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Aktuell
EU-Agrarreform
EU-Agrarausschuss will Agrarreform aushöhlen
BUND: EU-Parlament muss ökologische Reform auf Kurs bringen
BUND Pressemitteilung, 24.1.13
Berlin/Brüssel: "Der EU-Agrarausschuss hat durch das Abschmettern von Umweltauflagen dem Umwelt- und Naturschutz in der Landwirtschaft einen herben Schlag versetzt", kritisierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die gestrige Entscheidung des EU-Agrarausschusses zur Agrarreform. "Die EU-Parlamentarier, die diesen Beschluss mittragen schaden nicht nur dem Naturschutz und der Artenvielfalt, sie gefährden auch die gesellschaftliche Akzeptanz für die Verteilung von Agrarsubventionen schwer. Milliarden an Steuergeldern sollen weiter ohne verbindliche Gegenleistung an die Agrarindustrie verschenkt werden. Setzt der Agrarausschuss sich mit seinem Bremsmanöver durch, dann werden Steuergelder weiter dazu beitragen, dass die Natur zerstört, Mensch und Tier krank werden und kleinere bäuerliche Betriebe zugrunde gehen", sagte der BUND-Vorsitzende. Stattdessen müssten Landwirte, die weiter Agrarsubventionen aus Brüssel erhalten wollen, im Gegenzug endlich Umwelt- und Tierschutzleistungen erbringen, forderte Weiger.
Das EU-Parlament müsse korrigierend einschreiten und seine neu geschaffene Mitsprachemöglichkeit in der Agrarpolitik gegen eine bauern-, umwelt- und tierfeindliche Agrarpolitik nutzen. Es müsse die Reformvorschläge der EU-Kommission verbessern statt zu verschlechtern. Dazu habe es bereits sinnvolle Beschlüsse gefasst, denen der Agrarausschuss nun eklatant widerspreche.
Weiger kritisierte vor allem auch die deutschen konservativen und liberalen EU-Abgeordneten, die durch ihre Blockadehaltung gegen wirksame Umwelt- und Naturschutzstandards in der Landwirtschaft zu den Hauptverantwortlichen für diese enttäuschenden Entscheidungen im Agrarausschuss der EU gehörten.
NABU kritisiert massive Verwässerung der EU-Agrarreform
Tschimpke: EU-Agrarausschuss ignoriert Anliegen der Verbraucher
NABU Pressemitteilung, 24.1.13
Berlin/Brüssel Der NABU kritisiert das gestrige Abstimmungsergebnis im Agrarausschuss des Europaparlaments als massive Verwässerung der Reform der EU-Agrarpolitik. Mit einer Mehrheit von konservativen und liberalen Abgeordneten, darunter auch sämtlichen deutschen Vertretern beider Fraktionen, hatte der Ausschuss für zahlreiche Änderungsvorschläge gestimmt, die die zaghaften Ansätze der EU-Kommission zur Ökologisierung der Agrarpolitik restlos aufweichen. „Das Abstimmungsergebnis ist ein unvertretbarer Kniefall vor der Agrarlobby. Einige Agrarpolitiker scheinen noch immer nicht verstanden zu haben, dass nur eine umwelt- und verbrauchergerechte Landwirtschaft Anspruch auf Unterstützung durch die Steuerzahler hat“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Die im Agrarausschuss mehrheitlich beschlossenen Kompromisse verwässern die Vorschläge der Europäischen Kommission für ein „Greening“ der Direktzahlungen an Landwirte bis zur Unkenntlichkeit. So sollen ökologische Vorrangflächen wie Blühstreifen oder Hecken nach Ansicht der Agrarpolitiker anstatt auf sieben Prozent zunächst nur auf drei, später auf fünf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen geschaffen werden. Vorrangflächen gelten als Kernstück und wichtigste Maßnahme des „Greenings“, sie tragen zum Schutz von Boden, Wasser und biologischer Vielfalt bei und müssten nach Expertenmeinung rund zehn Prozent der Agrarflächen umfassen.
Darüber hinaus sollen die Anforderung an eine vielfältigere Fruchtfolge auf zwei Fruchtarten reduziert werden, wobei eine der beiden Kulturen bis zu 80 Prozent ausmachen darf. Die Auflagen sollen zudem nicht einmal verpflichtend für den Erhalt der vollen Direktzahlungen aus Brüssel sein. Schließlich sollen nach Vorstellung der Agrarpolitiker auch Gelder aus der sogenannten „zweiten Säule“ der Agrarpolitik, die der nachhaltigen Entwicklung ländlicher Räume und der naturverträglichen Landwirtschaft dienen soll, in Direktzahlungen umgeleitet werden können. Dabei ist diese Säule ohnehin mit nur 30 Prozent der Mittel knapp ausgestattet.
„Die Bürger Europas erwarten zu Recht, dass die Landwirtschaft für die Agrarmilliarden, die sie erhält, auch gesunde Lebensmittel produziert, saubere Gewässer erhält und eine artenreiche Landschaft bewahrt. Die Zeiten von Maiswüsten, riesigen Schweineställen und dem großflächigen Verlust von Wiesen und Weiden sind endgültig vorbei“, so Tschimpke.
Der NABU forderte die Abgeordneten des Europaparlamentes auf, bei den Abstimmungen im Plenum im März dem Votum der Agrarpolitiker nicht zu folgen. Da das Europaparlament erstmals volle Mitbestimmungsrechte in der Agrar- und Haushaltspolitik habe, müsse es als Bürgerkammer auch die Interessen der Steuerzahler und Verbraucher vertreten. „Ansonsten wird das angekündigte 'Greening' der Agrarpolitik zum 'Greenwashing'. Dies kommt einem Subventionsbetrug zu Lasten der biologischen Vielfalt gleich“, warnte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Der Agrarhaushalt macht derzeit etwa 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts aus, etwa 58 Milliarden Euro pro Jahr.
Agrarsubventionen: Doch keine grüne Reform?
Von Martin Hofstetter, Greenpeace-Online, 25.1.13
Über 40 Prozent des EU-Haushaltes fließen in die "Gemeinsame Agrarpolitik". Doch Anreize für eine umweltverträgliche Landwirtschaft setzt die EU nicht. Stattdessen sind es häufig Golfclubs oder Pferdestallbesitzer, die mit gemähtem Rasen vor der Haustüre von den Subventionen profitieren. Damit nachvollziehbar ist, wer die Subventionen bekommt, wurde zumindest eine Verordnung auf den Weg gebracht, die die Veröffentlichung der Daten vorschreibt. Doch die Agrarlobby widersetzt sich.
Doppelt schlechte Nachrichten aus Brüssel: Dort hat der Agrarausschuss des Europaparlaments gegen eine Veröffentlichung der Agrarsubventionsempfänger gestimmt. Zudem spricht er sich gegen die Vorschläge des EU-Agrarkommissars Dacian Ciolos aus, die Beihilfen der Landwirtschaft gerechter und ökologischer zu verteilen.
Agrarsubventionen für Golfclubs
Greenpeace hatte über eigene Recherchen in der Vergangenheit wiederholt aufgedeckt, in welch eigenartige Kanäle EU-Agrarsubventionen fließen. Als Steuerzahler kann man darüber nur den Kopf schütteln: Von der deutschen Lufthansa über Waffenexporteure, von Golfclubs bis zu milliardenschweren adeligen Pferdestallbesitzern, vom Energiekonzern RWE bis zu Chemie- und Pestizidmultis wie Monsanto und BASF. Und es handelt sich dabei nicht um Peanuts. Jedes Jahr werden in der EU etwa 60 Milliarden Euro Steuergelder für den Agrarbereich verteilt. Hauptnutznießer sind dabei jedoch weniger bäuerliche Betriebe, sondern vor allem Agrarindustrie und Lebensmittelkonzerne.
Die EU Kommission erkannte Regelungsbedarf und sorgte per Verordnung dafür, dass alle Subventionsempfänger in der EU online veröffentlicht werden. Das erregte erheblichen Widerstand von Agrarlobby und Bauernverband. Sie schickten zwei Bauern aus Hessen vor, die vor dem europäischen Gerichtshof gegen die Veröffentlichung klagten und in Teilen Recht bekamen. Daraufhin hat nun die EU einen neuen verbesserten Vorschlag für die Veröffentlichung vorgelegt. In Zukunft sollen Kleinempfänger ausgenommen werden. Zudem sollte erkenntlich sein, warum und für welche Maßnahme die Gelder eigentlich an die Empfänger geflossen sind.
Doch warum nun der erneute Widerstand, diesmal im Europaparlament, gegen eine zukünftige Veröffentlichung? Dazu muss man Folgendes wissen: Agrarkommissar Ciolos hat im vergangenen Jahr einen Reformvorschlag zur europäischen Agrarpolitik vorgelegt. Bestimmte Empfänger, wie Industrieunternehmen oder Golfplatzbesitzer, sollten in Zukunft ganz aus den Zahlungen für die Landwirte ausgeschlossen werden. Zugleich sollten die Gelder an Landwirte nur noch fließen, wenn sie bestimmte Umweltmaßnahmen auf ihren Höfen umsetzten: Wegen der Klimagase kein Acker in Grünland umbrechen, weniger Getreide und Mais in Monokulturen anbauen und auf sieben Prozent ihrer Äcker keine Pestizide und keinen Dünger ausbringen. Eigentlich sind die Vorschläge nur ein Reförmchen - aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Aigner und Merkel gegen Ökoreform
Doch daraus wird wohl nichts. Der Widerstand der alten Agrarlobby gegen die grüne Reform ist riesig. Im Europaparlament werden seit Monaten die Abgeordneten der konservativen Parteien intensiv von der Industrie bearbeitet. Und in Deutschland hat sich längst Ilse Aigner vor den Karren der Industrie spannen lassen. Doch nun wurde offenkundig, dass auch Kanzlerin Merkel sich beim Treffen der Regierungschefs am 7. und 8. Februar gegen die Ökovorschläge von Ciolos aussprechen wird. Damit aber werden die Reformvorschläge völlig ausgehöhlt. Das Greening wird zur Farce.
Greenpeace unterstützt die Reformvorschläge von Ciolos und lehnt die staatlich subventionierte Umweltbelastung, die Ministerin Aigner und nun auch noch Kanzlerin Merkel vertreten, vehement ab.
Angesichts der zunehmenden Belastung der Umwelt durch die Intensiv-Landwirtschaft stellt sich die Frage, ob konventionelle Agrarbetriebe dann überhaupt noch finanziell unterstützt werden sollten. Wofür eigentlich?
Großdemonstration in Berlin fordert Abkehr von Agrarindustrie
25.000 Demonstranten erwarten von Kanzlerin Merkel ökologische und soziale Reformen in der Landwirtschaft
BUND Pressemitteilung, 18.1.13
Berlin: Zu Beginn der weltweit größten Landwirtschaftsmesse, der "Internationalen Grünen Woche" in Berlin, haben 25.000 Menschen in der Hauptstadt mit einer Großdemonstration grundsätzliche Reformen in der Agrarpolitik gefordert. Unter dem Motto "Wir haben es satt! Gutes Essen. Gute Landwirtschaft. Jetzt!" zogen bereits im dritten Jahr in Folge die Teilnehmer mit Transparenten und in teils phantasievollen Kostümen vom Berliner Hauptbahnhof durch das Regierungsviertel zum Bundeskanzleramt. 70 Traktoren und Imkerfahrzeuge aus dem ganzen Bundesgebiet begleiteten den Protest. Bauern, Verbraucher und Imker demonstrierten gemeinsam dafür, nicht die Interessen der Industrie in den Mittelpunkt der Politik zu stellen sondern die Interessen von Verbrauchern und Landwirten, der Tiere sowie des Natur- und Umweltschutzes. Mit Sprechchören wie "Wer Bauern, Tiere, Bienen quält, der wird nicht gewählt!" bekundeten sie ihre Ablehnung der gegenwärtigen Tendenz zu einer immer stärkeren Industrialisierung der Landwirtschaft. Auf ihren Transparenten kritisierten die Demonstranten unter anderem Tierfabriken, Umweltschäden durch den Einsatz giftiger Pestizide, zunehmenden Preisdruck auf die Erzeuger und die negativen Auswirkungen auf die kleinbäuerlichen Strukturen in den Ländern des Südens.
"Trotz bisher durchgeführter Milchstreiks, dem Bäuerinnen-Camp vorm Kanzleramt und mehrerer Demonstrationen in Brüssel hat sich an der Situation der Milchbauern nichts verbessert", sagte Johanna Böse-Hartje vom Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter. "Die Politik geht den Weg der Liberalisierung, den Weg der Vernichtung bäuerlicher Betriebe weltweit. Das breite Bündnis mit dem wir hier heute stehen, ist der Beweis, dass unsere Forderungen nach Marktregeln und einer Umgestaltung der Agrarpolitik in der Gesellschaft angekommen sind. Nur wenn Bauern und Bürger zusammen für eine Reform der Agrarpolitik stehen, können wir unsere Bauernhöfe erhalten und erreichen, dass wir endlich unter fairen Bedingungen gesunde Lebensmittel erzeugen können."
Uschi Helmers von der Bürgerinitiative gegen einen riesigen Geflügelschlachthof im niedersächsischen Wietze, die mit über 200 Bürgerinitiativen zum Bündnis "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" gehört, forderte: "Es darf den Politikern nicht egal sein, wenn ausländische Arbeiter für drei Euro fünfzig Cent Stundenlohn in deutschen Schlachthöfen ausgebeutet werden oder dass für unser Tierfutter der Regenwald in Südamerika abgeholzt wird. Riesenschlachthöfe wie der in Wietze geplante sind tier- und menschenfeindlich und außerdem völlig überflüssig." Mit Blick auf die Landtagswahlen am Sonntag in Niedersachsen forderte Helmers "eine Agrarpolitik zum Wohle der Tiere, der Menschen und der Umwelt."
Die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt und Misereor lenkten den Blick auf die Auswirkungen der EU-Agrarpolitik auf Entwicklungs- und Schwellenländer. "Die heutige Agrarpolitik Europas bedroht die Existenz vieler Bauernfamilien in den armen Ländern. Die Steigerung unserer landwirtschaftlichen Produktion und der Agrarexporte lindert den Hunger nicht, das Gegenteil ist der Fall", erklärte Klaus Seitz, Leiter der Politikabteilung von Brot für die Welt-Evangelischer Entwicklungsdienst.
Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), kritisierte in seiner Rede vor dem Kanzleramt am Schluss der Großdemonstration: "Hoffentlich hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Rundgang auf der Grünen Woche nicht von den potemkinschen Dörfern der Agrarindustrie blenden lassen. Hinter dem schönen Schein der Messestände verbergen sich millionenfaches Tierleid, ein exorbitanter Antibiotikaeinsatz bei Masttieren und enorme Belastungen der Umwelt durch die Massentierhaltung. In der Agrarpolitik Deutschlands und der Europäischen Union sind neue Weichenstellungen überfällig. Die Bundesregierung mit Kanzlerin Merkel und Agrarministerin Aigner muss endlich dafür sorgen, dass bäuerliche Betriebe anstatt vor allem Tierfabriken gefördert werden." Eine solche Politik nütze nicht nur dem Tierschutz und den Landwirten, sie schaffe auch die Voraussetzungen für mehr Umwelt- und Verbraucherschutz.
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