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Schutzgebiete für Buchenwälder

Schutzgebiete für Buchenwälder

Von Anja Franzenburg, Greenpeace-Online, 11.4.11

Sie waren der Lebensraum von Wildkatze, Luchs und Wolf. Und bildeten einst das Rückgrat für die Regulierung des Klimas in Europa. Einst! Denn heute ist von den ehemals üppigen Rotbuchenwäldern kaum noch was übrig - auch in Deutschland. Dass es so nicht weitergeht, hat sogar die Bundesregierung erkannt - getan hat sie nahezu nichts. Die neue Greenpeace-Studie zeigt, wie Buchenwälder in Deutschland bis 2020 geschützt werden sollten.

Weniger als ein Prozent der Wälder sind hierzulande geschützt. Die Gier der Holz- und Papierindustrie und die zunehmende Nachfrage nach Holz als Brennstoff haben den Druck auf die letzten Rotbuchenwälder in den vergangenen zehn Jahren zusätzlich erhöht.

Die Bundesregierung hat 2007 mit der Nationalen Biodiversitätsstrategie fraktionsübergreifend auf Anforderungen der UN reagiert und Maßnahmen gegen den Artenschwund beschlossen. Die Strategie sieht vor, fünf Prozent der Waldfläche Deutschlands unter Schutz zu stellen und wieder ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Bis heute gibt es jedoch noch kein Gesamtkonzept für den Buchenwaldschutz.

Ungenutzte Buchenwälder sind enorm wichtig für viele Tier- und Pflanzenarten, die entweder große ungestörte Gebiete benötigen oder - wie unzählige Insekten, Pilze oder Moose auf abgestorbenen Bäumen - auf die Zerfallprozesse von natürlichen Wäldern angewiesen sind. Wir Menschen brauchen diese Wälder zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Beobachten und Lernen, wie Wälder zum Beispiel auf den Klimawandel reagieren. Und wir brauchen sie, um einfach nur mal da zu sein: im Wald! Nichts tun außer lauschen und schauen.

Schritte zum Schutz

"Deutschland trägt als eines der buchenwaldreichsten Länder Europas eine besondere, internationale Verantwortung für den Schutz dieser einzigartigen Wälder", sagt Martin Kaiser, Waldexperte von Greenpeace. Er fordert deshalb bis 2020 zehn neue Nationalparks und den sofortigen Schutz der alten Buchenbestände. Die Nationalparks sollen in folgenden Waldgebieten eingerichtet werden: Nordschwarzwald, Pfälzer Wald, Spessart, Steigerwald, Ammergebirge, Stechlinsee, Taunus, Solling, Teutoburger Wald und Thüringer Wald.

Korridore sollen für zurückkehrende Tierarten wie zum Beispiel Wildkatze oder Luchs Verbindungen zwischen den Schutzgebieten schaffen - auch über die deutsche Staatsgrenze hinaus. Auch die Umwandlung von Nadel- in Laubwälder ist notwendig, um die Sünden der letzten beiden Jahrhunderte rückgängig zu machen: So wurden abgeholzte Buchenwälder mit schneller wachsenden Nadelbäumen aufgeforstet, um die Bäume eher nutzen zu können.

"Durch den Schutz der Buchenwälder auf fünf Prozent der Waldfläche bis 2020 werden künftig nicht nur Arten wie Luchs, Wolf und Wildkatze geschützt, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet", sagt Kaiser. "Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen haben eine besondere Verantwortung für den Schutz der natürlichen Buchenwälder in Deutschland."

Greenpeace-Gutachten Rotbuchenwälder im Verbund schützen (Langfassung)

Greenpeace-Gutachten Rotbuchenwälder im Verbund schützen (Zusammenfassung)


Buchenwaldgutachten von Greenpeace gute fachliche Grundlage für Buchenwald-Verbundsystem

Pressemitteilung von Cornelia Behm, Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 15.4.2011

"Mit dem Gutachten zum Buchenwald-Verbundsystem stößt Greenpeace in das konzeptionelle Vakuum vor, das die Bundesregierung im Hinblick auf die Umsetzung des Biotopverbunds auf 10 % der Fläche und auf das von ihr beschlossene 5%-Ziel für ungenutzte Wälder bestehen lassen hat," kommentierte Cornelia Behm, Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das gerade vorgelegte Greenpeace-Gutachten zum Buchenwaldschutz.

"Weder hat die Bundesregierung in den letzten Jahren die fachlichen Grundlagen dafür gelegt, wie die Länder den Biotopverbund mit Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen gestalten sollten, noch hat sie in den letzten 3 Jahren fachlich begründete Ziele formuliert, wie viele Flächen der verschiedenen Waldgesellschaften auf den verschiedenen Standorten mindestens aus der Nutzung genommen sein sollten, um sicherzustellen, dass alle an Wälder gebundenen Arten und alle heimischen Waldgesellschaften in ausreichender Größe berücksichtigt werden. Sich zurückzulehnen und auf die Zuständigkeit der Länder zu verweisen reicht nicht aus, wenn es um die Erfüllung der eigenen Ziele geht. Hier ist die Bundesregierung in der Verantwortung, konzeptionelle Arbeit und damit fachliche Überzeugungsarbeit zu leisten. Zumal die meisten Bundesländer bisher gar nicht daran denken, sich die Ziele der Bundesregierung zu eigen zu machen.

Stattdessen leistet nunmehr Greenpeace, was eigentlich die Bundesregierung leisten müsste. Mit diesem Gutachten hat Greenpeace für die Buchenwälder, für die Deutschland eine besondere Verantwortung hat, einen hervorragenden fachlichen Beitrag geliefert, den der Bund und die Länder bei der Einrichtung des vorgesehenen Biotopverbunds und bei der Planung des Flächenpools für das Naturwalderbe auswerten und nutzten sollten. Das gilt insbesondere für die konkreten für den Naturschutz als bedeutsam ermittelten Flächen und für den vorgeschlagenen Buchenwaldverbund, der sicher auch dann funktioniert, wenn nicht alle im Gutachten für ungenutzte Wälder beschriebenen Flächenziele umgesetzt werden.

Buchenwälder müssen gemessen am derzeitigen Bestand einen überdurchschnittlichen Anteil an den ungenutzten Wäldern einnehmen, da es sich um den vorherrschenden Typ natürlicher Wälder handelt. Dazu kämen aber noch weitere Flächen mit anderen Waldtypen wie Eichen-, Tannen- und Erlenwälder. Dennoch wird der Vorschlag, allein für den Schutz von Buchenwäldern über 5 % der derzeitigen Waldfläche aus der Nutzung zu nehmen, vor dem Hintergrund des beschlossenen 5-% Ziels sehr kontrovers diskutiert werden. Hier muss sich die Politik entscheiden, ob sie bereit ist, über das 5%-Ziel hinauszugehen.

Offen lässt das Gutachten die Frage nach den konkreten Eigentumsverhältnissen bei den Flächen, für das es den Nutzungsverzicht vorschlägt. Allen Beteiligten muss jedoch klar sein, dass ein Nutzungsverzicht von Privatwaldbesitzern allenfalls mit Entschädigung verlangt werden kann, da die Festlegung des Nutzungsverzichts ein enteignungsgleicher Eingriff wäre. Aus bündnisgrüner Sicht muss es daher das Ziel von Bund und Ländern sein, Nutzungsverzicht vorzugsweise im Staatswald umzusetzen und darüber hinaus besonders schützenswerte, in Privathand befindliche Flächen nach Möglichkeit anzukaufen. Bisher haben jedoch sowohl die schwarz-rote als auch die schwarz-gelbe Bundesregierung die Waldbesitzer im Unklaren darüber gelassen, wie sie bei zusätzlichen Flächenstilllegungen vorgehen will. Die Bundesregierung muss hier für Klarheit sorgen und der herrschenden Verunsicherung die Grundlage entziehen."




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