powered by <wdss>
Aktuell

Aufweichung von EU-Naturschutzrecht?

EU-Umweltminister warnen vor Aufweichung des Naturschutzrechts in der EU

Brandbrief an Umweltkommissar Karmenu Vella

BMUB Pressemitteilung, 27.10.15

Die Umweltminister von neun EU-Ländern haben die EU-Kommission vor einer Aufweichung der europäischen Richtlinien zum Naturschutz gewarnt. Die beiden Richtlinien zum Vogelschutz und zu Natura 2000 hätten "ihren Wert unter Beweis gestellt" und seien "ein wesentlicher Bestandteil des Biodiversitätsschutzes in Europa" geworden, heißt es in einem Brandbrief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella vom 26. Oktober. Zu den neun Unterzeichnerinnen gehören Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und ihre französische Kollegin Ségolène Royal sowie die Umweltressortchefs von Italien, Spanien, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowenien und Luxemburg. Anlass für die Intervention der Umweltministerinnen ist ein "Fitness-Check" (REFIT), mit dem die Kommission die Naturschutz-Richtlinien unter der Fahne des Bürokratieabbaus derzeit einer Prüfung unterzieht.

Die beiden Richtlinien zum Vogelschutz und zu Natura 2000 hätten "ihren Wert unter Beweis gestellt" und seien "ein wesentlicher Bestandteil des Biodiversitätsschutzes in Europa" geworden, heißt es in dem Schreiben. "Ohne sie wird es ein Ding der Unmöglichkeit, die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020 zu erreichen." Statt über Änderungen der Richtlinien nachzudenken komme es vielmehr darauf an, sie zu stärken und ihre Umsetzung weiter voranzubringen. Die mit den Richtlinien geschaffene Rechtssicherheit für alle Beteiligten dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Zuvor hatten sich bereits über 500.000 EU-Bürgerinnen und Bürger bei einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission für die unveränderte Beibehaltung der Richtlinien ausgesprochen.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Ich sehe unser Schreiben als wichtigen Beitrag für die Schlussfolgerungen, die Umweltkommissar Vella aus dem laufenden Überprüfungsprozess ziehen wird und hoffe, dass die Stimme so vieler Mitgliedstaaten genauso gehört wird wie die der EU-Bürger- und EU-Bürgerinnen."

Auf einer Konferenz am 20. November 2015 will EU-Kommissar Vella die Ergebnisse des "Fitness-Checks" vorstellen, bevor er 2016 seine Schlussfolgerungen daraus vorlegen wird. Durch die EU-Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie – kurz FFH-Richtlinie – wurde in den letzten 30 Jahren das weltweit größte Schutzgebietsnetz Natura 2000 aufgebaut. Es deckt über 15 Prozent der Fläche Deutschlands ab und umfasst EU-weit über 26.000 Schutzgebiete.


NABU begrüßt Allianz der Umweltminister zum Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien

Tschimpke: Richtlinien sind Erfolgsgaranten für Europas Natur

NABU Pressemitteilung, 27.10.15

Berlin/Luxemburg – Der NABU begrüßt das am gestrigen Montag von neun Ländern geschmiedete Bündnis zum Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien. Auf Initiative von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks unterzeichneten in Luxemburg acht weitere Umweltminister einen gemeinsamen Brief an die EU-Kommission, in dem sie sich gegen die Öffnung der beiden wichtigsten EU-Naturschutzrichtlinien aussprechen. Stattdessen fordern sie eine bessere Umsetzung der für Europas Natur so wichtigen Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Richtlinie.

„Die Initiative von Bumdesumweltministerin Hendricks kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ihr klares Bekenntnis für die Naturschutzrichtlinien ist ein wichtiges Signal an alle anderen EU-Länder und die Kommission“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatte sich Hendricks in Brüssel gegen eine Aufweichung der Richtlinien ausgesprochen. „Die Bundesländer lehnen, ebenso wie Landwirtschaftsminister Schmidt und ich, jegliche Änderungen an den EU-Naturschutzrichtlinien ab“, sagte Hendricks bei einer Veranstaltung zum sogenannten „Fitness-Check“. Unter diesem Titel überprüft die EU-Kommission derzeit die beiden Richtlinien. Der NABU und viele weitere Umweltverbände befürchten, dass damit Naturschutzstandards in allen EU-Ländern herabgesetzt werden sollen. Barbara Hendricks wies am Donnerstag in Brüssel auf die Tragweite der Entscheidung hin. Eine Öffnung der Richtlinien gefährde unter anderem die für die Wirtschaft so wichtige Planungs- und Rechtssicherheit, warnte die Ministerin.

Ähnlich hatte sich zuletzt auch ihre luxemburgische Amtskollegin und derzeitige Vorsitzendes des EU-Umweltministerrats, Carole Dieschbourg, geäußert. Sie unterzeichnete gestern ebenso das Schreiben wie die Umweltminister aus Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Slowenien, Rumänien und Kroatien, das im Rahmen des Umweltminsterrates an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella übergeben wurde.

Im Sommer hatten sich bei einer Online-Konsultation der EU bereits mehr als 520.000 EU-Bürger für den Erhalt der Richtlinien ausgesprochen. Es war die mit Abstand erfolgreichste Befragung der Kommission aller Zeiten. „Der lautstarke Wunsch der Bürger ist in Brüssel und den EU-Mitgliedstaaten angekommen. Davon zeugt die Forderung der neun Umweltminister. Es liegt jetzt an der EU-Kommission, diese Signale wahrzunehmen und konkrete Vorschläge zu machen, wie die Richtlinien besser umgesetzt werden können“, so Tschimpke.

Erst Anfang Oktober hat die EU-Kommission selbst eindrucksvoll nachgewiesen, wie erfolgreich und wirkungsvoll die Richtlinien zum Schutz der Natur sind. In ihrem Halbzeitbericht zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie kam sie zu dem Ergebnis, dass die beiden Richtlinien von entscheidender Bedeutung zur Erreichung der von den Staats- und Regierungschefs beschlossenen Ziele zum Stopp des Artensterbens bis 2020 sind. „Die Naturschutzrichtlinien der EU haben schon Millionen von Zugvögeln das Leben gerettet und unzählige Naturschätze vor der Zerstörung bewahrt. Jean-Claude Juncker sollte diese funktionierenden Gesetze nicht aufbohren“, so Tschimpke.

Am 20. November will die EU-Kommission erste Ergebnisse des „Fitness Check“ präsentieren und Anfang 2016 ihre Vorschläge zum weiteren Vorgehen vorstellen, die dann zwischen Kommission, Rat und EU- Parlament beraten werden müssen.




» zurück
 

Druckversion