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Position der Bundesregierung zu internationaler Waldpolitik
Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Peter Paziorek, Cajus Caesar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 14/7707 -

Maßnahmen der Bundesregierung zum Schutz der letzten Urwälder

Vorbemerkung der Fragesteller
Die letzten großen Urwaldgebiete der Erde sind bedroht. Dies wurde im Gesamtwaldbericht der Bundesregierung im Juli 2001 bestätigt. Die Heimat indigener Völker und der Lebensraum von ca. zwei Dritteln aller landlebenden Tier- und Pflanzenarten werden mit den Urwäldern für immer vom Globus verschwinden. Der seit Anfang der neunziger Jahre eingeschlagene Weg der internationalen Staatengemeinschaften, sich auf eine international gültige Waldkonvention zu verständigen, hat nicht zu Schutz und nachhaltiger Nutzung der Urwälder geführt. Der jährliche Urwaldflächenverlust ist mit 15 Mio. ha unvermindert groß.

Nicht erreicht wurde auch das Ziel der 1994 gegründeten International Tropical Organisation (ITTO), vom Jahr 2000 an nur noch Tropenholz aus nachhaltig und umweltfreundlich bewirtschafteten Flächen in den internationalen Handel gelangen zu lassen. Die ITTO, zu deren Mitgliedern auch die Bundesregierung zählt, hat sich damit nicht als geeignetes Instrument zum Erhalt der letzten großen Urwälder erwiesen.


Vorbemerkung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat die aktuelle Situation der Wälder weltweit und die Grundlinien ihrer internationalen Waldpolitik ausführlich in ihrem Gesamtwaldbericht vom Juli dieses Jahres dargelegt. Sie teilt die Besorgnis über die ungebremst hohen Verluste in den Primärwäldern, insbesondere in den Tropen.

Gegenmaßnahmen können jedoch nicht, wie Titel und Inhalt der Kleinen Anfrage in Anlehnung an die aktuelle Greenpeace-Kampagne zu diesem Thema vermuten lassen, ausschließlich auf die "Urwälder" gerichtet werden.

Der Schutz der noch verbliebenen Primärwälder der Erde muss nach Ansicht der Bundesregierung sinnvoll in eine Gesamtpolitik zum Schutz und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder weltweit eingebunden werden. Dabei kommt es besonders auf die Umsetzung bisheriger Entscheidungen im Rahmen des Rio-Folgeprozesses und auf ein möglichst wirkungsvolles Zusammenspiel der zahlreichen waldrelevanten Institutionen - die in der Anfrage herausgegriffene Tropenholzorganisation (ITTO) ist eine davon - und Initiativen an. Eine solche Gesamtstrategie kann vor allem nur mit den betroffenen, meist schwach entwickelten Ländern und nicht gegen sie Erfolg haben. Dazu müssen ihre Souveränität, ihr Recht auf eigene und selbstbestimmte Entwicklung sowie die Entwicklung sinnvoller ökonomischer Perspektiven beachtet werden.

1. Welche Überlegungen der Bundesregierung gibt es, einen neuen Anlauf zu einer solchen Konvention zu machen? Sieht die Bundesregierung in der Nutzung vorhandener internationaler Übereinkommen, insbesondere dem Übereinkommen für biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD) einen aussichtsreichen Ansatz für einen dauerhaften Schutz der verbliebenen Urwälder?

2. In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung, das Instrument CBD aktiv zu nutzen und dieses gegenüber den EU-Mitgliedstaaten zu vertreten?

3. Welche Initiativen und Eingaben hat die Bundesregierung auf EU-Ebene und auf der siebten Konferenz des Subsidiary Body on Scientific Technical and Technological Advice (SBSTTA-7) der CBD im November 2001 in Montreal ergriffen und welche Initiativen wird sie auf der 6. Vertragsstaa-tenkonferenz (COP6) der CBD ergreifen, um der globalen Urwaldkrise ein effektives und aktionsorientiertes Arbeitsprogramm zum Schutz der Urwälder entgegen zu setzen?


Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet.

Mit den Handlungsempfehlungen der Ad-hoc-Waldausschüsse bei den Vereinten Nationen (IPF und IFF) wurde eine gute Ausgangsgrundlage für konkrete Umsetzungsmaßnahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder vor Ort, insbesondere durch Nationale Waldprogramme, geschaffen. Im neu eingerichteten Waldforum der Vereinten Nationen, UNFF, setzt die Bundesregierung gemeinsam mit den Partnern in der EU nun zunächst alles daran, dass das oben erwähnte Zusammenspiel der waldrelevanten Institutionen und Initiativen gemäß dessen Mandat wirksam gefördert wird und die Maßnahmenumsetzung zügig vorangetrieben wird, um möglichst rasch einen Stopp der Waldzerstörung zu erreichen.

Zu dem Thema einer internationalen Waldkonvention haben sich Deutschland und die EU, wie zuletzt im Gesamtwaldbericht der Bundesregierung dargelegt, wiederholt dafür ausgesprochen dass ein solches rechtsverbindliches Instrument, wie z. B. eine Waldkonvention, grundsätzlich geeignet wäre, die den Wald berührenden Themen in Fortentwicklung des Kapitels 11 der Agenda 21 und der Rio-Walderklärung in integrierter und kohärenter Weise zu regeln und auf möglichst hohem Niveau Aussagen zur Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung der Wälder weltweit zu treffen.

Zu einem solchen rechtsverbindlichen Instrument konnte bisher international kein Konsens hergestellt werden. An der Ausarbeitung eines solchen Rechtsinstrumentes wird sich die Bundesregierung mit den in der Vorbemerkung genannten Zielen beteiligen, sofern bei dem UNFF, das sich im Rahmen seines Mandates auch mit dieser Frage zu befassen hat, im Lichte der in den laufenden internationalen Prozessen gesammelten Erfahrungen und erzielten Ergebnisse ein Konsens über die Zweckmäßigkeit eines solchen Rahmens abzeichnet.

Dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) misst die Bundesregierung wegen seiner dreifachen Zielsetzung - Erhalt, nachhaltige Nutzung sowie gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung der genetischen Ressourcen - und wegen seines rechtsverbindlichen Charakters große Bedeutung im Waldbereich bei. Im Hinblick auf die 6. Vertragsstaatenkonferenz (COP 6) der CBD unterstützt die Bundesregierung die Erarbeitung eines umsetzungsorientierten Arbeitsprogramms zur biologischen Vielfalt der Wälder. Bei der letzten Sitzung des wissenschaftlich-technischen Ausschusses (SBSTTA) in Montreal ist es gelungen, eine vorrangige Konzentration der Schutzbemühungen auf ökologisch bedeutsame Waldökosysteme, einschl. der Primärwälder, zu ver-einbaren.

Spezielle deutsche Forderungen, die darüber hinaus im Entwurf für ein solches Arbeitsprogramm verankert werden konnten, sind die Einrichtung eines internationalen Netzwerkes der wichtigsten Wald-Schutzgebiete, verbessertes Management in bestehenden Schutzgebieten sowie weitergehende Untersuchung der Auswirkungen von Versauerung und Eutrophierung auf Wälder.

Es gilt nun, diese Punkte auch bei der kommenden COP 6 der CBD durchzusetzen und das Arbeitsprogramm zu verabschieden. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, Maßnahmen zur Schaffung förderlicher politischer Rahmenbedingungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt der Wälder zu verankern. Hierzu gehört nach Ansicht der Bundesregierung auch, die Ziele und Inhalte des waldbezogenen CBD-Arbeitsprogramms so mit denen an-derer waldrelevanter Prozesse zu koordinieren, dass eine kohärente Umsetzung auf nationaler und internationaler Ebene möglich ist.

4. Wie wird die Bundesregierung die notwendige Verbesserung des Managements von bestehenden Urwaldschutzgebieten und die dringende Neuausweisung von Urwaldschutzgebieten in den Urwaldländern unterstützen?

Unterstützung für die notwendige Verbesserung des Managements von Schutzgebieten, einschließlich derer zum Schutze von Urwäldern, wird wie bisher über Projekte der bi- und multilateralen Zusammenarbeit im Bereich des Umwelt-oder Forstsektors gewährt. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Länder die ge-wünschten Maßnahmen als erforderlich erkennen und - am besten im Rahmen nationaler Gesamtstrategien zum Schutz und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder - um diese Unterstützung nachsuchen. Entsprechende internationale Vereinbarungen, wie z. B. das anvisierte Arbeitsprogramm im Rahmen der CBD, können hierfür einen wertvollen Rahmen bieten.

5. Gibt es Überlegungen in der Bundesregierung über neue Finanzierungsmechanismen, die die Erhaltung und Einrichtung von Urwaldschutzgebieten dauerhaft absichern?

Über multilaterale Finanzierungsmechanismen ist im Einzelnen und anhand konkreter Maßnahmen zu diskutieren.

Die Bundesregierung ist weiterhin gegen die Einrichtung neuer multilateraler Fonds, die schwer zu steuern sind und zu viele der dringend nötigen Mittel für Verwaltungskosten erfordern würden. Vielmehr kommt es darauf an, Finanzmittel im angemessenen Umfang bereitzustellen.

Mit der Einrichtung der Globalen Umweltfazilität (GEF) besteht bereits ein zentrales und gut geeignetes Finanzierungsinstrument für Umweltmaßnahmen mit globaler Auswirkung - worunter auch die Einrichtung von Waldschutzgebieten fällt.

Die Bundesregierung setzt sich auch deshalb im Rahmen der gegenwärtigen internationalen Verhandlungen für eine angemessene Wiederauffüllung der GEF ein und unterstützt die derzeit in Vorbereitung befindliche Ausweitung der GEF für einen neuen Förderbereich "Landdegradierung", unter dem neben Maßnahmen gegen Desertifikation auch solche gegen Entwaldung förderfähig werden.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung mit dem Rio-Erdgipfel 1992 die Möglichkeit geschaffen, gegenüber ärmeren Entwicklungsländern im Rahmen von Umschuldungen des Pariser Clubs der öffentlichen Gläubiger auf Forderungen aus der finanziellen Entwicklungszusammenarbeit (FZ) zu verzichten. Voraussetzung ist, dass dadurch freiwerdende Mittel teilweise in der jeweiligen Landeswährung für Maßnahmen des Umweltschutzes, der Armutsbekämpfung (seit 1996) oder für Bildung (seit 1998) verwendet werden.

Seit 1993 sind für insgesamt 1,2 Mrd. DM entsprechende Schuldenumwandlungen mit 16 Entwick-lungsländern vereinbart worden. Außerdem wird die langfristige finanzielle Absicherung von Naturschutzvorhaben in den Partnerländern unterstützt.

6. Wie gedenkt die Bundesregierung, eine "urwaldfreundliche" Beschaffungsrichtlinie, die in Bundesministerien und -behörden verpflichtend umgesetzt, kontrolliert und verbessert werden muss, zeitnah - auch für nichttropische Hölzer - umzusetzen, und ist der Einsatz von Recyclingpapier-Produkten und der Einkauf von zertifizierten Holzprodukten verpflichtend vorgeschrieben?

Eine Beschaffung von Holz und Recyclingpapier aus nachweislich nachhaltiger Bewirtschaftung durch öffentliche Auftraggeber ist nach geltendem Vergaberecht möglich. Öffentliche Auftraggeber repräsentieren einen wichtigen Teil der Gesamtnachfrage. Zudem kommt ihnen hinsichtlich der Beschaffung solcher Produkte eine Vorbildfunktion zu. Deshalb begrüßt die Bundesregierung, dass die Europäische Kommission erst kürzlich in ihrer auslegenden Mitteilung vom 4. Juli 2001 (KOM(2001)274 endg.) klargestellt hat, welche vielfältigen rechtlichen Möglichkeiten bereits jetzt bestehen, Umweltbelange bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu berücksichtigen.

Dies betrifft u. a. die Wahl des Vertragsgegenstandes und die Anforderungen an die technischen Spezifikationen, wie z. B. die Produktionsverfahren. Die Bundesregierung unterstützt, dass diese Möglichkeiten besser publik gemacht und damit umfangreicher angewendet werden. In ihrem eigenen Beschaffungsbereich praktiziert sie bereits seit 1998, dass im Falle der Beschaffung von Tropenholz auf einen Nachweis für die Herkunft aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung geachtet wird.

Eine mögliche Ausweitung auf nicht-tropisches Holz wird derzeit - u. a. unter wettbewerbsrecht-lichen Aspekten - geprüft. Auch die Beschaffung von Recyclingpapier wird seit langem praktiziert. Für die Bundesverwaltung ist inzwischen eine Altpapier-Rücklaufquote von mehr als 90 %(Zielvorgabe des Deutschen Bundestages vom 8. Oktober 1992) erreicht.

7. Wie wird bei öffentlichen Ausschreibungen wirkungsvoll ausgeschlossen, dass Holz aus Urwaldzerstörung verwendet wird?

Dies geschieht im Fall einer Nutzung von Tropenholz durch die Vorgabe, nach den Möglichkeiten des Marktes Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft - versehen mit einem geeigneten Zertifikat ? zu verwenden, wie dies z. B. bei Bauaufträgen des Bundes seit 1998 praktiziert wird.

8. Wie wird sich die Bundesregierung bei der Ende November 2001 im EU-Ministerrat anstehenden Entscheidung zur Novellierung der Gesetze für die öffentliche Beschaffung (COM(2000)275) positionieren, um die Ziele der Amsterdamer Verträge (umweltverträglich und sozial gerecht) und des G8-Waldaktionsprogramms (2000) in die Gesetzesinitiative einzubringen?

Der Binnenmarktrat hat Ende November 2001 über den Richtlinienvorschlag der Kommission zur Novellierung des EU-Vergaberechtes nicht entschieden. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass öffentliche Auftraggeber umweltfreundliche Produktionsverfahren verpflichtend vorschreiben können.

9. Welche wirkungsvollen Maßnahmen hat die Bundesregierung im Rahmen des G8-Aktionsprogramms von Wäldern ergriffen, um dem drängenden Problem von illegalen Holzeinschlägen und dem Handel mit illegal geschlagenem Holz entgegen zu wirken?

Auf dem 2000er-Gipfel von Okinawa haben die Staats- und Regierungschefs der G8 beschlossen, zu prüfen, mit welchen Maßnahmen sie am besten den illegalen Holzeinschlag, einschließlich Export- und Beschaffungspraktiken, bekämpfen können.

Dieser Prüfauftrag wird derzeit durch die Experten der G8-Staaten durchgeführt. Die Bundesregierung hat aus diesem Anlass ein Bündel von Maßnahmen vorgeschlagen, das u. a. die Bereiche Nationale Waldprogramme, Washingtoner Artenschutzabkommen, Zertifizierung und Beschaffungswesen sowie konkrete Pilotmaßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit in Urwaldregionen umfasst.

Im November 2001 veranstaltete sie darüber hinaus ein internationales Expertentreffen zum Stand der wissenschaftlichen Möglichkeiten des genetischen und chemischen "Fingerabdrucks" zum Zweck der verbesserten Identifizierung von Handelshölzern. "Focal Point" für das Thema "illegaler Holzeinschlag" ist das Vereinigte Königreich (Deutschland für den Bereich "Nationale Waldprogramme").

Das Vereinigte Königreich ließ eine Studie über Möglichkeiten der Bekämpfung illegalen Holzeinschlages erstellen. Zusammen mit den USA, der Weltbank und Indonesien veranstaltete es eine viel beachtete Regionalkonferenz zum Thema "Verbesserte Forstrechtsanwendung und Regierungsausführung" in Indonesien (September 2001), deren Beschlüsse wichtige Anknüpfungspunkte zur Förderung konkreter Maßnahmen in den Erzeugerländern darstellen.

Die Konferenzergebnisse sollten nach Ansicht der Bundesregierung von anderen Regionen und Institutionen aufgegriffen werden. Für 2002 ist eine weitere Konferenz für die Region Zentralafrika in Vorbereitung.

Die Abstimmungen innerhalb der G8 sind hilfreich für ein koordiniertes Vorgehen der G8-Partner in den genannten Maßnahmebereichen. Mit deren Thematisierung auf den jeweiligen Gipfeltreffen geben die Staats- und Regierungschefs darüber hinaus wichtige politische Signale, die auch Maßnahmen Dritter unterstützen können. Bei allen internationalen Maßnahmen oder Maßnahmen in den Empfängerländern, insbesondere, wenn ausschließlich G8-Staaten berührt sind, ist jedoch zu berücksichtigen, dass ohne die dringend nötige Überwindung der Strukturschwächen in den Erzeugerländern keine Fortschritte im Kampf gegen illegalen Holzeinschlag weltweit zu erzielen sind.

10. Welche Interessen und Staaten haben in der ITTO dazu geführt, dass das Ziel 2000 total verfehlt wurde und der tropische Urwaldverlust unvermin-dert hoch ist?

Das ITTO-Ziel "Jahr 2000", d. h. ab dem Jahr 2000 nur noch Tropenholz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung zu exportieren, konnte trotz umfassender Unterstützung der ITTO bisher noch nicht erreicht werden. Dies ist vor allem auf zum Teil noch unzureichende Mindestvoraussetzungen in den Tropenholzerzeugerländern zurückzuführen, wie z. B. das Fehlen der nötigen strukturellen Rahmenbedingungen und effektiver Verwaltungsstrukturen zur Förderung und Umsetzung von Schutz und nachhaltiger Bewirtschaftung der Tropenwälder.

Darüber hinaus fehlt es in vielen Ländern nach wie vor an der nötigen politischen Einsicht und dem Willen, wirkliche Veränderungen im Waldbereich anzugehen. Allgemein kann jedoch das bisherige Nichterreichen des "Ziels 2000" nicht an einzelnen Staaten festgemacht werden, da im Rahmen von ITTO jedes Mitglied die Möglichkeit hat, in eigener souveräner Entscheidung die entsprechenden Entscheidungen der Organisation umzusetzen und dafür entsprechende Projekte zu beantragen.

11. Welche Kosten sind der Bundesregierung seit 1994 für die ITTO, für die Teilnahme an deren Konferenzen, Tagungen sowie anderen Treffen ent-standen, und welchen substanziellen spezifischen Beitrag hat die Bundesregierung seit 1994 im Rahmen der ITTO geleistet, um der Urwaldzerstörung entgegen zu wirken, die Einführung nachhaltiger, kontrollierter Waldnutzung zu fördern und den Handel mit Holz aus Urwaldzerstörung zu unterbinden?

Grundsätzlich ist die Bundesregierung der Auffassung, dass langjährige und komplizierte internationale Verhandlungsprozesse, wie diejenigen im Waldbereich, nicht mit einfachen Kosten-Nutzen-Rechnungen bewertet werden können.

Auch können Beiträge im Rahmen einer relevanten Organisation, hier der ITTO, nicht isoliert von Beiträgen bei anderen bewertet werden. Vielmehr sind nur durch ein sinnvolles Zusammenspiel, bei der die komparativen Vorteile jeder Organisation sinnvoll genutzt werden, eine wirkungsvolle Gesamtstrategie zur Erhaltung der Wälder zu erreichen oder kontraproduktive Aktivitäten zu verhindern.

Bei der ITTO ist sich die Bundesregierung der beschränkten Möglichkeiten, die ihr diese Organisation für die Durchsetzung ihrer Ziele bietet, durchaus bewusst. Bei Abwägung der Vor- und Nachteile hat bisher aber die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung auf dieser zumindest für die Tropenwaldpolitik wichtigen politischen Plattform den Ausschlag bei der Entscheidung über eine Mitgliedschaft gegeben.

Der deutsche Beitrag zum Verwaltungshaushalt der ITTO belief sich im Jahr 2000 entsprechend der Stimmrechtsanteile auf ca. 118 000 DM (ca. 67 700 US $).

Damit trägt die Bundesrepublik Deutschland an den durch Beiträge ge-deckten Anteil im ITTO-Haushalt mit 1,5 % bei. Durch Teilnahme der Bundes-regierung an den turnusgemäß zweimal jährlich stattfindenden Ratstagungen der ITTO, an denen in der Regel nur ein Vertreter von Deutschland teilnimmt, ent-standen Kosten z. B. im Jahr 2000 in Höhe von rd. 21 000 DM. Darüber hinaus wurden in der Vergangenheit im Einzelfall Einsätze deutscher Experten zur Unterstützung der ITTO-Fachgutachten zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung finanziert.

Die aktive Mitwirkung der Bundesregierung in der ITTO zielt vorrangig auf die Verbesserung der Voraussetzungen der Mitgliedsländer, eine Strategie zur Aus-fuhr von Tropenholz und Tropenholzerzeugnissen aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern (ITTO-Ziel "Jahr 2000") umzusetzen. So konnte die Bundesregierung gemeinsam mit der EU den vom ITTO-Rat im November 2001 beschlossenen neuen ITTO-Aktionsplan 2002 bis 2006 (Yokohama-Aktionsplan), der eine Strategie mit konkreten Aktivitäten zur weiteren Umsetzung des ITTO-Ziels "Jahr 2000" enthält, wesentlich mitgestalten.

Zudem ist es der Bundesregierung und der EU durch eine aktive Einflussnahme über die letzten vier ITTO-Ratstagungen gelungen, einen Beschluss mit wichtigen Einzelmaßnahmen zur Analyse und Eindämmung des illegalen Holzeinschlags mit herbeizuführen.

12. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund des weit verfehlten ITTO-Ziels "Jahr 2000", diese nach der Verlängerungsphase 2003 zu verlassen, um sich auf völkerrechtlich verbindliche Abkommen fokussieren zu können, die einen wirkungsvollen Urwaldschutz garantieren?

Soweit dies heute abzusehen ist, wird auch die Mitwirkung bei der ITTO für die Bundesregierung weiterhin ein Element in ihrer Gesamtstrategie für die Wälder bleiben. Ein Verlassen der ITTO würde die Möglichkeiten einer aktiven Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere an der weiteren Umsetzung des ITTO-Ziels "Jahr 2000", nachhaltig einschränken. Der auch für den internationalen Bereich insgesamt nicht unbedeutende forstpolitische Meinungs-bildungsprozess im Rahmen der ITTO könnte nicht mehr mitgestaltet werden.

13. Wie will die Bundesregierung verhindern, nachdem auf der 7. Vertragstaatenkonferenz in Marrakesch neben gemeinsamen Klimaschutzprojekten zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern beziehungsweise anderen Industrieländern die Nutzung von Waldgebieten als "Senken oder Kohlendioxid-Speicher" beschlossen worden ist, dass die beschlossenen waldrelevanten Instrumentarien der Klimarahmenkonvention nicht zu einer weiteren Urwaldvernichtung beitragen?

Nach dem durch die Bonner Beschlüsse konkretisierten Artikel 3 Abs. 3 des Kyotoprotokolls sind Entwaldung und (Wieder-)Aufforstung auf die Emissionsminderungsverpflichtungen der Vertragsstaaten anrechenbar. Die Bonner Beschlüsse lassen darüber hinaus eine beschränkte Anrechnung von Waldbewirtschaftungsmaßnahmen unter Artikel 3 Abs. 4 des Kyotoprotokolls sowie (Wieder-)Aufforstungsmaßnahmen in Entwicklungsländern unter Artikel 12 (Clean Development Mechanism ? CDM) zu. Es ist nicht zu erwarten, dass von der Anrechenbarkeit forstwirtschaftlicher Maßnahmen unter Artikel 3 Abs. 4 ein Anreiz zur vermehrten Überführung der letzten Urwälder in Industrieländern in Wirtschaftswald ausgeht. Die Überführung von Urwald in Wirtschaftswald durch erstmaligen Holzeinschlag in solchen Wäldern führt i. d. R. zu einer Absenkung, nicht zu einer Erhöhung der gespeicherten Kohlenstoffvorräte. Sie würde daher im Treibhausgasinventar des betreffenden Staates negativ zu Buche schlagen. Zudem wurde "Forest management" in den Bonner Beschlüssen so definiert, dass hierunter auch Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt von Wäldern fallen. Dies bietet neben dem Anreiz zur naturnahen Bewirtschaftung der Wirtschaftswälder auch Anreize zum Schutz verbliebener Primärwaldreste.

Als anrechenbare (Wieder-)Aufforstung gilt nach den Bonner Beschlüssen die Aufforstung von Gebieten, die nachweislich am 31. Dezember 1989 unbewaldet waren. Damit entfällt der Anreiz, Urwaldgebiete zu roden, um sich eine spätere Wiederaufforstung als Klimaschutzmaßnahme anrechnen zu lassen. Die Beschlüsse von Marrakesch umfassen darüber hinaus ein Arbeitsprogramm zur Entwicklung von Richtlinien für die Durchführung von Aufforstungsprojekten im Rahmen des CDM. Deutschland setzt sich hier gemeinsam mit seinen EU-Partnern für eine Ausgestaltung der Richtlinien ein, die Aufforstungsprojekte, von denen nachteilige indirekte Wirkungen auf bestehende Waldgebiete zu befürchten sind, von der Anrechenbarkeit im CDM ausschließt. Hierzu gehört z. B. eine Prüfung der sozialen und ökologischen Auswirkungen geplanter Projekte.
 

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