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Aktuell

Klagerecht für Umweltverbände gestärkt

Europäischer Gerichtshof stärkt Klagerechte von Umweltverbänden

BUND: „Herausragender Erfolg zur Stärkung der Bürgerrechte“
Chancen zur Verhinderung umweltschädlicher Kohlekraftwerke steigen


BUND Pressemitteilung, 12.5.11

Luxemburg/Düsseldorf/Berlin: Mit einem Urteil von bundesweiter Bedeutung hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Klagerechte von Umweltverbänden gegen industrielle Großvorhaben wie der Bau von Kohlekraftwerken gestärkt. Hintergrund des Grundsatzurteils ist die Klage des nordrhein-westfälischen Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen das geplante Trianel-Steinkohlenkraftwerk in Lünen. Nach deutschem Recht war eine gerichtliche Kontrolle bislang stark begrenzt. Dies widerspricht jedoch europäischem Recht, das ein Klagerecht bei allen Vorhaben vorsieht, die Interessen der Allgemeinheit tangieren.

„Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist ein herausragender Erfolg zur Stärkung der Bürgerrechte in Genehmigungsverfahren für industrielle Großvorhaben“, sagte der stellvertretende BUND-Vorsitzende Klaus Brunsmeier. „Umweltverbände in Deutschland und überall in Europa können künftig die umfassende gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit umweltrelevanter Bauvorhaben und Industrieanlagen erwirken.“

Bisher konnten Umweltverbände in Deutschland rechtswidrige Beeinträchtigungen der Umwelt durch Kohlekraftwerke und andere nach dem Bundesimmissionsschutzrecht zu genehmigende Anlagen nur in äußerst eingeschränktem Umfang gerichtlich prüfen lassen. Ausgerechnet Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz der Natur, des Wassers oder der vorsorgenden Luftreinhaltung konnten von Umweltverbänden nicht vor Gericht geltend gemacht werden. In einem vom Münsterschen Oberverwaltungsgericht dem EuGH vorgelegten so genannten Vorabentscheidungs-Ersuchen ging es deshalb um die Frage, ob diese Einschränkung der Klagerechte mit europäischem Recht vereinbar sei.

„Diese Frage wurde eindeutig zu unseren Gunsten entschieden“, begrüßte Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND in Nordrhein-Westfalen das Urteil. „Mit dem Urteil steigen auch die Chancen des BUND, als Anwalt von Umwelt- und Naturschutz überflüssige und klimaschädliche Kohlekraftwerke zu verhindern.“

Ganz konkrete Auswirkungen habe das EuGH-Urteil aktuell vor allem auf die BUND-Klagen gegen die geplanten Kohlekraftwerke in Lünen und Datteln in Nordrhein-Westfalen. Derzeit werden beide Kraftwerke wegen der laufenden Klagen von den Betreibern auf eigenes Risiko gebaut. Setzt sich der BUND in den weiteren Verfahren durch, müssten die milliardenteuren Bauten wieder abgerissen werden.

Der BUND erwarte jetzt von der Bundesregierung, das deutsche Recht zügig an die europarechtlichen Vorgaben anzupassen. Unabhängig davon sieht der BUND die Politik und die Verwaltungen in der Pflicht, für rechtswidrig erkannte Vorhaben wie den Schwarzbau des Dattelner Kraftwerks zu stoppen. Der Umgang mit massiven Rechtsverstößen dürfe nicht davon abhängig sein, ob der BUND klagt oder nicht. Politik und Verwaltungen dürften sich nicht aus der Verantwortung stehlen und den Umwelt- und Naturschutz in die alleinige Obhut von Umweltverbänden oder von Gerichten stellen.


Klagerechte von Umweltverbänden erweitert

Europäischer Gerichtshof stärkt Zugang zu deutschen Gerichten

BMU Pressemitteilung, 12.5.11

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einem heute (12. Mai 2011) verkündeten Urteil die Klagerechte von Umweltverbänden erweitert. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG), das seit Dezember 2006 anerkannten Umweltvereinigungen den Zugang zu Gerichten ermöglicht, setzt danach die Vorgaben des europäischen Rechts nicht vollständig um. Deutschland muss nun das UmwRG an das europäische Recht anpassen. Bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung können sich anerkannte Umweltvereinigungen zur Begründung ihrer Klagerechte unmittelbar auf europäisches Recht berufen.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen begrüßte, dass mit dem Urteil jetzt Rechtsklarheit herr-sche: "Es stellt sich immer mehr heraus, dass die frühzeitige Beteiligung von Bürgern und Verbänden bei großen Infrastrukturvorhaben am Ende der Akzeptanz und damit der Realisierbarkeit dient. Das sollten wir bei der Umsetzung des Urteils berücksichtigen."

Nach Ansicht des EuGH wird der Zugang von Umweltverbänden zu Gerichten in Deutschland unzulässig eingeschränkt. Anerkannte Umweltvereinigungen können bisher nur Verletzungen derjenigen Umweltvorschriften rügen, die auch betroffene Bürgerinnen und Bürger zu einer Klage berechtigen würden (sogenannte "subjektive Rechte"). Damit gibt es bislang keine Rechts-schutzmöglichkeiten gegen die Verletzung von Vorschriften, die die Umwelt als solche schützen, beispielsweise Vorsorgeregelungen im Immissionsschutzrecht oder weite Teile des Gewässerschutzrechts. Das europäische Recht verlangt jedoch nach Ansicht des EuGH einen weitergehenden Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Dem Urteil zufolge müssen Umweltverbände zumindest alle für die Zulassung eines Vorhabens maßgeblichen Umweltvor-schriften vor Gericht geltend machen können, die auf Recht der Europäischen Union basieren.

Das Urteil des EuGH erging auf Vorlage des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Bei dem Gericht ist eine Klage des BUND Nordrhein-Westfalen gegen die Zulassung eines Steinkohlekraftwerks in Lünen anhängig.




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