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Aktuell

FFH-Bericht

FFH-Bericht: Konsequenter Naturschutz entscheidend für Zustand von Arten und Lebensräumen

Bundesregierung übermittelt nationale Daten an EU-Kommission

BMU Pressemitteilung, 19.9.19

Der Zustand von vielen EU-weit geschützten Lebensräumen und Arten in Deutschland ist weiterhin kritisch. Dies geht aus dem Bericht zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Bericht) hervor, den Deutschland an die Europäische Kommission übermittelt hat. Der Bericht fasst die Entwicklung der Jahre 2013 bis 2018 zusammen. FFH-Arten und -Lebensräume sind demnach vor allem dort in einem günstigen Erhaltungszustand, wo der Mensch als Nutzer nicht oder nur begrenzt eingreift beziehungsweise naturschutzkonform wirtschaftet. Landwirtschaftlich genutzte Lebensräume sind laut den Ergebnissen des Berichtes überwiegend in einem schlechten Zustand.

Von den 195 untersuchten Arten befinden sich 25 Prozent in einem günstigen Zustand, darunter befinden sich beispielsweise der Steinbock oder die Fledermausart "Braunes Langohr". 33 Prozent der bewerteten Arten sind in einem schlechten Zustand, beispielsweise Amphibien wie der Laubfrosch oder höhere Pflanzen wie das Sumpf-Glanzkraut.

Bei den Lebensräumen sind 30 Prozent in einem günstigen Zustand, darunter der überwiegende Teil der Fels- und Schuttlebensräume und großflächig verbreitete Buchenwälder in der kontinentalen Region. In einem schlechten Zustand befinden sich insgesamt 37 Prozent der untersuchten Lebensräume, besonders Grünland- und Gewässer-Lebensräume.

Hinsichtlich der Trends ergibt sich folgendes Bild: Die Mehrzahl der untersuchten Lebensräume und Arten zeigt stabile und teils auch positive Entwicklungstrends. Allerdings weisen 35 Prozent der Arten und 42 Prozent der Lebensräume einen negativen Trend auf. Wesentliche Faktoren für die negativen Trends liegen in der modernen Landwirtschaft, zu hohen Stickstoffeinträgen und der fortschreitenden Fragmentierung wertvoller Lebensräume unserer Landschaft. Hinzu kommt eine mangelhafte Ausstattung und Finanzierung bei der Umsetzung von Natura 2000. Auch das Insektensterben spielt eine wichtige Rolle, denn die Belege für die festgestellten Insektenrückgänge beziehen sich überwiegend auf Offenland-Lebensräume der FFH-Richtlinie.

Die Landwirtschaft nutzt 54 Prozent der Landfläche Deutschlands. Sie hat damit eine besondere Verantwortung für die biologische Vielfalt. Ambitioniertes Handeln, etwa über den Ausbau zielgerichteter Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes, die Verminderung des Pestizid- und Düngereinsatzes und die Einhaltung der Bestimmungen der EU-Naturschutzrichtlinien sind für den Zustand der Artenvielfalt unerlässlich.

Die EU-Kommission wird nun auf Grundlage der nationalen Berichte einen europaweiten Bericht über den Zustand des europäischen Naturerbes erstellen.

Hintergrund

Grundlage für die Analyse ist mit dem "FFH-Bericht" der im Naturschutz bislang größte einheitliche, alle sechs Jahre aktualisierte und überprüfte Datenschatz: In rund 13.000 Stichproben haben Naturschützerinnen und Naturschützer sowie Behörden bundesweit den Zustand von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen erforscht, die über die europäische FFH-Richtlinie geschützt sind. Im FFH-Bericht wird über den Zustand von 195 in Deutschland vorkommenden Tier- und Pflanzenarten und vier Artengruppen sowie 93 Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse berichtet.


Weckruf aus der Natur

FFH-Bericht: Zustand von Arten und Lebensräumen in Deutschland weiter kritisch

WWF Pressemitteilung, 19.9.19

Der Zustand von vielen EU-weit geschützten Lebensräumen und Arten in Deutschland ist weiterhin kritisch. Dies geht aus dem Bericht zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Bericht) hervor, den Deutschland an die Europäische Kommission übermittelt hat. Das BfN weist darauf hin, dass 35 Prozent der untersuchten Arten und 42 Prozent der Lebensräume einen negativen Trend aufweisen. Wesentliche Faktoren für die negativen Trends liegen laut BfN in der modernen Landwirtschaft, zu hohen Stickstoffeinträgen und der fortschreitenden Fragmentierung wertvoller Lebensräume. Hinzu komme eine mangelhafte Ausstattung und Finanzierung bei der Umsetzung von Natura 2000. Dazu Dr. Diana Pretzell, Leiterin Biodiversitätspolitiken beim WWF Deutschland:

„Die an die EU-Kommission übermittelten Daten sind ein Weckruf aus der Natur: Wir brauchen eine Trendwende hin zu einer modernen, naturschonenden Landwirtschaft - eingeleitet und unterstützt durch die Bunderegierung. Denn ausgestorbene Arten können wir nicht zurückholen.

Deutsche Landwirte bewirtschaften über 50 Prozent der Fläche Deutschlands. Landwirte, die nachweislich Wasser, Boden und Klima schützen sowie die Artenvielfalt fördern, erbringen damit eine wichtige Leistung für die Gesellschaft. Sie müssen dafür endlich gerecht entlohnt werden. Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung den Landwirten beim Umwelt- und Klimaschutz nicht besser hilft. Bis zu 15 Prozent der bestehenden flächengebundenen EU-Subventionen können beispielsweise in Maßnahmen zur Förderung von Naturschutz auf dem Acker umgeleitet werden. Deutschland plant aber nur mit sechs Prozent. Wer Deutschlands Landwirte beim ökologischen Wandel auf dem Acker und im Stall unterstützen will, muss hier das Potenzial voll ausschöpfen. Zudem muss sich die Bundesregierung über die Ressortgrenzen hinweg für einen massiven Aufwuchs der europäischen Finanztöpfe zum Erhalt der Arten über das Förderprogramm „Life“ sowie zur ökologischen Ausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitk einsetzen.“


Kommentar: Offenbarungseid für Naturschutz: Viele Arten und Lebensräume hierzulande in schlechtem Zustand

BUND Pressemitteilung, 19.9.19

Anlässlich des nationalen FFH-Naturschutzberichts kommentiert Olaf Bandt, Geschäftsführer für Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND

"Nach den Erfahrungen des BUND beschreibt der Bericht vielerorts nur die Spitze des Eisbergs, tatsächlich sieht es für viele Arten und Lebensräume weitaus schlimmer aus. Das Monitoring der biologischen Vielfalt in Deutschland braucht eine deutliche Stärkung, um rechtzeitig auf Bedrohungslagen jenseits der FFH-Arten reagieren zu können.

Der Bericht zu den Erfolgen und Missständen beim Schutz europaweit geschützter Arten und Lebensräume ist für die Bundesregierung ein Offenbarungseid sondergleichen: 27 Jahre nach Inkrafttreten europaweiter Richtlinien versagt Deutschland beim Schutz und der Stärkung bedrohter Natur, vor allem in Gewässern, artenreichen Wiesen und Weiden sowie seltenen Waldlebensräumen. Damit trifft das Problem geschwächte Biotope, die bereits von der Klimaerhitzung besonders bedroht sind.

Was es braucht ist ein radikales Umdenken. Flächenverbrauch, Zerschneidung durch Straßen und industrialisierte Tierhaltung müssen jetzt klare Grenzen bekommen. Das im Aktionsprogramm Insektenschutz angekündigte Verbot von Pestiziden in Schutzgebieten muss unverzüglich umgesetzt werden. Die Bundesregierung muss sich zudem für eine Agrarreform einsetzen, die ihren Namen verdient. In der Forstwirtschaft ist eine ökologische Waldwende überfällig, ein deutlich schonenderer Umgang mit Wirtschaftswäldern sowie die Sicherung von Naturwäldern auf einem Zehntel der Waldfläche. Auch müssen die Länder ihre Schutzgebiete effektiv vor weiterer Zerstörung schützen. Es braucht eine robuste rechtliche Sicherung der ausgewiesenen Gebiete, ausreichend Finanzen für die Pflege und mehr Personal für die Umsetzung zusammen mit den Landnutzerinnen und Landnutzern.

Zudem müssen die Rechtsgrundlagen endlich zur Anwendung kommen: Das deutsche Naturschutzrecht hat alle Möglichkeiten, um die Krise zu stoppen. Jetzt gilt es konsequent zu handeln. Die Erfolge im aktuellen Bericht zeigen deutlich, dass konsequenter Schutz belohnt wird: Dank Natura 2000 geht es Wildkatze, Kranich und Co. so gut wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr."


NABU: FFH-Bericht ist ein Warnruf für einen Wandel in der Agrarpolitik

Tschimpke: Bundesregierung muss Naturschutzvorgaben endlich konsequent umsetzen

NABU Pressemitteilung, 19.9.19

Berlin – Anlässlich des heute von Bundesamt für Naturschutz und Bundesumweltministerium veröffentlichten Bericht zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Bericht) erklärt NABU-Präsident Olaf Tschimpke:

„Der FFH-Bericht ist ein Warnruf: Wir brauchen einen grundlegenden Wandel in der Landwirtschaftspolitik. Die immer intensivere Landnutzung setzt nicht nur die Lebensräume des Offenlandes aufs Spiel, sondern auch unsere Seen, Flüsse, Meere. Die Bundesregierung muss nun schnell liefern: Ackerbaustrategie und Aktionsprogramm Insektenschutz dürfen keine Alibi-Projekte sein, sondern müssen konsequent auf eine Verbesserung der Bedingungen für Arten und Lebensräume ausgerichtet werden. Infrastrukturplanungen müssen den Naturschutz frühzeitig mit einbeziehen, die Eingriffsregelung muss wirksam umgesetzt werden. Auch im Meeres- und Waldschutz braucht es mehr Konsequenz als bisher. Insbesondere ist die Bundesregierung jetzt gefragt, mit klarer Haltung in die Verhandlungen über eine Neuausrichtung der EU-Agrarförderung zu gehen."




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