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Afrika: Effekte des Klimawandels mildern
Afrika: Effekte des Klimawandels mildern
Von Gunnar Bartsch, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 3.4.12
Höhere Temperaturen, weniger Niederschläge, mehr Wetterkapriolen: Den weltweiten Klimawandel bekommen Bauern schon jetzt zu spüren. Gerade in Afrika hängt die Existenz vieler Menschen direkt von der Landwirtschaft ab. Wie muss die Landnutzung dort gestaltet werden, um die Auswirkungen des Klimawandels aufzufangen? Das wird in einem neuen Großprojekt erforscht, an dem Biologen und Geowissenschaftler der Universität Würzburg beteiligt sind.
Für die Länder Westafrikas sind die Savannen eine Art „Kornkammer“: Klima und Böden sind dort so günstig, dass Hirse, Mais, Gemüse und andere wichtige Nutzpflanzen gut gedeihen. Doch ausgerechnet für diese Gebiete sagen die Klimaprognosen unsichere Niederschlagsverhältnisse und längere Dürreperioden voraus das gefährdet die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und damit ihren Lebensunterhalt.
Wie lassen sich die Existenzgrundlagen in Westafrika nachhaltig sichern, wie Ackerbau und Ökologie in Einklang bringen? Um diese Fragen zu beantworten, hat das Bundesforschungsministerium (BMBF) gemeinsam mit zehn westafrikanischen Staaten das Projekt WASCAL gestartet (West African Science Service Center on Climate Change and Adapted Land Use). Bis zu 50 Millionen Euro stellt das Ministerium für das Projekt bereit.
Mit dieser Initiative folgt das BMBF einer Forderung des G8-Gipfels von 2007: Damals riefen die großen Industrienationen dazu auf, Afrika stärker bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels zu unterstützen. Denn Afrika mit seinen geringen Schadstoffemissionen trägt weltweit am wenigsten zum Klimawandel bei, wird aber von dessen Auswirkungen besonders hart getroffen.
Zehn Projektpartner in Afrika
In WASCAL eingebunden sind die Länder Benin, Burkina Faso, Gambia, Ghana, Elfenbeinküste, Mali, Niger, Nigeria, Senegal und Togo. Die Koordination liegt beim Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn. Von der Universität Würzburg sind Teams der Professoren Stefan Dech (Lehrstuhl für Fernerkundung in der Geographie) und Karl Eduard Linsenmair (Tierökologie und Tropenbiologie im Biozentrum) beteiligt. Beide Gruppen forschen seit vielen Jahren über die Themen Landnutzung und Biodiversität in Westafrika.
Satellitendaten zeigen Status Quo
Wie werden die westafrikanischen Savannen derzeit überhaupt genutzt? Wo wird Ackerbau betrieben, wo gibt es Baumbestände? Welche Pflanzen werden kultiviert? Für solche Fragen interessiert sich Dr. Tobias Landmann. Der Geograph ist am Lehrstuhl für Fernerkundung tätig, der eng mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen kooperiert.
„Für das Projekt verwenden wir auch Daten, die das DLR mit modernsten Satelliten gewinnt“, so Landmann. „Dabei wird die Oberfläche der Erde mit einer für diese Region bislang noch nicht gekannten zeitlichen und räumlichen Auflösung vermessen, so dass sich Anbau-Parzellen von nur fünf Metern Kantenlänge unterscheiden lassen.“ Aus diesen und anderen Satellitendaten erstellen die Geographen Landkarten, die Aufschluss über die Art der Landnutzung und über Anbausysteme geben. Ein Ziel ist es, bewässerte Felder von Flächen zu unterscheiden, auf denen der natürliche Niederschlag die einzige Wasserquelle ist.
Klimawandel und Landnutzung
Zudem kombinieren die Geowissenschaftler aktuelle Satellitendaten mit verschiedensten Messwerten, die ihnen aus ihrer langjährigen Westafrika-Forschung bereits zur Verfügung stehen. „Dadurch wollen wir zeigen, wie sich die Landschaft und ihre Nutzung seit Mitte der 1980er-Jahre verändert haben, wo zum Beispiel Natur- in Ackerland umgewandelt wurde oder wo sich Baumbestände erholen konnten“, erklärt Landmann. Hängen die Veränderungen mit Effekten des Klimawandels zusammen? Das ist ein weiterer Punkt, den die Forscher klären wollen.
Ökosysteme für den Ackerbau nutzen
Der Tropenexperte Karl Eduard Linsenmair geht im Projekt WASCAL unter anderem der Frage nach, wie die Landschaft aussehen muss, damit Bauern die „natürlichen Dienstleistungen“ der Ökosysteme bestmöglich nutzen können. Was das heißt, macht er an einem Beispiel deutlich: „Für die Bestäubung vieler landwirtschaftlicher Pflanzen sind Insekten nötig, für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit ist die Tätigkeit von Termiten wichtig“.
Solche Dienstleistungen erbringen die Insekten nur, wenn sie im Kulturraum des Menschen noch existieren können. Das gelingt zum Beispiel dann, wenn sich naturnahe Vegetationsinseln in der Landschaft finden. Wie viele Insekten bewegen sich regelmäßig aus diesen Inseln wie weit in die Nutzflächen hinein? Unter anderem das ermitteln die Würzburger Forscher. „Wenn man das weiß, hat man eine erste fundierte Vorstellung davon, wie die Landschaft räumlich strukturiert werden sollte, um eine ausreichende Bestäubung zu ermöglichen“, sagt der Professor.
Comoé-Forschungsstation lebt wieder auf
Ein zentraler Drehpunkt im Projekt WASCAL soll die ökologische Feldforschungsstation werden, die Linsenmair ab den 1990er-Jahren im Comoé-Nationalpark aufgebaut hat. Das freut den Professor besonders. Denn zehn Jahre lang war die Station im Norden der Republik Elfenbeinküste nicht benutzbar, weil ab 2002 ein Bürgerkrieg im Land tobte.
„Nachdem sich die Lage beruhigt hat, ist die ivorische Regierung mit dem Wunsch an uns herangetreten, die Station zu einem Exzellenzzentrum für Biodiversitäts- und Klimawandelstudien auszubauen.“ Finanzielle Unterstützung für dieses Vorhaben kommt von der Fritz-Thyssen-Stiftung, die bereits den Aufbau der Station maßgeblich mitfinanziert hat.
Afrikanische Nachwuchsforscher qualifizieren
In der Forschungsstation im Comoé-Nationalpark sollen künftig auch afrikanische Doktoranden kombinierte Freiland- und Laborpraktika absolvieren. Denn die Qualifizierung des afrikanischen Wissenschaftsnachwuchses ist ein wichtiger Punkt im WASCAL-Projekt: Es beinhaltet mehrere Graduiertenschulen für junge Forscher aus den zehn beteiligten Ländern. Auch der Lehrstuhl für Fernerkundung ist Partner einer der WASCAL-Graduiertenschulen.
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