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Aktuell
Guarani und Zuckerrohr
Biotreibstoff 'mit indigenem Blut gefärbt': US-Nahrungsmittelkonzern verstrickt
Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 13.11.12
Ein US-Nahrungsmittelkonzern ist in einen Skandal um Zuckerrohr in Brasilien verwickelt, der eine indigene Gemeinde von ihrem Land trennt, Flüsse verschmutzt und den Guarani-Indianern Krankheit und Tod bringt. Bunge, einer der bedeutendsten internationalen Lieferanten von Getreide mit Hauptverwaltung in den USA, ist sehr aktiv an Brasiliens aufkeimendem Biotreibstoffmarkt beteiligt. Der Konzern bezieht auch Zuckerrohr von Farmern, die angestammtes Land der Guarani-Indianer übernommen haben.
Eine Gemeinde von 225 Guarani aus dem Bundesstaat Mato Grosso do Sul, die ihr Land an die Plantagen verloren hat, sagt, dass ihr Leben durch das Vordringen des Zuckerrohrs und die zugehörigen Maschinen und Pestizide in den vergangenen vier Jahren zerstört wurde.
Zwei Guarani der Gemeinde Jata Yvary haben in diesem Jahr bereits Selbstmord begangen. Die beiden 16- und 13-jährigen Jungen wurden erhängt an einem Baum gefunden. Berichten zufolge soll zudem ein LKW auf einer von Bunges Zulieferfarmen einen Mann überfahren und getötet haben.
Mitglieder der Gemeinde berichteten gegenüber der Menschenrechtsorganisation Survival International: “Wir Guarani wollen kein Zuckerrohr mehr auf unserem Land [
] Es schadet unserer Gesundheit und der Gesundheit unserer Kinder und älteren Menschen, und das Gift verschmutzt unser Wasser.”
Die Guarani berichten von Pestiziden, die mit Flugzeugen über ihrer Gemeinde versprüht werden, und von ausrangierten Maschinen und Ernteerträgen, die in den Flüssen dahin rotten, aus denen sie ihr Trinkwasser beziehen.
In einem Brief fordern sie die Demarkierung ihres Landes und “die Ausweisung der weißen Menschen, weil wir mit ihnen keine Möglichkeit haben zu jagen und zu fischen und wir unsere Traditionen nicht ausüben können. Wir wollen den Wald schützen aber sie zerstören ihn und machen unrechtmäßig Geld damit.”
Die brasilianische Verfassung und ein Abkommen zwischen den Guarani und den Behörden verpflichtet die Regierung, das Land der Indianer zu erfassen und zu schützen. Doch die Umsetzung ist praktisch zum Stillstand gekommen. Somit müssen die Guarani, während sie auf die Rückübertragung ihres Landes warten, miterleben, wie die ständig wachsenden Zuckerrohrplantagen ihre Heimat zerstören.
Survival hat sich in einem Brief an Bunge gewandt, doch das Unternehmen bleibt kompromisslos und gab an, dass man auch weiterhin Zuckerrohr vom angestammten Land der Guarani beziehen würde, bis die brasilianischen Behörden das Land abschließend als indigenes Gebiet identifiziert hätten.
Mitte des Jahres hatte Raizen, ein Biotreibstoffunternehmen von Shell und Cosan, seine kontroversen Pläne zurückgezogen, Zuckerrohr von Land zu beziehen, das den Guarani genommen wurde. Die Entscheidung folgte einer längeren Kampagne der Guarani mit Unterstützung von Survival.
Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute: "Ein Großteil von Brasiliens Biotreibstoffen ist mit indigenem Blut gefärbt. Alle die es nutzen, sollten wissen, dass ihre sogenannte “ethische” Wahl zum Tod und zur Zerstörung der Guarani-Indianer beiträgt. Bunge muss dem Beispiel von Shell folgen und das Land der Guarani verlassen. Das Unternehmen kann sich nicht dahinter verstecken, dass man auf offizielle Anerkennung des Landes wartet was Jahrzehnte dauern könnte."
Kopp bekräftigt die Zusammenarbeit mit indigenen Völkern
BMZ Pressemitteilung, 10.11.2012
Berlin Gudrun Kopp, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ist mit Uilton Tuxa, Vertreter des brasilianischen Dachverbands indigener Völker (APIB, Articulação dos Povos Indígenas do Brasil) und Vertretern der Gesellschaft für bedrohte Völker sowie der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. zu einem Gespräch in Berlin zusammengekommen.
Der Vertreter der indigenen Bevölkerung in Brasilien brachte dabei seine Besorgnis über aktuelle Gesetzgebungsverfahren in Brasilien zum Ausdruck. Hintergrund ist eine Verordnung der brasilianischen Staatsanwaltschaft, durch die seiner Meinung nach das Recht auf Konsultierung indigener Völker, etwa bei bevorstehenden Infrastrukturmaßnahmen oder bei Projekten zur Rohstoffgewinnung, erheblich beschnitten werde. Das sei ein Verstoß gegen die Vorgaben der auch von Brasilien unterzeichneten ILO-Konvention 169. Außerdem ermögliche die Verordnung die Wiederaufnahme der Diskussion um Grenzen der Indianergebiete. Die Verordnung schränke vor allem die territorialen Rechte der indigenen Völker ein und stelle zum Teil die in der Verfassung verankerten indigenen Rechte in Frage. Aktuell ist die betreffende Verordnung aufgrund breiter, gesamtgesellschaftlicher Proteste suspendiert.
Die Parlamentarische Staatssekretärin Kopp sagte: "Etwa ein Fünftel des brasilianischen Amazonaswaldes (ca. 22 Prozent der Gesamtfläche Amazoniens) sind ausgewiesene Indianergebiete. Gegenwärtig sind diese eine der wichtigsten Barrieren gegen die Entwaldung und tragen erheblich und flächenwirksam zum Schutz des Tropenwaldes und der Biodiversität bei. Die Indianergebiete tragen zudem der Umsetzung des Rechts indigener Völker auf eine selbstbestimmte Entwicklung Rechnung."
Gudrun Kopp bekräftigte die Bedeutung und die Relevanz der Rechte indigener Völker für die deutsche Bundesregierung: "Der Schutz der Menschenrechte indigener Völker auf allen Kontinenten bleibt eine Herausforderung und ist daher integraler Bestandteil des Menschenrechtskonzepts in unserer Entwicklungszusammenarbeit. Die Bundesregierung setzt sich in diversen Vorhaben in Lateinamerika für die Verbesserung der Lage indigener Bevölkerungsgruppen, die Wahrung ihrer Rechte, die zügige Umsetzung von Verfassungsvorschriften und die Einbindung in die politischen Prozesse ein."
Sie fügte hinzu: "Selbstverständlich muss Brasilien alle Möglichkeiten zu einer nachhaltigen Entwicklung haben. Aber nur wenn indigene Völker direkt in sie betreffende Entscheidungen einbezogen werden, können Konflikte um natürliche Ressourcen gelöst und eine wirklich nachhaltige Entwicklung erreicht werden. Aktive Partizipation indigener Völker ist unabdingbar für die Verwirklichung ihrer Menschenrechte." Gudrun Kopp sagte dem Vertreter von APIB zu, die brasilianische Regierung um Stellungnahme zu der Gesamtproblematik zu bitten.
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