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NABU-Jahresbericht

NABU: Sorge um Arten- und Klimakrise treibt die Menschen um

Tschimpke: Mehr Mitglieder - Naturschädliche Landwirtschaftspolitik bremst Arten- und Klimaschutz aus

NABU Pressemitteilung, 15.8.19

Berlin – Der Arten- und Klimaschutz spielt für immer mehr Menschen eine wichtige Rolle. Das zeigt sich in der Fridays-for-Future-Bewegung, dem erfolgreichen Volksbegehren Artenschutz in Bayern, den grünen Gewinnern bei der Europawahl und im steigenden Interesse an Themen wie Insektenschutz, naturnahem Gärtnern, Plastikfasten und gesunder Ernährung. Auch der NABU konnte im vergangenen Jahr mehr Unterstützer für den Naturschutz gewinnen. Die Zahl der Mitglieder ist 2018 um 42.000 gewachsen. 664.000 Mitglieder, 47.000 Förderer und 2.000 Orts-, Kreis- und Fachgruppen zählten der NABU und sein bayerischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), zum 31. Dezember 2018.

„Der extreme Hitzesommer 2018 hat den Menschen vor Augen geführt, was im Zuge der Erderwärmung droht. Die Auseinandersetzungen um den Hambacher Wald und den Kohleausstieg trugen dazu bei, dass der Naturschutz mehr Aufmerksamkeit erhielt“, sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke bei der Vorstellung des NABU-Jahresberichtes in Berlin. Viele Bürgerinnen und Bürger seien bereit, selbst etwas für den Umwelt- und Naturschutz zu tun. Um die Energiewende naturverträglich voranzubringen, müssten Klima- und Naturschützer an einem Strang ziehen.

„Wir wissen heute, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem steigenden Druck auf Flächen und geschützte Arten führt. So können schlecht geplante und platzierte Windenergieanlagen gravierende Folgen für Fledermäuse und Vögel haben, gleichzeitig ist der Klimawandel für viele Arten eine Bedrohung.“ Einige wenige Projekte würden eine ganze Branche in Misskredit bringen. Daher sei es dringend notwendig, gemeinsam Lösungen voranzutreiben, die den Klimaschutz ermöglichen ohne dabei das zu zerstören, was gerettet werden soll. Klimaschutz und Artenschutz gehörten unteilbar zusammen.

„Es kann nicht sein, dass Naturschutzbelange immer erst auf Druck von außen oder durch die Androhung der EU von hohen Strafzahlungen berücksichtigt werden“, so Tschimpke. Die Bundesregierung hingegen habe sich zwar verpflichtet, die UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen, dafür passiere aber viel zu wenig. Das Nachhaltigkeitsprinzip müsse nicht nur im Grundgesetz verankert werden, sondern Richtschnur des Regierungshandelns sein – ressortübergreifend.

Mit Blick auf den Waldschutz kritisiert der NABU, dass erst knapp zwei Prozent der Wälder aus der Nutzung genommen wurden. Die Bundesregierung will bis 2020 erreichen, dass fünf Prozent des Waldes sich natürlich entwickeln können. „Wenn Ministerin Klöckner im September zum Waldgipfel lädt, müssen wir darüber sprechen, wie der Waldumbau schneller vorankommt. Das aktuelle Waldsterben ist vor allem ein Fichtensterben, da auf schnell wachsende Hölzer gesetzt wurde, die viel anfälliger für Extremwetter und den Borkenkäfer sind“, so der NABU-Präsident. Ziel müsse sein, mehr Mischwälder und den Verbleib von Totholz im Wald zu fördern. Die Verbrennung von Holz müsse unter 50 Prozent der Holzernte sinken. Der NABU zeige mit verschieden Projekten, dass mehr Klimaschutz im Wald möglich ist.

Am 20. September will das Klimakabinett einen Entwurf für das Klimaschutzgesetz vorstellen. Die Bundesregierung hat sich vom verbindlichen CO2-Reduktionsziel von minus 40 Prozent gegenüber 1990 verabschiedet. Dies soll jetzt nur noch „so schnell wie möglich“ erreicht werden. Positiv ist, dass mit dem Klimaschutzgesetz die Ziele für jeden Sektor bis 2030 festgelegt werden sollen, aber auch hier fehlen immer noch konkrete Maßnahmen, wie Ziele erreicht werden können. Die Vorschläge von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner reichen beispielsweise noch lange nicht aus, um die Klimagase aus der Landwirtschaft wirksam zu reduzieren. „Wir brauchen eine flächengebundene Tierhaltung, die Wiedervernässung von Mooren oder zumindest die Nutzung als Grünland, sowie den Erhalt von artenreichem Dauergrünland und mehr Maßnahmen zum Schutz von Ackerböden, zum Beispiel durch Anreicherung von Humus – das hilft dem Klima, unseren Feldvögeln und Insekten“, so Tschimpke.

Der NABU fordert ein Umsteuern in der EU-Agrarpolitik und engagiert sich dafür in einer europaweiten Kampagne. Die zentrale Forderung: Das pauschale Verteilen von Steuer-Milliarden pro Fläche muss ein Ende haben und 15 Milliarden Euro jährlich sollten an Landwirte ausgezahlt werden, die Maßnahmen für die Artenvielfalt durchführen. Von einem „Aktionsprogramm Insektenschutz“, das die Bundesregierung noch im August verabschieden will, erwartet der NABU konkrete Maßnahmen für deutlich weniger Einsatz von Pestiziden und für strukturreichere Lebensräume in der Agrarlandschaft.

Die Einnahmen des NABU aus Mitgliedsbeiträgen stiegen im abgelaufenen Geschäftsjahr um rund 2,2 Millionen Euro auf 24,3 Millionen Euro (Vorjahr: 22 Millionen Euro). Die Spenden erhöhten sich 2018 gegenüber 2017 um rund 1,1, Millionen Euro auf insgesamt 7,5 Millionen Euro (Vorjahr: 6,4 Millionen Euro). Die Gesamterträge stiegen um 1,4 Millionen auf rund 46 Millionen Euro. Der positive Trend hält an: Mit aktuell über 730.000 Mitgliedern und Förderern (Stand: 31. Juli 2019) ist der NABU der mitgliederstärkste Umweltverband in Deutschland mit einer breiten ehrenamtlichen Basis. Die 40.000 aktiven Mitglieder im NABU initiieren Artenschutzprojekte, engagieren sich in Beteiligungsverfahren bei Infrastrukturplanungen und pflegen artenreiche Lebensräume.

Tschimpke: „Es braucht nicht nur gute Ideen, sondern auch Mut und Entschlossenheit, um vor Ort für seine Ziele einzutreten. Das sind Eigenschaften, die unsere Naturschutzmacherinnen und Naturschutzmacher bei ihrem nimmermüden Engagement täglich beweisen. Sie sind, was sie tun. Dafür bedanke ich mich herzlich, auch für die lange gemeinsame erfolgreiche Zeit im NABU.“

Denn Olaf Tschimpke kündigte an, nach 16 Jahren an der Verbandsspitze nicht erneut für das Amt als Präsident zu kandidieren. Die nächsten Präsidiumswahlen finden im Rahmen der NABU-Bundesvertreterversammlung im November in Berlin statt.




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