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Aktuell

Mangelnder Vogelschutz

NABU: Über 2,3 Millionen getötete Singvögel allein auf Zypern

Tschimpke: Klare Positionierung der EU-Kommission für Vogelschutz gefordert

NABU Pressemitteilung, 13.10.17

Berlin – Anlässlich des Besuches von Vertretern der Europäischen Kommission am kommenden Wochenende auf Zypern möchten der NABU und sein Partnerverband BirdLife Cyprus auf die im Juni 2017 beschlossenen Verschlechterungen des Schutzes von Zugvögeln in dem kleinen EU-Mitgliedsstaat aufmerksam machen. Die Jagd von Singvögeln im Mittelmeerraum hat eine lange Tradition, die heute mehr denn je überholt und in den meisten Fällen illegal ist. Nach einer Studie von Birdlife International werden rund um das Mittelmeer jährlich über 25 Millionen Zugvögel geschossen oder gefangen – davon allein 2,3 Millionen auf Zypern.

„Auf Zypern sind es in erster Linie Leimruten und Netze, mit denen ein immenser Schaden an der Natur angerichtet wird. Vogelfänger ermorden die Zugvögel immer weniger zum Eigenbedarf, sondern handeln mit ihnen mancherorts im industriellen Stil“, so Christoph Hein, Sprecher der NABU-Arbeitsgruppe „Migration unlimited“. Schon in einer einzigen Fanganlage mit Dutzenden Metern von langen Netzen oder unzähligen Leimruten werden zehntausende Vögel im Frühjahr und Herbst gefangen und für die Zubereitung des traditionellen Gerichtes Ambelopoulia vermarktet. Eine Unterscheidung in jagdbare oder geschützte Vogelarten gelingt dabei nicht. Darum ist die Jagd mit Fallen und Netzen durch die EU-Vogelschutzrichtlinie europaweit verboten.

„Mit überwältigender Mehrheit hat das zypriotische Parlament im Juni 2017 für eine Änderung des Jagdrechts gestimmt, die zu einer deutlichen Verschlechterung für die Zugvögel geführt hat. Das ist nicht mit der EU-Vogelschutzrichtlinie vereinbar. Die EU-Kommission muss darum bei ihrem Besuch ein klares Signal geben, dass sie die laxen zypriotischen Jagdvorschriften nicht tolerieren wird“, fordert NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Durch die Aufweichung des Jagdgesetzes werden Besitz und Nutzung von bis zu 72 Leimruten nur als geringes Vergehen eingestuft und mit maximal 200 Euro geahndet. Verstöße gegen das Jagdrecht werden seit Juni nur noch mit Bußgeldern belegt, die von der Jagdaufsicht verhängt werden. „Verstöße gegen das Jagdrecht müssen weiterhin vor Gericht bestraft werden. Die Jagdaufsicht in der Republik Zypern muss personell und finanziell deutlich besser ausgestattet werden“, so Tschimpke weiter. Auch der intransparenten Herkunft von gefangenen Vögeln zum Eigenbedarf muss begegnet werden. Dazu bedarf es eines vollständigen Verbots des öffentlichen Verzehrs von Vogelgerichten in Restaurants, der durch die Gesetzesänderung wieder möglich gemacht wurde.

Zum Hintergrund:

Der NABU unterstützt die Naturschutzkollegen von BirdLife auf der Insel Zypern. Die Strategie des NABU zur schrittweisen Eindämmung der illegalen Vogeljagd umfasst neben der direkten Bekämpfung der Wilderei auch umfassende Öffentlichkeitsarbeit und Umwelterziehung. Ein Projekt zur Pachtung von Grundstücken mit Unterstützung des NABU schafft außerdem seit Frühjahr 2017 erste sichere und nahrungsreiche Rastplätze für Zugvögel.


Vogelfunde unter Stromleitungen melden

NABU und Renewables Grid Initiative starten Hotline für besseren Vogelschutz im Stromnetz

NABU Pressemitteilung, 11.10.17

Berlin – Mit der Hotline „Vogelfund und Stromleitung“ starten NABU und die Renewables Grid Initiative (RGI) heute eine Initiative für einen besseren Vogelschutz im Stromnetz. Unter dem Dach von RGI engagieren sich Netzbetreiber und Naturschutzverbände seit 2009 unter anderem für die Belange von Naturschutz bei Netzentwicklung und -betrieb.

Ziel der Hotline ist es, die Informationsgrundlage für künftige Vogelschutzmaßnahmen beim Netzausbau und an bestehenden Leitungen zu verbessern. Über die Hotline können Vogelfunde künftig von jedem telefonisch und auch online beim NABU gemeldet werden. Dort werden alle Informationen von einem Ornithologen systematisch erfasst und ausgewertet.

„Mit der Hotline werden erstmals Daten zu Vögeln als Kollisionsopfern im ganzen Bundesgebiet systematisch erfasst und untersucht. Diese Daten ermöglichen es uns, Handlungsbedarf und geeignete Maßnahmen gegen Vogelkollisionen zu identifizieren und gemeinsam mit den Netzbetreibern umzusetzen“ sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Anders als im Verkehr oder an Windrädern lassen sich die Opferzahlen so mit überschaubarem Aufwand deutlich verringern“, so Miller weiter. Insgesamt sei davon auszugehen, dass in Deutschland jährlich zwischen 1,5 bis 2,8 Millionen Vögel an Hoch- und Höchstspannungsleitungen sterben.

Der NABU und deutsche Übertragungsnetzbetreiber bemühen sich seit Jahren im gegenseitigen Austausch, die Kollisionen von Vögeln mit Stromleitungen zu reduzieren. Vor allem für größere Vogelarten mit seitlichem Sehfeld sind die Leitungen im Flug nicht immer deutlich zu erkennen, so dass Kollisionen dann meist tödlich enden. Häufigste Maßnahme zum Schutz der Vögel ist dabei die Anbringung so genannter Vogelschutzmarker an besonders kritischen Leitungsabschnitten. Bei der Neuplanung von Trassen werden darüber hinaus sensible Vogelvorkommen möglichst frühzeitig berücksichtigt und dann neue Trassen gesucht oder niedrigere Masten eingesetzt. Die durch die Hotline gesammelten Daten werden diese Bemühungen deutlich unterstützen.

Über die Hotline sollen vorrangig Vogelkollisionen mit den Höchstspannungsleitungen gemeldet werden. Aber auch Vogelfunde im Verteilnetz, etwa an stromschlaggefährdenden Mittelspannungsmasten oder andere technisch verursachte Vogeltode werden gesammelt. Diese Daten sind für den NABU auch deshalb von großem Interesse, weil dadurch die Lebensrisiken für unterschiedliche Vogelarten besser verstanden werden können. So ist es möglich Lösungen zu herbeizuführen.

„Ich freue mich, dass die Zusammenarbeit unserer Mitglieder anhand sehr konkreter Projekte vertieft wird“, sagt Antonella Battaglini, CEO der Renewables Grid Initiative. „Dadurch werden unsere Grundprinzipien, wie sie zum Beispiel in der Europäischen Netzerklärung formuliert sind, gemeinsam und damit wirkungsvoller in die Tat umgesetzt.“

Die Vogelfund-Hotline ist werktags unter 030-284 984 5500 erreichbar.


NABU und LBV: Star ist Vogel des Jahres 2018

Imitationstalent unter den Vögeln wird immer seltener

NABU Pressemitteilung, 13.10.17

Berlin/Hilpoltstein – Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und sein bayerischer Partner LBV, Landesbund für Vogelschutz, haben den Star (Sturnus vulgaris) zum „Vogel des Jahres 2018“ gewählt. Auf den Waldkauz, Vogel des Jahres 2017, folgt damit ein Singvogel.

„Der Star ist bekannt als Allerweltsvogel – den Menschen vertraut und weit verbreitet. Doch seine Präsenz in unserem Alltag täuscht, denn der Starenbestand nimmt ab. Es fehlt an Lebensräumen mit Brutmöglichkeiten und Nahrung – insbesondere verursacht durch die industrielle Landwirtschaft“, sagt Heinz Kowalski, NABU-Präsidiumsmitglied.

„Eine Million Starenpaare haben wir alleine in Deutschland in nur zwei Jahrzehnten verloren. Jetzt gilt es, den Star durch praktischen Naturschutz und Sicherung des Lebensraums zu unterstützen“, sagt Dr. Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender.

Der Bestand des Stars in Deutschland schwankt jährlich zwischen 3 und 4,5 Millionen Paaren, je nach Nahrungsangebot und Bruterfolg im Vorjahr. Das sind zehn Prozent des europäischen Starenbestandes, der bei 23 bis 56 Millionen liegt. Trotzdem ist der schillernde Geselle ein typisches Beispiel für den stillen Rückgang der häufigen Vogelarten, denn sein Bestand nimmt stetig ab. In der aktuellen deutschlandweiten Roten Liste ist der Star sogar direkt von „ungefährdet“ (RL 2007) auf „gefährdet“ (RL 2015) hochgestuft worden, ohne auf der Vorwarnliste zu stehen.

Die Nahrung des Stars ist abhängig von den Jahreszeiten. Im Frühjahr stehen Kleintiere aus dem Boden auf dem Speiseplan. Im Sommer und Herbst schätzen Stare zusätzlich Früchte und Beeren.

Gründe für seinen Rückgang sind der Verlust und die intensive Nutzung von Weiden, Wiesen und Feldern, auf denen der Star nicht mehr genug Würmer und Insekten zum Fressen findet. Werden Nutztiere nur im Stall gehalten, fehlt der Mist, der Insekten anlockt. Biozide und Agrochemikalien vernichten zudem weitere Nahrungstiere. Beerentragende Hecken zwischen den Feldern sucht man vielerorts ebenfalls vergebens. Geeignete Nistplätze fehlen dort, wo alte Bäume mit Bruthöhlen entfernt werden.

Angepasst hat sich der Star an die Stadt: Der urbane Geselle nutzt Nistkästen oder Hohlräume an Dächern und Fassaden zum Nestbau. Parkanlagen, Friedhöfe und Kleingärten liefern ihm Nahrung. Doch auch dort droht ihm Lebensraumverlust durch Bauvorhaben, Sanierungen oder Verkehrssicherungsmaßnahmen.

Obwohl als „Allerweltsvogel“ betitelt, ist der Vogel des Jahres 2018 doch eher der „Star“ unter den Vögeln. Bewundert werden seine Schwarmflüge im Herbst, die als einzigartiges Naturschauspiel gelten. Im Frühjahr sticht das Starenmännchen durch sein metallisch glänzendes Gefieder heraus. Helle Punkte verzieren vor allem das Prachtkleid des Weibchens. Im Spätsommer nach der Mauser enden die dunkelbraunen Federn der Jungtiere in einer weißen Spitze, einem Perlmuster ähnlich. Zum Gesamtpaket dazu kommt sein Talent der Imitation: Der Star kann andere Vögel und Umgebungsgeräusche perfekt nachahmen und in seinen Gesang einbauen. Zu hören sind dann auch Handyklingeltöne, Hundebellen oder Alarmanlagen.

Abhängig von seinem Lebensort ist der Jahresvogel Kurzstreckenzieher, Teilzieher oder Standvogel. Mitteleuropäische Stare ziehen zum Großteil bis in den südlichen Mittelmeerraum und nach Nordafrika. Die maximale Zugstrecke liegt bei 2.000 Kilometern. Manche Stare verzichten vermehrt auf lange Reisen und überwintern vor allem im Südwesten Deutschlands. Im Herbst sind die imposanten Schwarmwolken aus vielen tausend Staren am Himmel zu sehen, wenn sie während des Zuges an einem Schlafplatz Rast machen.




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