|
|
Aktuell
Diskussion um Waldstrategie
Bundesregierung planlos bei Waldstrategie
Offenbar aber Festhalten am 5-% Ziel für ungenutzte Wälder
Pressemitteilung von Cornelia Behm, Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 23.3.11
"Die Bundesregierung wollte oder konnte heute im Agrarausschuss des Deutschen Bundestages nicht sagen, wie es mit der Waldstrategie weitergeht und bis wann mit einer Verabschiedung durch die Bundesregierung zu rechnen ist. Einen Zeitplan hat sie jedenfalls nicht offen gelegt. Allerdings zeigte sie sich zuversichtlich, dass es zu einer solchen Verabschiedung kommen werde." Dies berichtet die Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Cornelia Behm, im Anschluss an den Bericht der Bundesregierung im Bundestagsagrarausschuss zum Stand der Arbeiten an der Waldstrategie 2020 und über die Ursachen für den offensichtlich gescheiterten Erarbeitungsprozess.
"Allerdings hat das Agrarressort zu erkennen gegeben, dass es eine Kohärenz der Waldstrategie mit der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung herstellen und dementsprechend auch am 5 % Ziel ungenutzter Wälder festhalten will. Das ist sehr zu begrüßen. Allerdings muss die Waldstrategie dann auch einen Beitrag leisten, um die waldbezogenen Ziele der Biodiversitätsstrategie umzusetzen und mit Leben zu erfüllen.
Dabei kann die Bundesregierung nicht dabei stehen bleiben, einfach alle bislang ungenutzten Flächen zusammenzurechnen und zu hoffen, dass dies schon 5 % sein werden. Abgesehen davon, dass sie dann festlegen müsste, wie lange der letzte Einschlag dann bereits zurückliegen muss, damit die Flächen als ungenutzt gelten können, darf die Bundesregierung Flächen, bei denen sich der Grundeigentümer jeden Tag für einen Holzeinschlag entscheiden kann, nicht als ungenutzte Fläche im Naturwalderbe anerkennen. Die Bundesregierung muss vielmehr sicherstellen, dass es bei den Flächen des Naturwalderbes auch dauerhaft beim Nutzungsverzicht bleibt. Das ist eine klare Abgrenzung, die genutzte und ungenutzte Flächen voneinander unterscheidet. Alles andere wäre Augenwischerei.
Die Antworten auf meine Fragen, mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung zur einem sparsamen und effizienten Holzeinsatz im stofflichen und energetischen Bereich, zu einem verstärkten Holz- und Papierrecycling, zu einer besseren Verwertbarkeit von Laubholz und für mehr Holzbau sorgen will, hat sich der Eindruck verstärkt, dass sie davon bisher keine klare Vorstellung hat. Aber sie hat ja jetzt etwas Zeit gewonnen, um bis zur Verabschiedung der Waldstrategie an diesem Maßnahmenkatalog zu arbeiten."
Nachhaltige Waldwirtschaft in
Deutschland ist aktiver Regenwaldschutz
Weitere Flächenstilllegungen kontraproduktiv
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V., 21.3.11
„Wir können es uns nicht leisten, die Vorteile der modernen nachhaltigen Waldwirtschaft in
Deutschland durch weitere Stilllegungen von Waldflächen auch nur partiell aufzugeben. Die
vielfältigen Leistungen unserer Wälder für Wirtschaft, Mensch und Natur sind ein Ergebnis des
gelebten Generationenvertrages von Waldbesitzern durch eine verantwortungsvolle,
zukunftsgerechte und multifunktionale Waldwirtschaft. Mit Blick auf die zukünftigen
Herausforderungen die unserer Gesellschaft national und global bevorstehen, sind wir auf die
Gesamtheit der Leistungen des Waldes mehr denn je angewiesen. Wir benötigen den Wald für die
Erzeugung der umwelt- und klimafreundlichen Ressource Holz, ebenso wie wir ihn als Ort der
Ruhe und Erholung und als wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna benötigen. Der Schlüssel
zur Erfüllung dieser Aufgaben kann dabei nur eine nachhaltige Waldwirtschaft auf Basis
gesicherter Eigentumsverhältnisse und gesicherter wirtschaftlicher Handlungsspielräume sein“
sagte Philipp Freiherr zu Guttenberg, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Waldbesitzerverbände e.V. am Tag des Waldes.
2011 ist das Internationale Jahr der Wälder. In Kenntnis der Bedeutung der Wälder für eine globale
nachhaltige Entwicklung betonen die Vereinten Nationen die Notwendigkeit einer weltweiten nachhaltigen
Waldbewirtschaftung. Das Prinzip einer nachhaltigen Waldwirtschaft schließt mit dem Nutzen den Schutz
und die Pflege des Waldes mit ein. Als Waldbesitzer und Förster in Deutschland vor knapp 300 Jahren
erstmals dieses Prinzip eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Wald umsetzten, trug dies zur
Wiederbewaldung, Erholung und Vitalisierung der im Mittelalter übermäßig stark beanspruchten Wälder
bei und galt forthin als die Geburtsstunde des Nachhaltigkeitsgedanken.
Das Ergebnis dieser generationenübergreifenden nachhaltigen Bewirtschaftung und Verantwortung für
den Wald sind vielfältige, leistungsstarke und naturgerechte Wälder. In Zahlen ausgedrückt produzieren
sie jährlich über 100 Millionen Kubikmeter Holz, binden dabei 80 Millionen Tonnen Kohlendioxid, und sind
die Grundlage für 1,2 Millionen Arbeitsplätze in der Forst- und Holzwirtschaft. Unsere Wälder bieten für
über 10.000 Tiere und Pflanzen Lebensraum. Fast jeder von uns macht mindestens einmal im Jahr einen
Waldspaziergang. Laut Statistik wird der Wald von über zwei Drittel der Bevölkerung mindestens einmal
jährlich zur Erholung aufgesucht. Ein konservierender Schutz der Wälder durch Selbstüberlassung von
Flächen ist dabei mit Blick auf den notwendigen Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft
kontraproduktiv und würde den einseitigen Verzicht auf einen Teil dieser Leistungen bedeuten.
„Unsere heimischen Wälder sind aufgrund ihrer Entwicklung besonders für eine Waldbewirtschaftung
geeignet, die auf jedem Quadratmeter alle Funktionen fördert und berücksichtigt.“ so zu Guttenberg weiter.
„Daraus ergeben sich aber nicht nur regionale Vorteile. Global betrachtet bedeutet jeder genutzte
Kubikmeter Holz aus heimischer garantiert nachhaltiger Waldwirtschaft, den Verzicht auf importiertes Holz
dessen nachhaltige Herkunft meist nicht nachgewiesen werden kann. Oder anders gesagt: Nachhaltige
Waldbewirtschaftung in Deutschland ist aktiver Schutz des Regenwaldes.“
"Kein Entweder-Oder zwischen Waldnaturschutz und Holzversorgung"
Behm: Ziel muss die richtige Balance sein
Pressemitteilung von Cornelia Behm, Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 1.4.11
Zur Diskussion um Nutzungsverzicht im Wald contra Holzversorgung nimmt die Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Cornelia Behm, wie folgt Stellung:
"Aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf es kein Entweder-Oder zwischen Naturschutz und Holzversorgung geben. Vielmehr muss zwischen diesen beiden wichtigen Ansprüchen die richtige Balance gefunden werden. Wir brauchen so viel Naturschutz wie notwendig ist, um alle in Wäldern lebenden Arten zu erhalten. Das setzt voraus, dass ihre Lebensräume durch die forstliche Nutzung nur insoweit beeinträchtigt werden, dass die Population nicht gefährdet wird. Gleichzeitig gilt es vor dem Hintergrund des steigenden Holzbedarfs zu erreichen, dass möglichst viel des unverzichtbaren Rohstoffs Holz zur Verfügung gestellt werden kann. Den Waldnaturschutz der prognostizierten Holzlücke zu opfern, hieße den Pfad der Nachhaltigkeit zu verlassen. Die Holzlücke muss vor allem durch mehr Sparsamkeit und Effizienz in der Nutzung geschlossen werden, denn sie entsteht insbesondere dadurch, dass noch mehr Holz verheizt werden soll.
Die jüngsten Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wald-besitzerverbände (AGDW), der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher (AGR) und des Bundesverbandes Säge- und Holzindustrie Deutschland (BSHD), die Schaffung von fünf Prozent an ungenutzten Wäldern sei naturschutzfachlich nicht zu begründen, machen eine erschreckende Uneinsichtigkeit in dieser Frage deutlich.
Auf den Indikatorenbericht 2010 zur Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt können sie sich jedenfalls nicht berufen. Denn eine Zielerreichung von 81 % kann keinesfalls als Beleg für optimale Artenvielfalt im Wald gelten. Außerdem beziehen sich die dortigen Angaben zum Indikator Artenschutz und Landschaftsqualität lediglich auf den Bestand an Vögeln. Dabei sind es vor allem die an Alters- und Zerfallsphasen der Bäume gebundenen Arten - insbesondere Insekten und Pilze - die in Wirtschaftswäldern, in denen die Bäume regelmäßig vorher entnommen werden, Bestandsprobleme haben und daher durch Nutzungsverzicht und Mindestanteile von Tot- und Altholz gefördert werden sollten.
Die Segregation der Naturschutzleistungen wird, aus meiner Sicht zurecht, in Forstkreisen weithin abgelehnt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht und aus Arbeits- und Verkehrssicherheitsgründen ist es jedoch sinnvoll, auch naturnahe Wälder nicht mit Naturschutzanforderungen zu überfrachten. Deshalb wurde der Ansatz gewählt, besondere und typische Waldbiotope durch vollständigen Nutzungsverzicht zu bewahren.
Noch und reichlich spät wird ermittelt, wie viele Wälder überhaupt als dauerhaft aus der Nutzung genommen angesehen werden können und wie viel zusätzlich Fläche zur Erreichung des bisher rein formal festgelegten Fünf-Prozent-Ziels überhaupt gebraucht wird. Vor dem Hintergrund der Sicherung der Holzversorgung ist es meines Erachtens berechtigt, im Rahmen der erforderlichen Standortvielfalt vorzugsweise auf die Nutzung solcher Flächen zu verzichten, die ohnehin schwer zu nutzen sind (z.B. auf nassen Standorten und in steilem Gelände) oder die ohnehin niedrige Erträge bringen (z.B. Naturschutzflächen mit Nutzungsbeschränkungen). Auch so kann man versuchen, die Ausfälle für die Holzversorgung zu begrenzen."
Müller erwartet Einigung zur Waldstrategie
Agrar Europe, 4.4.11
Zuversichtlich zu den Einigungsaussichten bei der „Waldstrategie 2020“ hat sich Staatssekretär Dr. Gerd Müller geäußert. Zwar räumte Müller gegenüber dem Pressedienst Agar Europe ein, dass es auf Fachebene noch eine Vielzahl von Dissenspunkten mit dem Bundesumweltministerium gebe; er sei jedoch sicher, so der Staatssekretär, dass die Auffassungsunterschiede spätestens bei den Gesprächen zwischen den Ressorts auf politischer Ebene überbrückt würden.(...)
http://www.topagrar.com/news/Mueller-erwartet-Einigung-zur-Waldstrategie-322308.html
Offener Brief der Umweltverbände vom 4.4.11
Sehr geehrter Herr Schirmbeck,
Sehr geehrter Herr von und zu Guttenberg,
wir begrüßen es sehr, dass Sie sich um den Erhalt der Tropenwälder sorgen. Doch leider
haben Sie in letzter Zeit durch Äußerungen wiederholt den Eindruck erweckt, dass
ausgerechnet die Ausweisung von Waldnationalparks in Deutschland zur Zerstörung einer
vergleichbaren Fläche an tropischen oder anderen Wäldern in anderen Ländern führen
würde.
Die unterzeichnenden Verbände appellieren eindringlich an Sie, die Zerstörung von Wäldern
durch den Holzeinschlag außerhalb Deutschlands in Ihrer Argumentation nicht gegen die
Einrichtung von Schutzgebieten in deutschen Wäldern auszuspielen.
Am 4. Februar 2011 hatten Sie, Herr Schirmbeck, in einer Pressemitteilung geäußert, dass
Nutzungseinschränkungen und großflächige Unterschutzstellungen in den Wäldern
Deutschlands die Regenwaldvernichtung beschleunigen würden. Am 21. Januar 2011
sagten Sie, Herr von und zu Guttenberg, auf der Grünen Woche in Berlin dass die
Einrichtung von Nationalparks in Deutschland "unmoralisch" sei. Dies führe dazu, das
fehlende Holz zu importieren, wodurch auch Regenwälder zerstört würden. Sie haben diese
Behauptung Ende März wiederholt.
Wir Verbände, die wir uns seit Jahrzehnten für den Schutz von Tropenwäldern und indigenen
Völkern engagieren, weisen solche Äußerungen entschieden zurück. Sie sind falsch und
lenken nur von den wirklichen Problemen ab.
Der Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen dürfte nach der Atomkatastrophe weiter steigen,
doch diese Knappheit kann und darf nicht einfach durch die Steigerung der Holzeinschläge
gedeckt werden. Die Grenzen des Wachstums gelten auch für Waldökosysteme.
Ihre Argumentation ist für uns umso unverständlicher, als Ihre Verbände sich nach unseren
Erfahrungen in den vergangenen Jahrzehnten weder für den Schutz der Tropenwälder
engagiert, noch Maßnahmen gegen die Importe von teilweise illegalem Raubbauholz
ergriffen oder angemessen unterstützt haben. Erst mit dem Aufkommen der Diskussion um
die Ausweisung von gerade einmal 5% Flächen mit natürlicher Waldentwicklung im Rahmen
der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt haben Sie die Zerstörung der Regenwälder
thematisiert. Die Biodiversität tropischer Regenwälder wird in Ihrer Argumentation gegen die
Biodiversität standortheimischer Wälder in Deutschland ausgespielt. Damit verbinden Sie
implizit den Vorwurf, dass Waldschutzgebiete in Deutschland dazu führen würden, das Holz
dann in Tropenwäldern einzuschlagen und dafür deren Zerstörung in Kauf zu nehmen. Die
Verantwortung hierfür darf aber nicht den Akteuren angelastet werden, die sich für den
Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland engagieren.
Wir fragen uns, woher die deutsche Holzwirtschaft und die Verbraucher sich ein quasi
verbrieftes Recht nehmen könnten, immer mehr Holz zu konsumieren. Es entsteht der
Eindruck, als ob der Anstieg des Holzverbrauches quasi ein Naturgesetz sei, ein Problem,
das nur mit immer weiter steigenden Holzeinschlägen gelöst werden könne (und sei es, dass
dafür weiter Raubbau betrieben wird), während Ihre Verbände auf der anderen Seite sowohl
im Rahmen der Charta für Holz, als auch mit der Marketinginitiative "Zukunft Holz GmbH" für
steigenden Holzkonsum werben.
Deutschland importiert seit Jahrzehnten Hölzer aus Raubbau und illegalen Quellen in
tropischen und nordischen Wäldern, obwohl seit jeher in fast 99% unserer Wälder Holz
eingeschlagen wird.
Wenn Ihnen der Schutz der Tropenwälder wirklich wichtig ist, dann setzen Sie sich bitte
dafür ein, dass wir unseren Holzverbrauch an der umwelt- und sozialverträglich verfügbaren
Holzmenge orientieren. Möglichkeiten dazu gäbe es genug. Der deutsche Papier-
Jahresverbrauch von über 220 Kilo pro Kopf ist viel zu hoch und mit angemessenen
Bedarfen für Bildung, Verwaltung, Information und andere Zwecke nicht zu rechtfertigen.
Hierfür würde ein Bruchteil dieser Menge ausreichen. Die Papierindustrie trägt erheblich zur
globalen Waldzerstörung und Klimawandel bei: 40 Prozent aller kommerziell gefällten
Bäume werden zu Papier verarbeitet und selbst ökologisch einmalige Tropenwälder werden
zu Zellstoffbrei zerkocht. Der im internationalen Vergleich weit überhöhte deutsche
Papierverbrauch muss mindestens um die Hälfte verringert werden. Auch die Erzeugung
anderer Wegwerfprodukte aus dem Rohstoff Holz und die Verbrennung qualitativ besser
verwendbarer Hölzer muss zugunsten der stofflichen Holzverwendung und zugunsten einer
ökologischeren Waldnutzung reduziert werden.
Wenn Sie im eigenen Land nicht akzeptieren können, bis zum Jahre 2020 mindestens 5 %
der Waldfläche aus der Nutzung zu nehmen, um hier natürliche Walddynamik zuzulassen
und auf 95 Prozent der Waldfläche ökologischere Waldnutzung zu praktizieren, können Sie
nicht glaubwürdig beanspruchen, für eine »nachhaltige Forstwirtschaft« zu stehen.
Deutschland muss seiner Verantwortung für den Schutz der biologischen Vielfalt auch im
eigenen Land nachkommen. Buchenwälder und andere standortheimische
Waldgesellschaften können nicht in Brasilien oder im Kongobecken geschützt werden.
Deutschland als reiches Industrieland erwartet von Ländern des globalen Südens die
Ausweisung und den Schutz ausreichender Waldgebiete und muss mit gutem Beispiel voran
gehen, wenn es mit seinen Forderungen an die Tropenwaldländer glaubwürdig sein will.
Eine diskursive Verknüpfung des Waldschutzes hier bei uns und des drohenden erhöhten
Einschlages in Tropenwäldern halten wir für unmoralisch und für nicht hinnehmbar. Weitere
diesbezügliche Äußerungen werden wir daher kritisch und öffentlichkeitswirksam begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
László Maráz
Koordination AG Wald im Forum Umwelt und Entwicklung
Mitunterzeichner
Wolfgang Kuhlmann, ARA
Angela Meder, Berggorilla & Regenwald Direkthilfe
Stephen Wehner, Bergwaldprojekt
Nicola Uhde, BUND
Helmut Röscheisen, Deutscher Naturschutzring
Albert Wotke, Deutsche Umwelthilfe
Jürgen Maier, Forum Umwelt & Entwicklung
Sylvia Hamberger, Gesellschaft für ökologische Forschung
Sabine Schliemann, INFOE
Andreas Kress, Klima-Bündnis
Mira Beinert, NaturFreunde Deutschlands
Simone Hörner, Pro REGENWALD
Birgit Trinks, Pro Wildlife
Susann Reiner, Regenwaldinstitut
Klaus Schenck, Rettet den Regenwald
Peter Gerhardt, Robin Wood
Monika Melisch, Tropicaverde
Marianne Klute, Watch Indonesia
Nina Grießhammer, WWF Deutschland
Waldstrategie vor dem Scheitern?
Naturschutzverbände fordern eine Neuausrichtung der Wald- und Jagdpolitik in Deutschland
Das Bundeslandwirtschaftsministerium und einige Lobbyverbände machen sich in ihrer nun vorerst verschobenen Waldstrategie 2020 mehr Sorgen um das Holz als um die nachhaltige Waldentwicklung. Das Gegenprogramm zur deutschen Biodiversitätsstrategie will den Wald als Holzfabrik entwickeln. Doch Wälder können mehr und müssen deshalb besser geschützt und ökologischer bewirtschaftet werden.
Von László Maráz, Forum Umwelt und Entwicklung, April 2011
Im UN-Jahr der Wälder will sich die Bundesregierung besonders um den Wald kümmern. Doch das für die Forstwirtschaft zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium blamiert sich gerade mit seinem wichtigsten waldpolitischen Vorhaben, der sogenannten Waldstrategie 2020. Die für den Internationalen Tag der Wälder am 21. März geplante Veröffentlichung musste vertagt werden. Vermutlich schafft man es nicht einmal bis zur Generalprobe, der Kabinettsabstimmung. Ein von dem Ministerium finanziertes Kampagnenbüro bemüht sich um frohe Botschaften und will die Öffentlichkeit über die Bedeutung des Waldes aufklären. Akteure aus der Forst- und Holzwirtschaft üben sich im gegenseitigen Schulterklopfen und werden nicht müde zu betonen, wie segensreich die Forstwirtschaft für den Wald sei. Umweltverbände sehen das anders. Sie lehnen die Waldstrategie in ihrer jetzigen Form ab und fordern einen Neuanfang.
Blamable Vorstellung
Schon im Vorgängerprozess, dem Nationalen Waldprogramm Deutschland, mussten Umweltverbände erst kritische Analysen und transparente Verhandlungsregeln einfordern, um eine Basis für politische Abwägungs- und Entscheidungsprozesse zu schaffen. Nur so konnten konstruktive Handlungsempfehlungen erarbeitet und im Konsens verabschiedet werden. Vielen Beteiligten ging der Kompromiss dann offenbar doch zu weit: Das Landwirtschaftsministerium und Akteure aus Forst- und Holzwirtschaft wollten die Maßnahmen nicht umsetzen. Während die Bundesregierung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit andere Länder bei der Erarbeitung nationaler Waldprogramme unterstützt, schlummert das eigene Nationale Waldprogramm seit Jahren in der Schublade.
Biologische Vielfalt oder Holzfabrik?
Dann doch ein Lichtblick für die Wälder: Ende 2007 wurde die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt einstimmig vom Bundeskabinett beschlossen. Danach verpflichtet sich Deutschland, bis zum Jahre 2020 die Wälder auf mindestens fünf Prozent der Fläche der natürlichen Entwicklung zu überlassen. Derzeit ist in Deutschland nur etwa ein Prozent der Waldfläche streng geschützt. Zwar fordern Umweltverbände deutlich mehr Schutzgebiete, sie unterstützen aber auch dieses Zwischenziel. Doch viele Akteure aus der Forst- und Holzwirtschaft beklagen bis heute, sie seien damals zu wenig beteiligt worden. Je mehr Holz geerntet werde, umso besser für den Wald, die Artenvielfalt und den Klimaschutz, sagen sie. Auch im Bundeslandwirtschaftsministerium war man über die Pläne nicht erfreut. Und so begann man im Jahr 2008 damit, auf eigene Faust eine Art Gegenprogramm zur Biodiversitätsstrategie zu entwerfen: eine Waldstrategie 2020.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium und einige Forst- und Holzwirtschaftsverbände machen sich mehr Sorgen um das Holz als um den Wald, der ihnen sowieso zu langsam wächst. Denn um die Ziele des Nationalen Aktionsplans Erneuerbare Energien zu erreichen, will man noch mehr Holz verheizen, und auch der Papierverbrauch steigt. Zudem unterstützt die Branche das Ziel der bereits 2005 vom Landwirtschaftsministerium veröffentlichten Charta für Holz, den Holzverbrauch der Bundesbürger noch zu steigern. Weil aber schon 2020 gut 34 Millionen Kubikmeter Holz pro Jahr zu viel verbraucht würden, planten die Verantwortlichen im Bundeslandwirtschaftsministerium, für einige Jahrzehnte den wichtigsten Grundsatz der Nachhaltigkeit über Bord zu werfen. Man könne ja 20 bis 30 Jahre lang mehr Holz einschlagen als nachwächst, um die sogenannte „Holzlücke„ zu schließen. Das war offenbar selbst einigen Verbänden und Landesforstverwaltungen zu viel des Guten. Sie erhoben Widerspruch. Publik geworden war das Ansinnen erst durch eine Akteneinsicht, deren Ergebnisse der Verfasser nicht nur an die Umweltverbände, sondern auch an Ministerien, Abgeordnete im Bundestag und an Verbände der Forst- und Holzwirtschaft versandt hatte, um für mehr Transparenz zu sorgen. Die Pläne sind inzwischen wieder vom Tisch. Übrig geblieben ist eine Art Beschleunigungsprogramm für die Holzproduktion.
Schutz und ökologische Waldnutzung
Die Umweltverbände BUND, DNR, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace, NABU und WWF fordern das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, eine Strategie für den Wald zu entwickeln, anstatt sich nur um die Beschaffung von noch mehr Holz zu kümmern. (2) Wichtiger wäre es, mehr Schutzgebiete einzurichten und im forstlich genutzten Wald ökologischer zu wirtschafteten. Da aber die Holzerzeugung und der Schutz der auf die Alters- und Zerfallsphasen von Wäldern angewiesenen Artengemeinschaften miteinander konkurrieren, können viele der wichtigsten Schutzziele nicht im Rahmen der Holznutzung erreicht werden. Wer auf den Holzverkauf angewiesen ist, will die Bäume fällen, bevor sie vermodern. Um bis zum Jahre 2020 das Ziel, fünf Prozent der Waldflächen dauerhaft aus der forstlichen Nutzung zu nehmen, zu erreichen, müssen dringend neue Schutzgebiete eingerichtet werden. Um den naturnahen Waldbau weiter zu fördern, müssten klare Grundsätze einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Gesetz verankert werden. In vielen Regionen liegen die Wildbestände beim Acht- bis Zehnfachen der natürlichen Dichte! Sie müssen dringend so weit reduziert werden, dass die Naturverjüngung im Wald wieder aufwachsen kann. Immerhin hat sich Deutschland im letzten Oktober auf der zehnten Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über biologische Vielfalt im japanischen Nagoya verpflichtet, 17 Prozent seiner terrestrischen Ökosysteme unter effektiven Schutz zu stellen und seine Wälder so zu bewirtschaften, dass die biologische Vielfalt keinen Schaden nimmt.
Verantwortung für Buchenwälder und die Reduzierung des Papierverbrauchs
Deutschland beherbergt etwa ein Viertel des natürlichen Verbreitungsgebietes der Rotbuche. Kein anderes Land hat einen vergleichbar hohen Anteil an diesem Areal und viele Buchenwaldtypen kommen nur hier vor. Doch nur noch kleine Reste sind erhalten. Alte, naturnahe Buchenwälder zählen heute zu den am meisten bedrohten Lebensräumen. Deutschland trägt daher eine besondere globale Verantwortung für das weltweit einzigartige Naturerbe Buchenwälder. Darum muss die Erhaltung und die großflächige Entwicklung natürlicher und naturnaher Buchenwälder in Deutschland durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden.
Frei nach dem Motto „Verbrauchst du noch oder nutzt du schon?„ sind der nachhaltigen Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz Grenzen des Wachstums gesetzt. Deshalb sollte die Charta für Holz nicht das Ziel verfolgen, den Holzverbrauch pro Kopf zu steigern, sondern zu einer intelligenten Nutzungsstrategie für Holz weiterentwickelt werden. Hilfreich wäre zum Beispiel der Abbau indirekter Subventionen für energieintensive Baustoffe, denn die Klimaschutzwirkung von Holz lässt sich vor allem durch den Ersatz solcher Produkte fördern. Stoffliche Nutzung und das Holzrecycling bringen mehr für den Klimaschutz als die Verbrennung von Holz. Außerdem könnte viel Holz gespart werden, indem wir beispielsweise unseren Papierverbrauch halbieren. Jeder Bundesbürger verbraucht jährlich 250 Kilogramm Papier! Abzulehnen sind die Steigerung des Holzeinschlags, der verstärkte Anbau exotischer Baumarten und die tendenzielle Abkehr von der Wertholzproduktion zugunsten billiger Massensortimente.
Deutsche Wälder könnten mehr Kohlenstoff speichern
Der Wald in Deutschland war noch 1990 eine bedeutende Senke für das Treibhausgas CO2. Die Holzvorräte sind stetig auf 320 Kubikmeter pro Hektar angestiegen. In natürlichen Wäldern würde aber weit mehr als das Doppelte gespeichert und naturnah wirtschaftende Forstbetriebe erzielen auch bei Vorräten um 550 Kubikmeter pro Hektar hohe Erträge. Doch mit den von der Bundesregierung vorgesehenen und an das UN-Klimasekretariat gemeldeten Holzeinschlagmengen würden die Holz- und Kohlenstoffvorräte im deutschen Wald massiv abgebaut werden. Die dadurch verursachten CO2-Emissionen können nicht durch langlebige Holzprodukte oder durch den Ersatz fossiler Energieträger ausgeglichen werden. Damit der Wald nicht selbst zum Verursacher des Klimawandels wird, darf nicht so viel Holz geerntet werden. Mit der flächendeckenden Erhöhung der Vorräte könnten die Wälder wieder zu einer bedeutenden Senke für CO2 werden.
Geht es den Wäldern wirklich so schlecht?
Der Druck auf die Wälder nimmt zu. Die endlichen fossilen Rohstoffe werden knapper und der Holzverbrauch steigt. Und der Raubbau findet nicht nur in Entwicklungsländern statt. Zwar werden immer noch riesige Tropenwaldflächen gerodet, um Holzplantagen anzulegen oder Palmöl zu produzieren. Doch auch in den nordischen, den borealen Wäldern, steigt der Nutzungsdruck. Ein Beispiel ist zurzeit in Schweden zu beobachten. Wie der größte schwedische Naturschutzverband SSNC (Swedish Society of Nature Conservation) dokumentiert, bewahren weder das dortige Forstgesetz noch freiwillige Verpflichtungen der Waldbesitzer zur Einhaltung von Zertifizierungsstandards die wenigen noch in ihrer Ursprünglichkeit erhaltenen Waldgebiete vor der Zerstörung durch Kahlschlag. (3) Mehr als 20 Prozent des Zellstoffs für das in Deutschland verwendete Papier stammen aus schwedischen Wäldern.
In der durch jahrzehntelange Kahlschlagwirtschaft geprägten schwedischen Waldlandschaft sind nur noch etwa zehn Prozent der Waldfläche in einem naturnahen Zustand erhalten geblieben. Lediglich ein Bruchteil davon steht unter gesetzlichem Schutz. Die Erhaltung dieser Überreste an naturnahen Waldstandorten ist die wichtigste Forderung schwedischer Umweltverbände, damit die jetzt schon erschreckend lange Rote Liste der bedrohten Arten nicht noch länger wird.
Anmerkungen
(1) Kontakt zum Kampagnenbüro in Bonn: Tel. +49 (0)228 / 9968457330, Fax 68457111, E-Mail: kampagnenbuero@wald2011.de
(2) Waldstrategie 2020 Entwurf des BMELV. Stellungnahme in 10 Punkten von BUND, DNR, Forum Umwelt & Entwicklung, Greenpeace, NABU und WWF. www.kurzlink.de/ngo-wald2020.pdf
(3) www.robinwood.de/577.0.html
» zurück
|
|
|
|
|
|