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Aktuell
Unruhen in Westpapua
Proteste gegen Rassismus in Westpapua
Mindestens 20 Tote und mehr als 80 Verletzte am Montag
Die Proteste flammen seit Mitte August immer wieder auf
GfbV fordert freien Zugang zur Krisenregion für Hilfsorganisationen und Journalisten
GfbV Pressemitteilung, 24.9.19
Nach erneuten schweren Unruhen in Westpapua fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) freien Zugang zur Krisenregion für UN-Menschenrechtsexperten, Hilfsorganisationen und Journalisten. Die Menschenrechtsorganisation verlangt zudem ein Verbot nationalistischer Milizen in der von Indonesien kontrollierten Inselhälfte Neuguineas, da sie mit rassistischen Parolen gegen indigene Papua Spannungen in Westpapua schürten. „Seit Jahrzehnten fordern Papua mehr Rechte und Selbstbestimmung. Stattdessen schränkt Indonesiens demokratisch gewählte Regierung Menschenrechte ein und entsendet immer mehr Sicherheitskräfte. So löst man keinen Konflikt“, erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Am Montag waren bei Papua-Protesten in der Stadt Jayapura vier Menschen zu Tode gekommen. In dem im Hochland gelegenen Ort Wamena wurden mindestens 16 Personen getötet. Mehr als 80 Menschen wurden verletzt. Mehrere Dutzend Papua-Schüler und -Studenten wurden festgenommen.
Die Proteste flammen seit Mitte August immer wieder auf. Sie gehen vor allem von rund 2.000 Schülern und Studenten aus, die von ihren Ausbildungsplätzen auf der Insel Java vorzeitig in ihre Heimat zurückkehrten, nachdem es dort rassistische Übergriffe auf sie gab. Bei Festnahmen durch die Polizei waren sie Mitte August 2019 in Surabaya als „Esel“ und „Schweine“ beschimpft worden. Seit Jahrzehnten beklagen indigene Papua ihre Diskriminierung und Verletzung grundlegender Menschenrechte durch die indonesische Mehrheitsgesellschaft. Tausende Papua demonstrierten daraufhin für die staatliche Unabhängigkeit der ehemaligen niederländischen Kolonie, die Indonesien Anfang der 60er Jahre militärisch annektiert hatte. Mit ihren Massenprotesten fordern sie ein Referendum über die Zukunft Westpapuas.
Indonesiens Regierung reagiert bisher hilflos auf die Proteste. Sie hat 6.000 weitere Sicherheitskräfte entsendet und blockiert in weiten Teilen Westpapuas das Internet, um den Austausch von Informationen über Menschenrechtsverletzungen zu behindern. Zahlreiche pazifische Inselstaaten sowie Neuseeland und Australien äußerten bereits ihre Besorgnis über die zunehmenden Spannungen in Westpapua.
Die Vereinten Nationen und internationale Menschenrechtsorganisationen fordern seit Jahren vergeblich freien Zugang nach Westpapua für Menschenrechtsexperten, Hilfsorganisationen und Journalisten. Rund 35.000 Papua flohen seit Jahresbeginn vor Kämpfen zwischen der indonesischen Armee und bewaffneten Papua-Gruppen. Nach Angaben lokaler Menschenrechtler sei die humanitäre Versorgung so katastrophal, dass bereits rund 200 Papua in Flüchtlingslagern starben.
West-Papua: Indigene getötet, anti-rassistische Proteste dauern an
Survival International Deutschland E.V. Pressemitteilung, 2.9.19
Sieben indigene Papua sollen Berichten zufolge getötet worden sein, als Polizei- und Militär auf Protestierende feuerten. Sechs weitere sollen letzte Woche im Gebiet von Deiyai in West-Papua gestorben sein, und ein papuanischer Student wurde gestern bei einer Razzia in einem Studentenwohnheim erschossen. Viele andere Demonstrierende sollen verletzt worden sein. Auch ein Polizist wurde getötet. Die Behörden bestreiten diese Zahlen.
Die anhaltenden Proteste, bei denen auch öffentliche Gebäude in Brand gesetzt wurden, breiteten sich in ganz West-Papua (der westlichen Hälfte der Insel Neuguinea) aus, nachdem papuanische Studierende in der Stadt Surabaya rassistisch beschimpft wurden.
Menschenmassen hatten sich in Surabaya vor einem Wohnheim indigener Studierender versammelt und „Affen“, „Schweine“ und „Hunde“ gerufen. Sie beschuldigten die Studierenden am Unabhängigkeitstag Indonesiens eine indonesische Flagge beschädigt zu haben. Zu dem Mob gehörten auch Militärs. Videos des rassistischen Angriffs verbreiteten sich viral in West-Papua. Tausende gehen seitdem auf die Straßen, um zu protestieren.
Protestierende sangen „Wir sind keine Affen“ und stimmten Anti-Rassismus-Slogans an. Sie fordern die Unabhängigkeit von Indonesien. Die Indigenen in West-Papua werden seit langem von den indonesischen Behörden rassistisch und gewaltsam angegriffen. Friedliche Forderungen nach Unabhängigkeit wurden brutal unterdrückt.
Victor Yeimo, ein Sprecher für die Unabhängigkeit, sagte gegenüber Medien, dass die Menschen nicht wütend seien, „nur weil sie uns Affen nennen, sondern weil sie [Indonesien] uns wie Tiere behandeln.“
Indonesien, das West-Papua seit 1963 besetzt hält, verletzt seit Jahrzehnten die Menschenrechte der Papua. Außergerichtliche Tötungen, willkürliche Verhaftungen und Folter durch die Sicherheitsdienste sind nach wie vor weit verbreitet.
Die Behörden haben auf die jüngsten Proteste reagiert, indem sie Tausende weitere Soldaten eingesetzt haben, darunter 600 weitere der gefürchteten Brimob (paramilitärische Polizei) in der Provinzhauptstadt Jayapura. West-Papua ist bereits die am stärksten militarisierte Region Indonesiens. Es gab auch weit verbreitete Internet- und Telefonausfälle.
Papua: Rassismus und Ausbeutung der Natur sind zwei Seiten einer Medaille
Bei Unruhen wegen rassistischer Beschimpfungen wurden in der indonesischen Provinz Papua sechs Menschen getötet. Die Wut über Rassismus und Naturzerstörung wächst, denn auch Papuas Wälder fallen Geschäften zum Opfer.
"Rettet den Regenwald" e.V. Pressemitteilung, 29.8.19
Sechs Menschen wurden bei Unruhen in der indonesischen Provinz Papua getötet, wie Suara Papua und Aljazeera berichten. Ausgebrochen sind die Unruhen, nachdem Studenten aus Papua auf der Hauptinsel Java von Polizisten rassistisch beleidigt worden sind.
Die Wut über rassistisch motivierte Unterdrückung entlädt sich in Papua an vielen Orten. Militär schreitet ein, Internet und Mobilfunknetz wurden blockiert. Unser örtlicher Partner berichtet, dass Schüsse zu hören waren und Menschen am Boden lagen. Die Todesfälle sind noch nicht bestätigt.
Papua, der Westteil der Insel Neuguinea (nach Grönland die größte Insel der Welt) gehört seit einem umstrittenen Referendum zu Indonesien. (Der Ostteil der Insel ist der souveräne Staat Papua-Neuguinea.) Die Papuaner sind Melanesier und unterscheiden sich ethnisch und kulturell von den vorwiegend malaiisch geprägten Indonesiern.
Die indonesische Besetzung Papuas in den 1960er Jahren hängt eng mit der Ausbeutung der Naturressourcen zusammen. Hier betreibt der Konzern Freeport McMoran die größte Gold- und Kupfermine der Welt. Für diese werden ganze Berge ausgehöhlt, Flussläufe mit Abraum zugeschüttet und Menschen vertrieben.
Zur „Sicherung“ der Investitionen ist überall Militär präsent, bis in die letzten Dörfer. Im Rahmen von Umsiedlungsprogrammen sind zigtausende verarmte Familien nach Papua eingewandert, sodass die Einheimischen längst zur Minderheit geworden sind.
Papua ist seit zwei Jahrzehnten die „letzte Front“ der Holzmafia. Nur hier gibt es noch ausgedehnte Urwälder mit Baumriesen wie Merbau, die den Holzhunger der Welt befriedigen. Täglich verlassen Schiffe legal und illegal die Küsten in Richtung Norden, nach China.
In Papua, wo es vor 10 Jahren kaum Palmölplantagen gab, wurden mittlerweile schon mehrere Millionen Hektar mit Ölpalmen bepflanzt. Die Ausbeutung der Ressourcen bedeutet für die indigenen Gemeinschaften den Verlust ihrer Existenz.
So addiert sich der Schock über die rassistische Behandlung seitens der indonesischen Sicherheitskräfte zum Trauma über den Verlust der Wälder.
Aktuelle Beispiele:
- Für das Landwirtschaftsprojekt MIFEE-Projekt (Merauke Integrated Food and Energy Estate) im Distrikt Merauke sind schon mehr als 1.000.000 Hektar Wald gerodet worden. Die Natur ist zerstört, die Einheimischen wurden betrogen und ihrer Lebensgrundlage beraubt.
- Eine weitere neue Palmölplantage entsteht gerade bei Nabire an der Nordküste, fast 30.000 Hektar groß, zum Teil in Primär- und Torfwald.
- Zahlreiche andere Palmölfirmen haben Primärwald vernichtet, darunter sind Plantagen der Salim Group und von Pacific Interlink, die das angebliche "Nachhaltigkeitssiegel" RSPO tragen.
- In den vergangenen Monaten sind fast 2.000 Kilometer Straßen gebaut worden, gegen den Protest der Papuaner. Dafür wurden Primärwälder abgeholzt und so Wilderern und Holzfällern der Zugang ins Landesinnere erleichtert.
- Im Rahmen des „Entwicklungsplans“ werden auch Straßen bis in den Lorentz-Nationalpark im Distrikt Nduga gebaut, was dem Freeport-Konzern den Zugriff auf weitere Gold- und Kupfervorkommen ermöglicht aber eine furchtbare Gefahr für den Lorentz-Nationalpark ist.
- Parallel zum Straßenbau ist Militär im Distrikt Nduga einmarschiert. Zigtausende Einheimische sind in die Wälder geflohen. Laut Menschenrechtsgruppen sollen 182 Menschen an Hunger, Kälte und Krankheiten gestorben sein. Bewaffnete Unabhängigkeitskämpfer haben in Nduga sechs Arbeiter getötet.
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