscheinenden Amtsblatt des Landes Brandenburg bekanntgemachte Allgemeinverfügung des Landesforstbetriebs zur Sperrung von Waldflächen im Bereich der Oberförsterei Dippmannsdorf läuft somit aus.
Kiefern sind durch Dürre, Trockenheit und Fraß vorgeschädigt sogenannte Sekundärschädlinge wie Borkenkäfer und Pilze können so leichtes Spiel haben. Um deren Ausbreitung zu verhindern, werden die Bestände sorgsam beobachtet und Waldbesitzer zu eventuell notwendigen Maßnahmen beraten.
Die Überwachung des Kiefernspinners muss im Sommer mit der Beobachtung des Falterfluges und der Eiablage fortgesetzt werden. Für die Erfassung der Fraßschäden werden Satellitendaten ausgewertet.
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