powered by <wdss>
Aktuell

Lula genehmigt Belo Monte Staudamm

Heftige Kritik an Konzession für Belo Monte und Andritz-Beteiligung

Plattform Belo Monte, 27.8.10

Mehr als 50 Organisationen Brasiliens, darunter auch Cimi mit Präsident Bischof Erwin Kräutler, verurteilten die Unterzeichnung der Baukonzession für das Wasserkraftwerk Belo Monte scharf als "Todesurteil für den Xingu und seine indigenen Völker". Während gestern (26.8.) im neu renovierten Regierungspalast grünes Licht für das Kraftwerksprojekt am Xingu gegeben und große Versprechungen gemacht wurden, kam es auf dem Platz davor zu Kundgebungen betroffener indigener Völker und Flussbewohner. Sie hatten sich den Mund verklebt, um so gegen die autoritäre und bedrohende Vorgehensweise der Regierung Lulas zu protestieren. Wie bekundeten ihre Bereitschaft zum Widerstand.

Nun wird auch internationale Kritik über das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk sowie die Beteiligung von Andritz AG laut. Denn das Projekt bleibt weiterhin umstritten und sorgt für Polemik, weil weder Kosten noch Effizienz des Kraftwerks eindeutig feststehen. Auch das Geld kommt nicht wie erwartet von privaten Investoren, sodass der Staat nahezu die gesamten Kosten übernehmen muss - offenbar zu jedem Preis.

Außerdem sind noch 15 Gerichtsverfahren im Laufen, wobei einige Anklagen brisant sind, da der Vorgang zu Belo Monte - wie auch Bischof Kräutler immer wieder betont - eindeutig gegen die brasilianische Verfassung verstößt.


Konzessionsvertrag für den Baubeginn von Belo Monte unterzeichnet

Plattform Belo Monte, 26.8.10

Präsident Luiz Inacio Lula da Silva unterzeichnete heute (26.8.) wie geplant den Konzessionsvertrag für das Kraftwerk Belo Monte am Rio Xingu (PA). Die für den Bau sowie für einen 35-jährigen Betrieb verantwortliche Unternehmensgruppe Nord Energia SA wurde von ihrem Vorsitzenden Carlos Nascimento vertreten. Die Gesellschaft wird von 19 Wirtschaftsunternehmen gebildet, wobei die größte Gruppe Eletrobras mit einer Beteiligung von 49,98% ist.

In seiner Rede sagte Nascimento, dass das Wasserkraftwerk Belo Monte eines der am meisten studierten Projekte des Landes sei, erst nach vier Jahrzehnten konnte es endlich abgeschlossen werden. "Die Anlage ist für die Stromversorgung des Landes extrem wichtig", sagte er. Mit einer Leistung von 11.000 Megawatt stellt sie 10% der Erzeugungskapazitäten Brasiliens dar.

Seinen Angaben zufolge waren über 200 Fachleute an den Studien über Belo Monte beschäftigt, die Berichte umfassen über 15.000 Seiten. Die bestmögliche Nutzung des Wasserpotenzials des Xingu zu finden, ohne große Stauseen bauen zu müssen, stellte eine große Herausforderung dar.

Mit dem Bau des Kraftwerks werden 18.000 direkte und 23.000 indirekte Arbeitsplätze geschaffen. Zusätzlich sollen 54.000 Personen der Region davon profitieren.

Bezüglich der Auswirkungen des Staudamms sagte der Präsident von Norte Energia, dass 17.000 Menschen umgesiedelt werden müssen, dass aber viele von ihnen auch jetzt schon von den Überschwemmungen während der Regenzeit betroffen sind. "Alle Familien bekommen eine Entschädigung. Das Kraftwerk Belo Monte wird diesen Menschen ihre Würde bringen", versprach er.

Nascimento versprach auch den betroffenen Grundbesitzern entlang des Xingu, dass keiner leer ausgehen wird. Bezüglich der indigenen Völker werden bereits Erhebungen durchgeführt, um sie entsprechend zu behandeln. Zum Abschluss der Rede sagte Nascimento, dass während des gesamten Prozesses die Gesetze vollständig eingehalten wurden, bei der Vergabe der Umweltlizenz genauso wie bei der Ausschreibung und Versteigerung des Projektes.

Präsident Lula betonte, dass durch diese Unterzeichnung etwas möglich wird, was lange für unmöglich galt. „Was heute passiert, ist das Ende einer Periode, in der man Angst hatte zu regieren und zu debattieren. Was heute passiert und in die Geschichte eingehen wird, ist, dass wir etwas erreicht haben, was 30 Jahre lang unmöglich schien“, sagte er.

Lula erwähnte in seiner Rede auch jene Personen, die noch immer gegen den Bau von Belo Monte wären, und erinnerte daran, dass er selber während seines Werdegangs mehrere Reden gegen Belo Monte gehalten habe, ohne überhaupt das Projekt zu kennen. „Und genau unter meiner Regierung geschieht Belo Monte“, sagte er.


“Lula arroganter als Militärdiktatoren”

Von Gerhard Dilger, taz-blog, 27.8.10

“Wir kämpfen seit 30 Jahren gegen dieses Monstrum”, sagt Erwin Kräutler, Bischof von Altamira und Vorsitzender des Indígenamissionsrates CIMI, “Lulas Arroganz übertrifft die der Militärs” . Die Generäle hatten in den 70er Jahren als erste das Projekt riesiger Staudämme am Amazonas-Nebenfluss Xingu ins Auge gefasst. Der Exgewerkschafter setzte sich nun mit der Dampfwalze über alle gut begründeten Einwände hinweg und brach damit auch das Versprechen, das er Kräutler vor einem Jahr gegeben hatte.

Gestern unterzeichnete er allen Protesten zum Trotz den Konzessionsvertrag für das Wasserkraftwerk Belo Monte. Die Maßnahme sei ein “Sieg für den Energiesektor”, sagte Lula. Wohl wahr: Das Konsortium Norte Energía bekommt für 35 Jahre die Nutzungsrechte an dem Staudamm, der 2015 in Betrieb gehen soll. Nach einer skandalösen Ausschreibung werden alle großen und viele kleine Bau- und Stromfirmen beim Milliardenprojekt dabeisein – der Staat wird ihnen mit Billigkrediten und Steuererleichterungen quasi einen Blankoscheck ausstellen.

Vor dem Präsidentenpalast protestierten Indígenas erneut gegen den geplanten Bau der Anlage, wegen der Zehntausende umgesiedelt werden müssen. Er widerspräche der brasilianischen Verfassung und internationalen Menschenrechtskonventionen, erklärten sie. Mit einer Spitzenkapazität von gut 11.000 Megawatt soll Belo Monte das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt werden.

Kräutler zufolge bedeutet der Staudamm das Todesurteil für den Xingu. Der streitbare Bischof erklärt das Megaprojekt mit internationalen Wirtschaftsinteressen. Offenbar wolle die Regierung “alle natürlichen Reichtümer Amazoniens ausbeuten” lassen.


Belo Monte: Rücksichtslose Gigantomanie

Pressemitteilung von WWF Österreich und ECA Watch, 27.8.10

Wien - Der gestern von Brasiliens Staatschef Lula verkündete Bau des Belo-Monte-Staudamms und das Ilisuprojekt in der Türkei haben vor allem eines gemeinsam: Es sind rücksichtslose Gigantomanieprodukte, rücksichtslos gegen die Natur und gegen die Bewohner. "Der Staudamm wäre gar nicht notwendig, da Brasilien ein riesiges Energieeinsparungspotenzial von 14 Belo-Monte-Kraftwerken hätte", so Ulrich Eichelmann von ECA Watch und Andreas Wurzer vom WWF Österreich. Beide Organisationen kritisieren die Beteiligung der österreichischen Firma Andritz AG als einen internationalen Skandal.

Über 100 Fischarten dürften, so brasilianische Wissenschaftler, durch Belo Monte aussterben. Wie viele Amphibien, Reptilien, Vögel und Insekten es darüber hinaus "trifft", ist völlig unklar. Denn - genau wie bei Ilisu - gibt es keine seriöse Umweltprüfung. Ähnlich ist es bei den Anwohnern: Für die Indios in Amazonien gibt es ebensowenig Klarheit über deren Zukunft, wie bei den Menschen in der Türkei. Ohne Umsiedlungsplan, wie es etwa die Weltbank vorschreibt, wird mit dem Bau einfach begonnen. Diese Form der Wasserkraft läuft letztlich auf die völlige Vernichtung der Naturgebiete und seiner Bewohner hinaus.

Auch das Argument, dass Belo Monte 23 Millionen Haushalte mit Strom versorgt, ist nicht mehr als ein Marketinggag: Die Energie kommt nämlich nicht den Anwohnern zugute, sondern soll für immer neue und größere Aluminiumwerke in Brasilien verwendet werden.

Eine weitere Gemeinsamkeit von Belo Monte und Ilisu sind die beteiligten Firmen: Andritz und der französische Alstomkonzern werden Turbinen für Belo Monte liefern. Andritz ist auch nach wie vor an Ilisu beteiligt, Alstom war dort bis 2009 involviert.

Für den WWF ist die Beteiligung der österreichischen Firma Andritz AG an diesem Monsterprojekt ein internationaler Skandal. "Österreichische Firmen dürfen sich zukünftig nicht an solchen ökologischen Zerstörungsprojekten beteiligen", fordert WWF-Naturschutzdirekter Andreas Wurzer. Eine Studie des brasilianischen WWF beweist, dass das Kraftwerk völlig unnötig ist. Brasilien könnte durch Investitionen in die marode Energieeffizienz seinen Energiebedarf um 40 Prozent reduzieren. Die dadurch gesparte Energie ist so groß wie 14 Belo-Monte-Kraftwerke.

"Die Verkündung des Baus ist nicht das Ende des Widerstandes, im Gegenteil. Belo Monte kann zu einem weltweiten Symbol für rücksichtslose Zerstörung werden. Das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen", so Ulrich Eichelmann von ECA Watch. Bei Belo Monte geht es geht nicht nur um den Xingu-Fluss und seine Bewohner, es geht um die Zukunft des gesamten Amazonasgebietes. 80 weitere Megadämme sollen laut Regierung Lula folgen. Tausend Fischarten, könnten dadurch aussterben, das entspricht einem Zehntel aller Süßwasserfischarten der Welt.


Lulas Mega-Projekt

Brasiliens Präsident machte das Land zum Global Player. Jetzt gibt er grünes Licht für einen Riesen-Staudamm.

Von Michael Schmidt und Sandra Weiss, Der Tagesspiegel, 29.8.10

Trotz massiver Proteste im In- und Ausland hält Brasiliens Regierung an ihren Plänen für das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt im Amazonas-Gebiet fest. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unterzeichnete jetzt einen Konzessionsvertrag mit dem Konsortium Norte Energía SA, das für 35 Jahre die Nutzungsrechte an dem Kraftwerk Belo Monte am Xingu- Fluss im Bundesstaat Pará hat. Damit rückt der Baubeginn für das Milliardenprojekt immer näher. Das umgerechnet etwa 8,5 Milliarden Euro teure Kraftwerk soll 2015 in Betrieb gehen.(...)

http://www.tagesspiegel.de/politik/lulas-mega-projekt/1913398.html




» zurück
 

Druckversion