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Aktuell
Hitzewelle und Klima
Extreme Temperaturen, extreme Folgen
Hitzeperioden gefährden Pflanzen- und Tierarten in Deutschland
WWF: Klimakrise stoppen und Natur „fit“ für Veränderungen machen
WWF Pressemitteilung, 25.6.19
Anhaltende und durch die Klimakrise häufiger auftretende Hitzewellen und Extremwetterereignisse können drastische Auswirkungen auf unsere Tier- und Pflanzenwelt haben. Davor warnt die Naturschutzorganisation WWF Deutschland. „Studien gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten durch die Auswirkungen der Klimakrise zwischen fünf und 30 Prozent unserer einheimischen Arten verloren gehen können“, warnt Albert Wotke, Referent Naturschutz bei WWF Deutschland. „Manche Tiere und Pflanzen können sich nicht schnell genug anpassen oder ihr Lebensraum, zum Beispiel ein Feuchtgebiet, verschwindet schlicht und ergreifend. Auch veränderter Konkurrenz- und Nahrungsbeziehungen können zum Problem werden, wenn etwa plötzlich neue Fressfeinde auftauchen oder Beutetiere verschwinden.“
Hinzu kommt: „Schon jetzt sind ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten bei uns vom Aussterben bedroht und dann kommt auch noch die Klimakatastrophe obendrauf.“ Der WWF fordert daher, die heimische Natur möglichst rasch „fit für die Klimakrise“ und damit „zukunftssicher“ zu machen. Um die biologische Vielfalt zu erhalten brauche es umfassende Strategien zur Klimaanpassung - und deren rasche Verwirklichung. Außerdem müsse alles getan werden, um das Pariser Klimaabkommen erfolgreich in die Tat umzusetzen und die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.
Lange Phasen extremer Trockenheit in immer kürzeren Intervallen gehören für Wotke zu den zentralen Herausforderungen des Naturschutzes aber auch der Land- und Forstwirtschaft: „Ernten verdorren, die Zahl der Waldbrände besonders in Kiefernwäldern wird zunehmen und durch den Hitzestress sind Bäume anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer.“ Auch Flüsse, Seen und Feuchtgebiete, denen in anhaltende Hitze- und Dürreperioden eine besondere Bedeutung als Wasserspeicher zukommt, sind bedroht und das nicht nur, da sie austrocknen könnten. „Wenn die Wassertemperatur steigt, sinkt der Sauerstoffgehalt und zusätzlich erhöht sich durch die Wärme der Stoffwechsel der Tiere, was den Bedarf an Sauerstoff noch größer werden lässt. Während die Fische unter der Wärme leiden, gedeihen die Algen prächtig, was den Lebensraum für Fische zunehmend schrumpfen lässt und bei Absterben des Pflanzenmaterials Giftstoffe freisetzen kann. Solche Vorgänge können ganze Gewässer daher zum Kippen bringen“, erklärt Wotke.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind sehr vielfältig, mögliche Maßnahmen aber auch: Es beginnt bei der gemeinschaftlichen Schaffung zusätzlicher Biotopverbünde und endet bei jedem Einzelnen, der beispielsweise durch die Schaffung von Regenwasserspeichern dabei mithelfen kann, weniger Grundwasser zu verbrauchen. Vor allem aber müssen wir alles tun, um unsere Klimaziele einzuhalten.
Beispiele für Arten, die von der Klimakrise betroffen sind:
Der Kuckuck wird sein Ei nicht los
Bei Zugvögeln zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels deutlich. Viele Arten fliegen im Herbst später Richtung Süden und kehren im Frühling eher wieder zurück. Der Kuckuck hat dadurch ein großes Problem: Er kommt gewöhnlich erst Ende April zurück nach Deutschland. Dann haben viele Vögel bereits gebrütet und es ist zu spät, um ihnen das Kuckucksei unterzujubeln.
Siebenschläfer wird zum Frühaufsteher
Je wärmer es ist, desto früher erwachen Siebenschläfer, Murmeltier und Co. aus ihrem Winterschlaf. Siebenschläfer suchen nach dem Aufwachen in verlassenen Höhlen und Nistkästen einen Platz für ihre Jungen. Sind sie zu früh dran, kommt es zu einer tödlichen Überschneidung: Stößt der Siebenschläfer noch auf Eier oder Jungvögel, frisst er sie. Durch die globale Erwärmung wachen Siebenschläfer nun über einen Monat früher auf mit messbaren Auswirkungen auf den Bruterfolg bei heimischen Vogelarten.
Der Trauerschnäpper kommt lebensgefährlich zu spät
Der Trauerschnäpper ist ein Zugvogel und überwintert in Zentralafrika. Seine Rückkehr nach Europa fällt normalerweise genau mit der größten Insektendichte bei uns im Frühling zusammen. Doch in den letzten Jahren findet die Insektenschwemme früher statt. Die Trauerschnäpper kommen zu spät und finden nicht mehr genug zu fressen. Einige Populationen in Europa sind deshalb schon um 90 Prozent zurückgegangen.
"Hitzwellen nehmen zu": PIK Statement
PIK Pressemitteilung, 24.6.19
Deutschland steht diese Woche wahrscheinlich eine Hitzewelle bevor. Inwiefern steht das in Verbindung mit menschengemachtem Klimawandel?
Zu diesem Thema Stefan Rahmstorf, Ko-Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor an der Universität Potsdam: "Wetterdaten zeigen, dass Hitzewellen und andere Wetterextreme in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen haben. Die heißesten Sommer in Europa seit dem Jahr 1500 unserer Zeitrechnung ereigneten sich alle seit der letzten Jahrhundertwende: 2018, 2010, 2003, 2016, 2002. Monatliche Hitzerekorde auf der ganzen Welt treten heute fünfmal häufiger auf, als es bei einem stabilen Klima der Fall wäre. Diese Zunahme der Hitzeextreme entspricht genau dem, was von der Klimawissenschaft als eine Folge der globalen Erwärmung vorhersagt wurde, die verursacht wird durch den steigenden Ausstoß von Treibhausgasen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas."
Ebenfalls zu diesem Thema Dim Coumou, IVM, Vrije Universiteit Amsterdam und PIK: "Zusätzlich zu diesem besorgniserregenden Trend verändert sich außerdem die atmosphärische Zirkulation. Die Datenanalyse zeigt, dass sich die normalerweise nach Osten bewegende sommerlichen Windströmungen einschließlich des Jetstreams in den mittleren Breitengraden der nördlichen Halbkugel verlangsamt hat. Dies begünstigt das Entstehen von heißen und trockenen Bedingungen auf dem Kontinent aus ein paar warmen sonnigen Tagen können so gefährliche Hitzewellen werden. Wir schmelzen das Meereis in der Arktis, was zu der unververhältnismäßig starken Erwärmung in den allernördlichsten Regionen unseres Planeten beiträgt und dadurch wiederum die natürlichen Muster des Jetstreams stören kann. Eine starke atmosphärische planetare Welle mit der Wellenzahl 7 hat wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der aktuellen Hitzewelle gespielt (siehe angehängtes Bild). Das beobachtete Muster zeigte sich auch bei den extremen Wetterereignissen des vergangenen Sommers."
Stefan Rahmstorf erklärt abschließend: "Während wir in dieser Woche in Europa Temperaturen von möglicherweise bis zu 40 °Celsius befürchten, verzeichnete Indien kürzlich Temperaturrekorde von über 50° Celsius. Hitzewellen können eine Gesellschaft hart treffen, etwa indem sie zu zusätzlichen Todesfällen in gefährdeten Gruppen wie bei alten Menschen und Kindern führen. Außerdem kann eine Kombination von heißen und trockenen Bedingungen regional unter Umständen zu Wasserknappheiten und Ernteausfällen führen. Nur eine rasche Reduzierung der Nutzung fossiler Brennstoffe und damit der CO2-Emissionen kann eine weitere verheerende Zunahme der Wetterextreme verhindern, die mit dem menschgemachten Klimawandel zusammenhängen."
Der heiße Juni und seine Folgen
Der vergangene Monat hat fast überall Temperaturrekorde gebrochen. Was sind die Konsequenzen, und werden jetzt alle Sommer so? Fragen und Antworten.
Von Werner Bartens, Hanno Charisius, Christoph von Eichhorn und Marlene Weiß, Süddeutsche Zeitung, 3.7.19
https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-hitzewelle-wetter-1.4509870
Immer öfter, immer heißer
Eine Hitzewelle ist noch keine Klimakrise aber mehrere sind es schon. Warum wir fast 40 Grad im Juni nicht einfach als „heißes Wetter“ abtun sollten.
Von Michael Weiland, Greenpeace-Online, 25.6.19
Ein geflügeltes Wort im englischen Sprachraum lautet: „If you cant stand the heat, stay out of the kitchen“, sinngemäß: Wenn es dir zu warm ist, steh halt nicht in der Küche herum. Den Parlamentariern, die diese Woche voraussichtlich bei fast 40 Grad in Berlin schwitzen, möchte man entsprechend zurufen: Wenn ihr die Hitze nicht vertragt steigt endlich aus der Kohle aus! Dass zur Rettung des Klimas die deutschen CO2-Emissionen runter müssen, weiß mittlerweile selbst die CDU, Stichwort „Pillepalle“.
Nun macht eine Schwalbe keinen Sommer, und Wetter ist nicht Klima. Trotzdem ist die erneute Hitze in Deutschland nicht wirklich normal, nicht zu dieser Zeit im Jahr. Der wärmste Junitag seit Beginn der Aufzeichnungen war der 27.6.1947 mit 38,2 Grad Celsius, eine Marke, die in mehr als 70 Jahren nicht geknackt wurde und aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Tagen fällt, sagt der Deutsche Wetterdienst . Das schockt dann selbst erfahrene Meterologen wie den ARD-Wetterexperten Karsten Schwanke.
Ein kurzes, aber vielbeachtetes Statement des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung stellt die Verbindung zwischen Hitzewellen und Klimakrise her.
Was können wir beobachten?
„Monatliche Hitzerekorde auf der ganzen Welt treten heute fünfmal häufiger auf, als es bei einem stabilen Klima der Fall wäre“, schreibt Stefan Rahmstorf, Ko-Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse. Das heißt, Hitzewellen nehmen zu und treten in kürzeren Intervallen auf. Die heißesten jemals in Europa gemessenen Sommertemperaturen fanden alle in diesem Jahrhundert statt, 2018 löste den noch jungen Rekord von 2016 ab. So erschütternd die Entwicklung ist, so wenig überrascht sie die Experten: „Diese Zunahme der Hitzeextreme entspricht genau dem, was von der Klimawissenschaft als eine Folge der globalen Erwärmung vorhergesagt wurde“, betont Rahmstorf.
Was erzeugt Hitzewellen und wie hängt das mit der Erderhitzung zusammen?
Durch die Erderhitzung verändert sich die atmosphärische Zirkulation, und das hat schwerwiegende Folgen. Vielen ist der Fachausdruck "Jetstream" mittlerweile ein Begriff hier ist er ziemlich gut erklärt, erneut von ARD-Meteorologe Karsten Schwanke:
Zum Video
Kurz gesagt: Der Jetstream ist ein Starkwindband in etwa zehn Kilometern Höhe, das über die Nordhalbkugel wandert, in Europa von Westen nach Osten. Der „Motor“ ist der Temperaturunterschied zwischen Tropen und Arktis. Weil sich der Nordpol aber infolge der Erderhitzung erwärmt, wird dieses Muster gestört: Der Jetstream wird langsamer. „Dies begünstigt das Entstehen von heißen und trockenen Bedingungen auf dem Kontinent aus ein paar warmen sonnigen Tagen können so gefährliche Hitzewellen werden“, sagt Rahmstorfs Kollege Dim Coumou.
Was kann jetzt passieren und was muss passieren?
Länder wie Indien treffen Hitzewellen härter als uns: Dort wurden vor kurzem Temperaturen von 50 Grad Celsius gemessen. Große Teile der Bevölkerung haben nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser. Doch auch 40 Grad, wie sie hier zu erwarten sind, sind keineswegs ungefährlich. „Hitzewellen können eine Gesellschaft hart treffen, etwa indem sie zu zusätzlichen Todesfällen in gefährdeten Gruppen wie bei alten Menschen und Kindern führen“, schreibt Rahmstorf.
Das ist alles andere als ein abstraktes Risiko. Alleine in Berlin kam es im vergangenen Sommer zu mehr als 500 Todesfällen aufgrund der starken Hitze, ermittelte das Robert-Koch-Institut ; bundesweit waren es deutlich mehr als 1000. Im Rekordsommer 2003 gab es in Frankreich rund 10.000 Hitzetote.
„Außerdem kann eine Kombination von heißen und trockenen Bedingungen regional unter Umständen zu Wasserknappheiten und Ernteausfällen führen“, so Rahmstorf weiter. Seine Empfehlung ist klar: „Nur eine rasche Reduzierung der Nutzung fossiler Brennstoffe und damit der CO2-Emissionen kann eine weitere verheerende Zunahme der Wetterextreme verhindern, die mit dem menschgemachten Klimawandel zusammenhängen." Oder kürzer: Raus aus der Kohle und raus aus dem Verbrennungsmotor. So schnell es geht.
Reden wir übers Wetter!
ZDF-Meteorologe Özden Terli sieht einen klaren Zusammenhang zwischen der Klimakrise und der Sommerhitze. Als Wissenschaftler mit Sendezeit will er die Menschen darüber aufklären.
Von Sonka Terfehr, Greenpeace-Online, 26.6.19
Es ist heiß in Deutschland. Luftmassen aus der Sahara lassen die Temperaturen derzeit im ganzen Land auf über 30, mancherorts sogar auf 40 Grad ansteigen. Ist das “nur” Wetter? Wir haben Özden Terli danach gefragt.
Greenpeace: Sehen Sie einen direkten Zusammenhang zwischen dem aktuellen Wetter und der Erderhitzung?
Özden Terli: Ja, ich sehe da einen Zusammenhang, und im Prinzip bestätigt sich, was die Klimaforschung seit Jahren vorhersagt. Aktuell sehen wir, dass der Jetstream sehr stark Richtung Nord und Süd schlenkert derart stark, dass quasi die gesamte Strömung stecken bleibt. Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat in einer aktuellen Studie wieder gezeigt, dass es dadurch zu extremen Wetterereignissen kommt.
Wenn die Wettersysteme stecken bleiben, dann muss man schauen, warum das passiert. Da kann man nicht einfach sagen: „Ja, ist halt Wetter“. Meteorologie ist eine Wissenschaft, und was manche Meteorologen sagen „das ist Zufall“ oder „das hats immer schon gegeben“ das gilt in der heutigen Zeit einfach nicht mehr. Man muss genauer hinschauen und es ist ziemlich ärgerlich, wenn Leute sowas relativieren.
Natürlich gibt es Wetterschwankungen. Man kann nicht jede Nebelbank auf das Klima zurückführen. Aber diese großräumigen Wettersysteme, die sich verändern, die muss man genauer betrachten. Es ist geradezu unverantwortlich, wenn man da einfach drüberbügelt und sagt, das habe mit dem Klimawandel nichts zu tun.
Wann haben Sie als Wissenschaftler erstmals festgestellt: Da stimmt was nicht mit dem globalen Klima?
Als ich studiert habe, hatte ich nicht so ein direktes Bewusstsein dafür, muss ich zugeben. Natürlich hat mich immer mal wieder schockiert, was da passiert. Da war ja auch schon einiges bekannt: Das Thema ist ja nun 30 Jahre alt. 1988 hat sich James Hansen vor den US-Kongress gestellt und gesagt: Die Veränderungen sind auf den Klimawandel zurückzuführen. Das kann man mit natürlichen Phänomenen nicht mehr erklären. Wir haben also gut 30 Jahre gepennt, für mich gilt: Lange Zeit war das Thema nicht in meinem Bewusstsein, das änderte sich aber durch meinen Job beim ZDF nachhaltig.
Sehen Sie in Ihrem Job auch einen Auftrag, über die Klimakrise aufzuklären?
Ja klar, als Wissenschaftler müssen wir natürlich aufklären. Gerade, wenn man auch noch journalistisch arbeitet und in so einer Position ist. Als Meteorologen tragen wir eine große Verantwortung. Wir sind an manchen Abenden quasi die einzigen Naturwissenschaftler, die auf dem Schirm zu sehen sind. Wir verstehen die Zusammenhänge. Die Atmosphäre ist genau das, womit wir uns auskennen. Mir ist irgendwann klar geworden: Wir müssen darüber reden. Wir müssen viel darüber berichten, und wir müssen laut darüber berichten, damit es jeder mitbekommt.
Alle, die in der Öffentlichkeit stehen, haben die Verantwortung, dieses Thema so zu besetzen, wie es richtig ist. Das heißt im Sinne der Wissenschaft, die über Jahrzehnte Erkenntnisse dazu gesammelt hat, permanent warnt und recht hat.
Der britische Guardian hat kürzlich seinen Sprachgebrauch in der Klimaberichterstattung angepasst. Sie sprechen nun von „climate crisis“ und “global heating“, auf Deutsch “Klimakrise” und “Erderhitzung”. Wie sieht das bei Ihnen aus? Machen Sie sich Gedanken, welche Begriffe Sie verwenden?
Ja. „Erderwärmung“ oder „Klimawandel“ klingt ja fast schon süß. Das wird der Sache einfach nicht gerecht. Eigentlich hieß es ja schon einmal Klimakatastrophe vor einigen Jahren, und dann wurde es in Klimawandel umgewandelt. Wir müssen durchaus auch die Wortwahl ändern. Ich benutze oft „Klimakrise“ und auf Twitter „climate breakdown“ oder „climate emergency“. Im Fernsehen habe ich natürlich relativ wenig Zeit und der Wetterbericht ist nun mal kein Klimabericht. „Klimakrise“ in den Wetterbericht reinzubringen, ist eher schwierig. Da muss ich schon schauen, dass das noch im Rahmen des Wetters bleibt.
Ich verbinde die Klimakrise aber immer mit dem Hintergrund Wetter. Vergangenen Montag war zum Beispiel genau die Sache mit dem Jetstream im Heute Journal, weil es sich gerade angeboten hat im Zusammenhang mit der Hitzewelle. Da hat alles zusammengepasst, und dann kann man das auch genau so erzählen. Aber wenn ich plötzlich vom Jetstream erzähle und der hat aktuell überhaupt keinen Bezug auf unser Wetter, dann passt das natürlich nicht.
Kürzlich ging ein Bild aus Grönland um die Welt, das Schlittenhunde zeigt, die knöcheltief durch Schmelzwasser laufen. Aufgenommen wurde es von einem dänischen Klimaforscher. Auch Sie haben dieses Bild in Ihrer Moderation verwendet. Braucht es solche Bilder?
Ja, klar braucht es solche Bilder! Wir brauchen gute Eindrücke, die das Thema in den Mittelpunkt rücken. Wenn ein Bild wie das mit den Schlittenhunden auftaucht, dann muss man die Chance ergreifen. Als ich das Bild gesehen habe, war ich total geflasht. Ich wusste natürlich sofort, worum es hier geht, nämlich um die Rekord-Eisschmelze in Grönland. Sie hat dieses Jahr vier Wochen früher angefangen als sonst. Das hatte ich in der Moderation auch drin. Die Wissenschaftler, die vor Ort sind und im Eis forschen, sehen das alles vor ihren Augen. Sie sehen, wie der Permafrost schmilzt, wie die Gletscher schrumpfen, wie das Eis immer weniger wird. Diese Menschen stehen ganz vorne und kriegen alles mit. Wenn die so etwas kommunizieren, dann finde ich es enorm wichtig, dass man das aufnimmt und weiterträgt.
Frustriert es Sie, dass die Politik so oft die Warnungen aus der Wissenschaft ignoriert?
Natürlich ist da Frustration und auch eine gewisse Ohnmacht. Aber es gibt auch viel Hoffnung. Ich sehe die Kinder, die das verstanden haben und jetzt die Politik vor sich hertreiben. Letztes Jahr war das Thema von der Politik ja kaum besetzt und jetzt haben sie plötzlich alle Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Die Europawahl hat es ja gezeigt. Wenn das so weitergeht, wird sich etwas ändern. Und es muss sich etwas ändern. Das ist jetzt keine Frage mehr von Politik, Parteien oder anderen Befindlichkeiten. Es geht hier darum, dass wir die Menschheit retten nichts Geringeres als das. Das ist keine persönliche Meinung, sondern das, was wir sehen und was passiert. Wissenschaftler beobachten das, machen ihre Analysen und ziehen entsprechende Schlüsse.
Ich erwarte jetzt von der Politik visionäre Vorstellungen, wie sie die Gesellschaft transformieren will, für eine Kreislaufwirtschaft, die Energiewende, die Verkehrswende, hin zu einer weniger energieintensiven Lebensart. Da müssen wir hin. Und letztendlich mindestens das Umsetzen des Pariser Klimavertrags.
Ist das Klima noch zu retten?
Tja. Das Problematische ist, dass die Erde ja schon auf unser Tun reagiert. Die Veränderungen passieren. Die Frage ist, wie schlimm wird es? Wir können es eigentlich nur noch abmildern. Ich wüsste nicht, was für einen Prozess wir in Gang setzen müssen, um die Eisschmelze in der Arktis oder auf den Gletschern rückgängig zu machen. Das Jahrtausende alte Eis schmilzt und salopp gesagt: Was weg ist, ist weg. Und die Kohlendioxid-Konzentration steigt immer noch, kein Wunder, wir haben unser Verhalten ja noch gar nicht verändert.
Dennoch müssen wir es versuchen und weiter daran arbeiten. Und das nicht nur in kleinen Schritten. Wir brauchen strukturelle und sehr, sehr schnelle Veränderungen. Zum Glück hat das jetzt auch die Jugend erwischt. Dass die Kinder auf die Straße gehen und die Erwachsenen ermahnen und fordern, ist ein ungeheuer wichtiges Druckmittel. Diese Kinder von Fridays for Future, wie klar die sind! Wie 13- bis 15-jährige Jugendliche das auf die Reihe kriegen, diese Problematik genau zu verstehen. Das ist äußerst beeindruckend. Und die sagen auch: Was nützt es, wenn wir frustriert sind oder keine Hoffnung haben. So kann man ja nicht weiterleben. Es ist noch ein langer Weg. Und diese Klarheit in der Sprache ist beeindruckend und es ist echt, so wie die Ergebnisse der Wissenschaft.
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