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Aktuell

Bras. Schutzgebiete bedroht

Amazonas-Schutzgebiete in Gefahr

WWF: Regenwälder durch brasilianische Gesetzesreformen bedroht
Hoffnung auf Schulterschluss der Regierungen Deutschlands und Brasiliens für weiteren Schutz


WWF Pressemitteilung, 19.8.15

Die brasilianische Amazonas-Politik steht vor folgenschweren Entscheidungen: Mehrere Gesetzesvorhaben des brasilianischen Parlaments drohen den Schutz des größten Regenwaldgebiets der Erde auszuhöhlen. Mit einer Verfassungsänderung und einem neuen Bergbaugesetz sollen staatliche Schutzgebiete und indigene Territorien für Landwirtschaft, Bergwerke und den Kraftwerksbau geöffnet werden. Der WWF weist darauf hin, dass die Pläne auch die mit Hilfe deutscher Entwicklungsgelder in Höhe von rund 55 Millionen Euro erzielten Erfolge beim Aufbau zahlreicher Schutzzonen gefährden. Der WWF appelliert an die Bundesregierung, die Regierungskonsultationen zu nutzen, um mit der brasilianischen Regierung klar für den Erhalt der Schutzgebiete Stellung zu beziehen.

Bereits heute liegen beim zuständigen brasilianischen Ministerium rund 33.000 Anträge für Bergbaukonzessionen in Schutzgebieten und indigenen Territorien vor. Mit den anvisierten Reformen könnten diese weitestgehend erteilt werden. Insbesondere für das weltgrößte Tropenschutzprogramm ARPA („Amazon Region Protected Areas Programme“) rechnet der WWF mit dramatischen Folgen: 69 der 105 ARPA-Gebiete seien von den Bergbauplänen betroffen. Ebenfalls bedrohlich seien die Aussichten für die indigene Bevölkerung: Von den 178 Territorien, die den Ureinwohnern bislang eine sichere Heimat bieten, seien 47 durch die Anträge gefährdet. Als mit Abstand größter Geldgeber für ARPA und die Ausweisung indigener Territorien müsse Deutschland ein besonderes Interesse an deren Erhalt haben.

„Die Bundesregierung muss das Treffen nutzen, um die gemeinsamen Bemühungen für den Erhalt des Amazonasregenwaldes zu erneuern und denjenigen Kräften in der brasilianischen Regierung den Rücken stärken, die ein Rollback beim Waldschutz nicht zulassen wollen“, sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland.

Staatliche Schutzgebiete und indigene Territorien bieten nach Angaben des WWF den besten Schutz vor Entwaldung. Das bisherige Engagement Deutschlands sei hier vorbildlich.

Durch ARPA und die Ausweisung von Indigenen-Gebieten sei man bisher auf einem guten Weg, nahezu eine Million Quadratkilometer Wald langfristig zu schützen, was fast der dreifachen Fläche Deutschlands entspricht. Auch im Hinblick auf die Bevölkerung sei der Schutz des Amazonas wichtig: So gehe die seit einigen Jahren im Großraum São Paulo herrschende Wasserknappheit zu einem Großteil auf Abholzungen im Amazonas-Regenwald zurück, wie Studien zeigen. Langfristig drohe sich der Südosten des Kontinents gar in eine unfruchtbare Steppe zu verwandeln.

Das Amazonasgebiet ist eine der wichtigsten Öko-Regionen der Erde mit Bedeutung für den gesamten Planeten. Es beherbergt den größten zusammenhängenden Regenwald und mit mehr als 100.000 Kilometern Länge gleichzeitig das größte Flusssystem. Auf einem Hektar Fläche im Amazonas findet man in etwa dieselbe Anzahl unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten wie in ganz Deutschland. Rund ein Zehntel aller auf dem Planeten vorkommenden Arten haben hier ihr Zuhause. In den vergangenen 14 Jahren wurde im Schnitt alle drei Tage eine neue Art entdeckt, Insekten und Mikroorganismen nicht eingerechnet. Der brasilianische Teil des Amazonas hat in den vergangenen 50 Jahren rund 17 Prozent seiner ursprünglichen Fläche verloren.

Vom 19. bis 21. August finden erstmals deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen statt, zu denen Bundeskanzlerin Merkel gemeinsam mit einer größeren Gruppe von Ministerinnen und Ministern in Brasília erwartet wird.


UN: Brasilianische Regierung muss Guarani schützen

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 17.8.15

Die Vereinten Nationen haben an Brasiliens Regierung einen dringenden Appell gerichtet. Bewaffnete haben mehrere Guarani-Gemeinden umzingelt und könnten die Indigenen jederzeit angreifen.

Tausende von Guarani klammern sich an winzige Stücke ihres angestammten Landes. Sie leben mit der ständigen Angst, gewaltsam vertrieben zu werden. Der Sprecher einer Guarani-Gemeinde, Tey’i Jusu, warnte, dass die Bewaffneten täglich patrouillieren würden: „Der Konflikt kann jederzeit ausbrechen. Wir sind aber bereit, für unser Land zu sterben, wenn wir dies müssen.“

Mehrere Guarani-Anführer sind bereits ermordet worden, da sie auf die Rückkehr ihres Volkes auf jenes Land bestanden, das ihnen vor Jahrzehnten gestohlen worden war. Besetzt wird es nun durch Viehfarmen, Soja- und Zuckerrohrplantagen sowie Getreidefelder. Während die Farmer Gewinn aus dem Land schlagen, müssen die Guarani unter fürchterlichen Bedingungen leben – am Rand von Fernstraßen oder in überfüllten Reservaten, in denen Selbstmord und Unterernährung an der Tagesordnung sind.

Exklusives neues Filmmaterial enthüllt, dass Farmer die brasilianische Militärpolizei und Regierungsvertreter bedrohen. Sie bezichtigen diese des Versuchs, einen Angehörigen der Guarani zurück auf sein Land zu „schmuggeln“. Die UN-Expertin für die Rechte indigener Völker, Victoria Tauli-Corpuz, hat gefordert, der Gewalt der Farmer Einhalt zu gebieten. Diese betrieben „Psychoterror“.

Weitere Filme können Sie auf Tribal Voice ansehen. Survivals neues bahnbrechendes Projekt versorgt abgeschieden lebende indigene Gemeinden mit modernster Kommunikationstechnologie, um ihnen das Verschicken von Videobotschaften zu ermöglichen. In diesen erzählen sie über ihr Leben und ihren Kampf ums Überleben – in Echtzeit an ein weltweites Publikum gerichtet.

Die Guarani zählten zu den ersten indigenen Völkern, die Tribal Voice nutzen. Sie bezeichnen das Projekt als ihre „neueste Waffe“ im Kampf für ihr Land. Gemeinsam mit den Guarani drängt Survival die brasilianische Regierung, ihren gesetzlichen Verpflichtungen zum Schutz der Guarani nachzukommen und ihr angestammtes Land zu kartieren, damit ausschließlich sie es nutzen können, bevor noch mehr Tote zu beklagen sind.


Kölner Ameisendemo für Amazonas

WWF Pressemitteilung, 18.8.15

Kurz vor dem ersten deutsch-brasilianischen Regierungstreffen in Brasília haben in Köln eine halbe Million Ameisen für den Schutz des Amazonas demonstriert. Ein Volk der Blattschneideameisen aus dem Kölner Zoo hat mit in Blätter gelaserten Botschaften wie „Amazonas retten!“ oder „Hilfe!“ auf die Bedrohung des größten Regenwaldgebiets der Welt aufmerksam gemacht. Die tierische Aktion von WWF und Kölner Zoo hat einen ernsten Hintergrund: Reformpläne im größten Land Südamerikas drohen Schutzgebiete für die wirtschaftliche Ausbeutung zu öffnen. Auch Erfolge beim Schutz der Amazonaswälder, die durch bedeutende finanzielle Unterstützungen aus Deutschland erreicht wurden, könnten gefährdet werden. Der WWF appelliert an die Bundesregierung, sich für den Erhalt des Waldschutzes in Brasilien einzusetzen.

Nach Angaben der Umweltschützer haben sich im brasilianischen Parlament die Anhänger der Agrar-, Bergbau- und Energieindustrie formiert. Mit einer geplanten Verfassungsänderung namens PEC 215 (Proposta de Emenda a Constituição) und einem neuen Bergbau-Gesetz sollen staatliche und indigene Schutzgebiete aufgelöst werden können, wenn es kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen dient. Gleichzeitig würde die Ausweisung neuer Schutzgebiete de facto unmöglich gemacht. Sollten die Lobbygruppen Erfolg haben, stehen bedeutende Teile des Amazonasregenwaldes sowie Lebensräume der Ureinwohner Amazoniens vor der Vernichtung, warnt der WWF.

„Die Bundesregierung muss das Treffen nutzen, um die gemeinsamen Bemühungen für den Erhalt des Amazonasregenwaldes zu erneuern und denjenigen Kräften in der brasilianischen Regierung den Rücken stärken, die ein Rollback beim Waldschutz nicht zulassen wollen“, sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland.




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