|
|
Aktuell
Protest zu Hambacher Wald
Ein Wald sieht rot
Aktivisten ziehen heute im Rheinland eine rote Linie, zu der sich die Politik nicht durchringen kann: Ganz buchstäblich vor dem Hambacher Forst, symbolisch für den Klimaschutz.
Von Michael Weiland, Greenpeace-Online, 26.8.17
Keinen Schritt weiter ist die Bundesregierung beim Ausstieg aus der Kohleenergie. Einen verbindlichen Zeitplan gibt es nicht, nach wie vor sind die ältesten und dreckigsten Braunkohlekraftwerke am Netz. Und noch immer sind neue Tagebaue geplant, für die man Menschen aus ihren Heimatorten vertreibt und hektarweise Naturlandschaften zerstört. Darum sagen Aktivisten aus ganz Deutschland heute bei Kerpen in Nordrhein-Westfalen ihrerseits: Keinen Schritt weiter.
Vor dem Hambacher Forst ziehen sie eine nicht bloß symbolische rote Linie. Mit signalroter Kleidung, Schildern und Schirmen stellen Umweltschützer aus ganz Deutschland klar, was es zu bewahren gilt. Der Hambacher Wald ist Heimat streng geschützter Tierarten wie etwa der Bechsteinfledermaus ein unersetzliches Biotop, das der überholten und klimafeindlichen Braunkohleenergie zum Opfer zu fallen droht, während Bundes- und Landesregierung die Energiekonzerne gewähren lassen.
Dabei ist unumstritten: Um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Obergrenze der Erderhitzung nicht zu überschreiten, müssen die Braunkohlereserven im Boden bleiben. Die Welt verkraftet höchstens einen durchschnittlichen Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau; produzieren Kohlekraftwerke weiter unseren Strom, ist das nicht zu schaffen. Die Klimabilanz Deutschlands stagniert, und das nur aufgrund der Kohle. Zwar geht der Ausbau der Erneuerbaren Energien voran, in den CO2-Emissionen schlägt sich das allerdings nicht nieder: Sie waren im vergangenen Jahr so hoch wie 2006.
Die schmutzigste Energie
Die warnende rote Linie vor dem Hambacher Forst ist auch eine Grenze für die verfehlte deutsche Energiepolitik. Braunkohle ist die denkbar schmutzigste Energieform: Ihr Abbau verschlingt gewaltige Ressourcen, weil die Flöze teils mehr als 400 Meter tief liegen; sie erzeugt vergleichsweise wenig Energie. Ihre Verbrennung erzeugt mehr CO2 als die ebenfalls dreckige Steinkohle: Eine Tonne Braunkohle setzt bei der Verstromung immer eine Tonne klimaschädliches Kohlendioxid frei. Zum Dreck kommen Landschaftsschäden und die gesellschaftlichen Folgen, wenn ganze Dörfer gegen den Willen der Einwohner umgesiedelt werden.
Deshalb luden Greenpeace, BUND, NABU und die Klima Allianz zu der friedlichen Protestaktion. Gemeinsam weisen sie auf einen Widerspruch hin, den die vermeintliche Klimakanzlerin Angela Merkel nicht auflösen kann: Alle wertvollen Errungenschaften der Energiewende sind nichtig, wenn Deutschland nicht endlich aus der Kohleenergie aussteigt. Wenn es nach der Politik in Nordrhein-Westfalen und dem Energiekonzern RWE geht, sollen sich im Rheinland mindestens bis zum Jahr 2045 die Braunkohlebagger weiter durch das Land fressen. Dem stellen sich die Aktivisten heute entgegen: bis hierhin, nicht weiter.
"Rote Linie gegen Kohle": Demonstration am Tagebau Hambach
Klima- und Umweltschützer fordern schnellen Kohleausstieg
BUND Pressemitteilung, 26.8.17
Tagebau Hambach/Kerpen: 3.000 Klimaschützer haben heute am Braunkohlentagebau Hambach eine "Rote Linie gegen Kohle" gezogen, um damit ihre Forderung nach einem schnellen Kohleausstieg zu unterstreichen.
Die Klimabewegung sendet damit ein starkes Signal aus dem Rheinischen Kohlerevier an die Politik in Bund und Ländern, sich dem Ausstieg nicht länger zu verweigern. Zu der Demonstration aufgerufen haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die BUNDjugend, Greenpeace, die Klima-Allianz Deutschland und der Naturschutzbund Deutschland.
"Mit der 'Roten Linie' stellen wir uns schützend vor den Hambacher Wald und die betroffenen Dörfer. Unsere Linie ist ein Symbol für die Grenze der gefährlichen Erderwärmung, die nicht überschritten werden darf und zugleich für die Grenze des Abbaus der Kohle", heißt es in dem gemeinsamen Aufruf zur Demonstration. Die Verbände fordern einen schnellen und sozialverträglichen Kohleausstieg und die aktive Gestaltung des Strukturwandels. Die Braunkohlenreviere, die Beschäftigten und die vom Braunkohlenbergbau Betroffenen bräuchten endlich Klarheit über das Ende der Kohleförderung. Nur so könnten auch Konflikte sozialgerecht und friedlich gelöst werden.
Von der 'Roten Linie' versprechen sich die Klimaschützer ein starkes Signal im Vorfeld der Bundestagswahl. "Bis hierhin und nicht weiter" ist das Motto. Gerade jetzt brauche es ein unübersehbares Zeichen gegen die Kohle-Vorrangpolitik. Energiewendeland und gleichzeitig Kohleland zu sein passe nicht zusammen. Gleichzeitig kündigten die Klimaschutz-Verbände weitere Massenproteste zum UN-Klimagipfel (COP23) im November in Bonn an.
Prof. Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: "Klimaschutz wird zur Makulatur wenn Kohlekraftwerke ungedrosselt weiter laufen. Der Kohleausstieg muss ganz oben auf die Agenda der nächsten Bundesregierung. Nur so sind auch die Landesregierungen in den Braunkohle-Ländern zu stoppen, die mit ihrer Pro-Kohle-Agenda die deutsche Klimapolitik sabotieren. NRW darf noch höchstens ein Viertel der vorgesehenen Braunkohlemengen abbauen, sonst sind die internationalen Klimaschutz-Verpflichtungen Deutschlands nicht zu halten. Der Verlust des wertvollen Hambacher Waldes durch die Braunkohlebagger ist trauriges Symbol der überflüssigen Zerstörung und muss gestoppt werden."
Verena Leyendecker, BUNDjugend: "Dass so viele junge Menschen insbesondere in den letzten Tagen hier lautstark und friedlich protestiert haben, sollte RWE und ganz besonders der Politik gezeigt haben: Uns ist nicht egal, dass ihr unsere Zukunft verfeuert. Die Folgelast über die wir hier reden - insbesondere die Erderwärmung und Ewigkeitsschäden -, die betrifft kaum noch die Personen, die heute darüber entscheiden. Die betrifft uns. Die betrifft unsere Generation.“
NABU unterstützt Anti-Kohle-Proteste im Rheinland
Miller: Wer sich im Wahlkampf gegen strenge Grenzwerte für Kohle-Kraftwerke ausspricht, verhöhnt Mensch und Natur
NABU Pressemitteilung, 25.8.17
Berlin Anlässlich der morgigen Rote-Linie-Menschenkette gegen Kohle, zu der Umweltverbände gemeinsam aufrufen, warnt der NABU vor einem Wahlkampf auf Kosten von Umwelt und Gesundheit. „Die vier deutschen Braunkohleländer wettern gegen strenge Umweltweltauflagen der EU für Braunkohle-Kraftwerke. Dieses Verhalten ist mit Blick auf die Bundestagswahlen und auch auf den Klimagipfel im November entlarvend“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Parteien würden Industrieinteressen vor den Klimaschutz stellen, anstatt auch international ein Zeichen zu setzen. „Rot-rot und schwarz-gelb bleiben beim Klimaschutz Papiertiger. Bundeskanzlerin Merkel und ihr Herausforderer Schulz müssen ihre Parteikollegen auf Linie bringen, um die internationale Blamage abzuwenden schließlich ist im November Deutschland auch noch Gastgeber der Staatengemeinschaft zur Klimakonferenz“, so Miller weiter.
Umfrage: Bevölkerung erwartet von der nächsten Bundesregierung einen Fahrplan für den Kohleausstieg
BUND Pressemitteilung, 24.8.17
Berlin: Eine breite Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland befürwortet die baldige Stilllegung von Kohlekraftwerken und erwartet von der nächsten Bundesregierung einen Fahrplan für den Kohleausstieg. Das hat eine aktuelle repräsentative Emnid-Umfrage im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ergeben. Demnach sprachen sich knapp zwei Drittel (59 Prozent) der Befragten dafür aus, Kohlekraftwerke in Deutschland bald stillzulegen. Bei der Frage, ob die nächste Bundesregierung einen Fahrplan für den Kohleausstieg beschließen soll, stimmten 72 Prozent der Befragten zu.
Weiterhin befürworteten 73 Prozent der Befragten, dass Maßnahmen ergriffen werden, um das Klimaziel für das Jahr 2020 zur Begrenzung der Treibhausgase noch zu erreichen. Bisherige Prognosen deuten darauf hin, dass das Klimaziel für 2020 ohne zusätzliche Maßnahmen deutlich verfehlt wird.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sieht in den Ergebnissen der Umfrage einen klaren politischen Auftrag. "Die nächste Bundesregierung darf beim Thema Kohleausstieg nicht länger herumlavieren. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es wichtig, dass das Klimaziel 2020 erreicht wird und sie erwarten, dass die Bundesregierung beim Kohleausstieg handelt. In den nächsten zwei bis drei Jahren müssen umfangreich Kohlekraftwerke stillgelegt werden", forderte Weiger. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens erforderten, dass Deutschland noch vor dem Jahr 2030 aus der Kohle aussteige.
Auch in Nordrhein-Westfalen, wo zurzeit Protestaktionen gegen die klimaschädliche Braunkohle stattfinden und wo Emnid einen repräsentativen Anteil der Bevölkerung befragt hatte, fiel das Ergebnis der Umfrage nahezu gleich aus wie bundesweit. In NRW werde ein Drittel der Treibhausgase Deutschlands emittiert, deshalb brauche es gerade hier den geordneten Abschied von der Kohle und den dynamischen Ausbau erneuerbarer Energien, sagte der BUND-Vorsitzende.
"Die Landesregierungen in den Braunkohle-Ländern hintertreiben mit ihrer rückwärtsgewandten Energiepolitik die notwendigen Klimaschutzanstrengungen. Dieses gefährliche Spiel auf Zeit muss die nächste Bundesregierung durch einen nationalen Kohleausstiegsplan beenden. Pro-Kohle-Politik ist Klientelpolitik zugunsten von Energiekonzernen, nicht im Sinne der Allgemeinheit. Die Wählerschaft ist beim Klimaschutz schon viel weiter als die meisten Politiker. Das muss endlich bei den Entscheidungsträgern im Bund, aber auch in den Kohle-Ländern NRW, Brandenburg und Sachsen ankommen", so Weiger.
» zurück
|
|
|
|
|
|