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    Abholzung auf Papua
 
     
 
    
   Papua: Wälder, Menschen, AusverkaufEin Interview mit Marianne Klute von Watch Indonesia!, April, 2011
 Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2011 zum Internationalen Jahr der
  Wälder ausgerufen. Nach ihren Schätzungen gehen jährlich weltweit
  130.000 km2 Wald verloren. Schuld daran sind die Nachfrage nach
  Tropenholz und Bodenschätzen, die Umwandlung in Acker-, Weide- und
  Plantagenflächen sowie menschliche Infrastrukturen und Siedlungen. Ein
  Interview mit Marianne Klute von der Umwelt- und
  Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia!
 
 Neben den tropischen Regenwäldern des Amazonas und Afrikas beherbergt
  Indonesien die letzten intakten Regenwälder der Erde. Während diejenigen
  auf Sumatra und Borneo in den letzten Jahrzehnten größtenteils legalen
  und illegalen Rodungen zum Opfer gefallen sind, stehen nun die Wälder
  Papuas vor dem Ausverkauf. Wie sieht die Situation in Papua aus?
 
 Marianne Klute: Papua ist die letzte Front der Holzindustrie, nachdem
  der Regenwald von Sumatra und Borneo so gut wie abgeholzt ist. Auf
  Sumatra ist der Wald in den vergangenen 30 Jahren riesigen Akazien- und
  Ölpalmenplantagen gewichen, auf Borneo setzte die Zerstörung etwas
  später ein. Heute sind dort alle erreichbaren Wälder verschwunden und
  die Holzindustrie ist inzwischen bankrott. Im Vergleich zu Sumatra sind
  auf Borneo deutlich weniger Ölpalmen angepflanzt worden, auch weil der
  nichtvulkanische Boden unfruchtbar ist. Fliegt man über Borneo, so
  schockieren die weiten kahlen Flächen, mit Inseln von Plantagen
  dazwischen. Tropischen Regenwald sieht man nur auf Bergen. Deswegen ist
  die Holzindustrie längst nach Papua abgewandert, das vor einer
  Generation noch zu drei Viertel mit intakten Wäldern bedeckt war. Seit
  den 1980er Jahren gibt es großflächige Holzeinschlagskonzessionen auf
  Papua. Blickt man auf die Karte mit diesen Konzessionen, so wird
  deutlich, dass alle erreichbaren Wälder an Holzfirmen vergeben sind, vor
  allem im Vogelkopfgebiet und im flachen Süden. Das bekannteste Holz aus
  Papua ist Merbau.
 
 Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2011 zum Internationalen Jahr
  der Wälder ausgerufen. Nach ihren Schätzungen gehen jährlich weltweit
  130.000 km2 Wald verloren. Schuld daran sind die Nachfrage nach
  Tropenholz und Bodenschätzen, die Umwandlung in Acker-, Weide- und
  Plantagenflächen sowie menschliche Infrastrukturen und Siedlungen.
 
 Klute: Seit 2001 wird massiv eingeschlagen, davon sind 90% illegal.
  Holzkonzerne aus Indonesien, Malaysia, Korea und China sind über Papua
  hergefallen, um den Weltmarkt mit Tropenholz und Holzprodukten zu
  versorgen. Allein in der Provinz Hainan sind seither Hunderte von Holz
  verarbeitenden Betrieben entstanden, die das Holz aus Papua verarbeiten
  und exportieren. Der Holzrausch und der illegale Holzeinschlag haben
  derart extreme Ausmaße angenommen, dass die indonesische Polizei bereits
  mehrfach Razzien durchgeführt hat, mit dem Ergebnis, dass heute überall
  in Papua Halden von Merbau verrotten. Auch hat die Provinzregierung vor
  drei Jahren den Export von unverarbeitetem Holz eingeschränkt. Das hat
  allerdings wenig genutzt, denn die Holzkonzerne finden Mittel und Wege,
  das Holz trotzdem aus dem Land zu schaffen. Insgesamt gesehen hat Papua
  in dem letzten Jahrzehnt so viel Wald verloren wie niemals zuvor. Für
  die einheimische Bevölkerung ist dieser Verlust mehr als nur
  Umweltzerstörung. Die meisten leben im und vom Wald; er ist die Basis
  ihrer Existenz und ihrer Kultur. Die Papua sagen: Der Wald ist unsere
  Mutter. Das drückt genau das Gefühl aus, das sie empfinden: den Verlust
  ihrer Nahrungsquelle und ihrer Identität. Seit 2007 hat sich die
  Situation verändert. Aus der letzten Front der Holzmafia will man eine
  Agropolitan. Papua soll nach dem Willen der indonesischen Regierung für
  die Agroindustrie erschlossen werden und die Welt mit Palmöl und Reis
  versorgen. Vorher gab es bereits einige, wenige Plantagen mit Kakao und
  Palmöl. Diese sind von Migranten von anderen indonesischen Inseln
  erschlossen worden. Ihnen, meist armen Landlosen von der Insel Java,
  wurde Land versprochen. Dieses mussten sie erst roden, um dann später
  als Kleinbauern oder Plantagenarbeiter auf einer Ölpalmenplantage zu
  arbeiten. Doch diese alten Plantagen sind äußerst unproduktiv. Das kann
  an den Bodenverhältnissen liegen, aber auch am mangelhaften Management.
  Wie auch immer, Palmöl und Kakao aus Papua waren mengenmäßig nicht
  relevant. Jetzt aber kaufen Agrarunternehmen in großem Stil Land in
  Papua auf, hauptsächlich für Palmöl. Der berüchtigte Konzern Sinar Mas
  hat 80.000 Hektar bei der Hauptstadt Jayapura gekauft und weitere 50.000
  im Süden bei Merauke. Dort im Süden entsteht gerade ein so genanntes
  Integrated Food and Energy Estate, halb so groß wie der gesamte Bezirk.
  Das Projekt ist ein besonderes Anliegen von Präsident Yudhoyono, der
  damit die javanische Bevölkerung mit Reis und die Industriestaaten mit
  Palmöl versorgen will. Im August 2010 war die feierliche Eröffnung des
  Estates. Sobald die ersten Verträge unterzeichnet waren, begann man mit
  der Abholzung. Wenn dieses Projekt komplett realisiert wird, ist der
  Wald im Süden weg. Gerade hier hat der Tropenwald mit den asiatischen
  Wäldern wenig gemein. Der Einfluss Austronesiens drückt sich in Flora
  und Fauna aus: es gibt Eukalyptuswälder, Trockenwälder und Savannen.
  Hier leben Baumkängurus. Hier sind auch Sümpfe, zum Beispiel in dem
  bekannten Asmat-Gebiet. Völlig andere Ökosysteme als auf Borneo oder
  Sumatra, und aus ökologischer Sicht ist ein Mega-Reis-Ölpalmenprojekt
  zum Scheitern verurteilt. Im Vogelkopfgebiet schlägt gerade der Konzern
  Medco-Energy 45.000 Hektar intakten Regenwald ab, und an der Nordküste
  ist es ähnlich: Konzerne kaufen den Wald, schlagen ihn in rasantem Tempo
  kahl und setzen sofort Ölpalmen ein.
 
 Die weltweite Nachfrage nach billigem Palmöl für die Nahrungs-,
  Waschmittel- und Kosmetikindustrie hat Indonesien mittlerweile zum
  Weltmarktführer in diesem Sektor, zum drittgrößten globalen
  CO2-Emittenten und zu einem Hauptverursacher der Waldzerstörung gemacht.
  Wie sehen die weiteren Pläne der indonesischen Politik aus?
 
 Klute: Papua ist die Region, in der die indonesische Regierung noch
  „ungenutztes“ Land vermutet. Sieben Millionen Hektar Plantagen für
  Ölpalmen sollen insgesamt hier entstehen. Das ist nur ein Teil der
  gesamten ehrgeizigen Pläne, die 2006-2007 in Reaktion auf die
  Biospriteuphorie entstanden sind. Innerhalb kürzester Frist wurden die
  gesetzlichen Rahmenbedingungen für Privatinvestoren geschaffen. Ziel ist
  der Ausbau der Plantagen bis 2025 auf 26 Millionen Hektar, davon 7
  Millionen Hektar in Papua und 10 Millionen Hektar auf Borneo. Die
  Größenordnung von 7 Millionen Hektar in Papua deckt sich in etwa mit dem
  leicht zugänglichen Wald, der, nach der indonesischen Formulierung, für
  die „Konversion“, also die Umwandlung in Agrarflächen vorgesehen ist.
  Das ist eine äußerst akute Bedrohung für den Wald Papuas, der über einen
  außergewöhnlichen Reichtum an endemischen und vielfach noch
  unerforschten Arten verfügt. Seit 2007 wird auf Borneo, Sulawesi,
  Sumatra und Papua massiv für Palmöl abgeholzt. Resultat ist, dass
  Indonesien die Anbaufläche von 5,6 Millionen Hektar auf 9 Millionen
  Hektar gesteigert und entsprechend die Produktion von Palmöl erhöht hat.
  Nach der Entwaldung wird häufig das Restholz abgebrannt, und jedes Jahr
  von Mai bis November liegen Sumatra und Borneo unter dicken Rauchwolken.
  Das schlimmste Feuerjahr war 1997, als die CO2-Emissionen aus Indonesien
  30 % der globalen Emissionen ausmachten. Indonesische Umweltverbände
  beschuldigen die Plantagenunternehmen, für 80 % der Waldbrände
  verantwortlich zu sein. Auch die Bevölkerung rodet den Wald mit Feuer,
  hauptsächlich weil sie von den Megaplantagen von ihrem Land verdrängt
  wird und eine neue Existenz sucht. Papua ist bisher von dramatischen
  Waldbränden verschont geblieben, denn so riesige degradierte Flächen und
  Monokulturen gibt es noch nicht. Das kann sich aber schnell ändern, wenn
  die Entwicklung nicht schnellstens gestoppt wird. Gefragt wird die
  Bevölkerung nicht, ob sie ihr Land abgeben und selbst Ölpalmenbauer
  werden will. Die Rechtslage erlaubt es dem Staat, über das Land zu
  verfügen, d.h. es an die Unternehmen langfristig zu verpachten. Dagegen
  sind die Landrechte der Indigenen und der lokalen Bevölkerung nicht
  geschützt. Gerade auf Borneo und in Papua bedroht die Expansionspolitik
  die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Indigenen.
 
 Das Etikett des Umweltsünders will sich Indonesien trotz allem nicht
  anheften lassen. Es ist deshalb dem UN-Waldschutzprogramm REDD 
  beigetreten. Was darf man sich von dieser Initiative für den Schutz der
  Wälder und den Erhalt der Artenvielfalt erhoffen?
 
 Klute: Wenig. Allein die Größenordnung der gegenwärtigen und zukünftigen
  Abholzungen für Palmöl und andere Agrarkommoditäten übertrifft sämtliche
  potentiellen REDD-geschützten Wälder. Emissionen können nur reduziert
  werden, wenn die Wälder wachsen. Es reicht nicht, ein paar Prozent von
  der Entwaldung auszunehmen. Auch zum Erhalt der Artenvielfalt bedarf es
  zusammenhängender Räume. REDD-Projekte sind nicht die Lösung.
  Andererseits bewirkt REDD ansatzweise ein Umdenken der indonesischen
  Umweltpolitik. Wenn nun auch der Forstsektor mitzieht und den Wald nicht
  nur monetär bewertet, wäre schon einiges gewonnen. Doch mit REDD sind
  eine Reihe anderer Aspekte verbunden, auch solche, die aus
  menschenrechtlicher Sicht sehr problematisch sind. 20% der indonesischen
  Bevölkerung ist existenziell vom Wald abhängig. Wenn REDD-Projekte ihr
  den Zugang verwehrt, besteht die Gefahr, dass ein beachtlicher Teil der
  Bevölkerung marginalisiert wird oder in den städtischen Slums landet. Im
  Grunde sehe ich das Hauptproblem bei REDD ähnlich wie bei Holz und
  Palmöl: die Menschen verlieren ihr Land und damit ihre Existenz.
 
 Das Interview führte Barbara Böhme, Sprecherin der Bürgerinitiative
  „Kein Strom aus Palmöl!“
 
 
 
 West-Papua: Anzahl HIV/AIDS-Betroffener nimmt rapide zuSurvival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 23.5.11
 Statistiken belegen, dass die Zahl der Menschen mit HIV/AIDS in West-Papua in den letzten vier Monaten um mehr als 30% gestiegen ist. Die offiziellen Daten, die diesen Monat veröffentlich wurden, schätzen die Zahl der Betroffenen nun auf insgesamt über 17.000. In der Region arbeitende Ärzte gehen von einer noch deutlich höheren Zahl aus.
 
 Die HIV -Neuinfektionen in West-Papua liegen um das 15-fache über dem indonesischen Durchschnitt. Die Papua AIDS Prevention Commission (KPA) hat bestätigt, dass die Region Mimika die höchste Rate an Infektionen und Neuinfektionen aufweist. Dort wurde vor Jahren die amerikanisch-britische Grasberg Kupfer- und Goldmine errichtet, die das Land der indigenen Amungme und Kamoro zerstörte und verstärkt Siedler, unter anderem Sexarbeiter, in die Region brachte.
 
 Einige Bewohner Papuas gehen davon aus, dass das Militär vorsätzlich Prostituierte, die bereits vom HIV-Virus betroffen sind, in die Gebiete indigener Völker bringt. In der Vergangenheit haben Soldaten den Anführern indigener Gemeinden Alkohol und Prostituierte angeboten, um Zugang zu dem Land und den Ressourcen der indigenen Bevölkerung zu erlangen.
 
 Viele Einwohner Papuas suchen keine Hilfe, da sie nur geringes Vertrauen in das medizinische System haben. Viele glauben, dass medizinisches Personal vorsätzliche Ansteckungen zu verantworten hat. Auch rassistische Einstellungen gegenüber der indigenen Bevölkerung halten sie oft davon ab, öffentliche Kliniken aufzusuchen.
 
 
 
 
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