powered by <wdss>
Aktuell

Dreckiges Benzin aus Kanada

Dreckiges Benzin aus Kanada

NABU, Greenpeace und WWF warnen vor Teersand-Tagebau in Kanada
Umweltausschuss entscheidet über deutsche Position zu „Klimakiller Teersande“


Greenpeace/WWF/NABU Pressemitteilung, 7.2.12

Berlin - Die Umweltorganisationen Greenpeace, Nabu und WWF fordern in einer gemeinsamen Erklärung die Bundesregierung auf, strengere Klimaauflagen für Benzin und Diesel aus Teersanden zu unterstützen. Nach einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission sollen Kraftstoffe aus Teersand einen höheren CO2-Ausgangwert in Bezug auf Treibhausgasemissionen erhalten. Das würde sie für den europäischen Markt unrentabel machen.

Der Umweltausschuss des Bundestags entscheidet am 8. Februar über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der eine Unterstützung des EU-Kommission-Vorschlags vorsieht. Diese Entscheidung wurde auf Initiative der FDP bereits zweimal verschoben, um einen interfraktionellen Antrag zu entwickeln. „Die Parteien des Deutschen Bundestags müssen der Regierung den klaren Auftrag erteilen, sich in Brüssel für das Vorhaben einzusetzen“, so Greenpeace-Experte Christoph von Lieven.

Einer WWF-Studie zufolge schlägt der Abbau von Teersanden mit drei bis vierfach höheren CO2-Emissionen zu Buche als die konventionelle Ölförderung. Um Teersand in großem Stil zu gewinnen, müsste demnach in Kanada ein Areal von der Fläche Englands entwaldet werden. Gigantische Tagebauten seien notwendig, hinzu kämen toxische Abwasser-Seen, die noch aus dem Weltall zu erkennen seien. „Angesichts der katastrophalen Folgen für das globale Klima und die kanadischen Wälder muss ein entschiedenes Signal von Deutschland ausgehen. Wir brauchen eine ehrliche Bewertung der Teersande. Nur so kann die Energiewende im Verkehrssektor gelingen“, fordert daher Viviane Raddatz vom WWF Deutschland. Es stimme bedenklich, wenn die kanadische Botschaft kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Umweltausschuss mit einem Brief an die deutschen Bundestagsabgeordneten den Druck erhöhe und offen für die Interessen der Ölindustrie eintrete.

Seitens der Bundesregierung gibt es bisher keine eindeutigen Signale zu diesem Thema. Die Spitzen von Umwelt- oder Wirtschaftsministerium haben sich öffentlich nicht positioniert. Daher warnen Greenpeace, NABU und WWF eindringlich vor einem Einknicken der Politik gegenüber den Interessen der großen Mineralölindustrie. „Wenn die EU Benzin und Diesel aus Teersand in großem Stil importiert, kann sie ihre selbst gesteckten Klimaziele für Kraftstoffe komplett vergessen. Schlimm genug, dass Länder wie Kanada diese Büchse der Pandora überhaupt geöffnet haben. Die EU darf nun nicht auch noch die Nachfrage nach dem extrem schmutzigen Öl stärken“, so Dietmar Oeliger vom NABU.

Aus Teersand lässt sich neben verschiedenen Erdöl-Vorstufen auch reines Rohöl gewinnen. Die bedeutendsten Vorkommen existieren in Kanada und Venezuela. Vor allem Großbritannien und die Niederlande stemmen sich derzeit auf europäischer Ebene gegen das Vorhaben, Kraftstoffe aus Teersanden einen höheren CO2-Wert zuzuweisen.


Benzin aus Teersand - Bundesregierung unter Zugzwang?

Von Anja Franzenburg, Greenpeace-Online, 6.2.12

Dass an der Tankstelle kein Umweltpreis zu gewinnen ist, wissen wir. Doch kaum jemand weiß, dass es Treibstoffe gibt, die viel klimaschädlicher sind als andere. Und nicht nur das: Bei der Ölgewinnung aus Teersanden werden Wälder gerodet, Flüsse und Menschen vergiftet. Die EU arbeitet seit 2009 an einem Importverbot, die Bundesregierung hingegen nicht. Das könnte sich nun ändern.

Die EU will Ende Februar über die Treibstoff-Qualitätsrichtlinie abstimmen lassen, die die komplette Klimabilanz eines Treibstoffs erheben will. Es soll also nicht nur berechnet werden, was aus dem Auspuff eines Autos rauskommt, sondern auch, wie viele schädliche Treibhausgase bei der Herstellung entstehen.

Das wäre schlecht für BP und Shell, die maßgeblich Teersand ausbeuten. Denn das Öl wird unter enormem Einsatz von Energie, Wasser und Chemie aus ölhaltigem Sand gewaschen. Treibstoffe aus Teersand werden mit höheren klimaschädlichen CO2-Werten produziert, das würde in die Bewertung der Zulassung mit eingehen. Damit hätte Teersand Schwierigkeiten, auf den EU-Markt zu gelangen. Denn die EU hat sich das Ziel gesetzt, die Treibhausgasintensität von Benzin und Diesel bis 2020 um sechs Prozent zu verringern.

Das Bundesumweltministerium folgt der Argumentation der EU, dass dieses EU-Ziel nur zu erreichen sei, wenn der gesamte Produktionsprozess einbezogen würde. Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium schießt dagegen und will die Treibstoff-Qualitätsrichtlinie nicht. "Das ist unverantwortlich", kritisiert Greenpeace-Sprecher Christoph von Lieven. "Klimaschutz muss Vorrang haben vor dem dreckigen Geschäft mit Teersand."

Auf Antrag der Grünen soll nun diese Woche der Umweltausschuss des Bundestages über die Richtlinie abstimmen. "Gerüchteweise hört man, dass selbst Teile der Regierungskoalition dem Antrag der Grünen im Umweltausschuss folgen wollen", sagt von Lieven. "Wir hoffen, dass sich hier nicht die rein finanzorientierte Wirtschaftsfraktion mit einem Koalitionszwang durchsetzt. Das wäre ein klarer Auftrag an die Bundesregierung, nicht nur vom Klimaschutz zu reden, sondern endlich aktiv zu werden."

Der dreckige Abbau von Teersand

Bislang spielen Treibstoffe aus Teersand in Europa keine große Rolle. Das kann sich allerdings bei steigenden Ölpreisen und schwindenden Ressourcen ändern. Dabei bereitet schon jetzt die Ausbeutung von Teersandfeldern in Kanada große ökologische Probleme mit enormen negativen Auswirkungen für Mensch und Tier.

Um das zähe Öl zu gewinnen, wird Teersand mit Dampf aus dem Sand-Lehmboden gelöst. Das Öl wird verflüssigt und kann abgepumpt werden, während Sand, Lehm und die freiwerdenden giftigen Chemikalien im Boden bleiben. Dabei wird nicht nur immens viel Energie, sondern auch Wasser und Chemikalien eingesetzt. Das verseuchte Wasser gelangt in Kanada in den Athabasca River - seitdem häufen sich Krebs- und Autoimmunkrankheiten in einigen flussabwärts gelegenen Orten.




» zurück
 

Druckversion