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Illegaler Holzeinschlag in Rumänien (2)

US-NGO legt Beweise zu Holzindustrie Schweighofers illegalem Raubbau an Rumäniens Wäldern vor

WWF will lückenlose Aufklärung und reicht EUTR-Beschwerde ein

WWF Pressemitteilung, 21.10.15

Die US-amerikanische Environmental Investigation Agency (EIA) präsentierte heute in Wien einen Bericht mit neuen Beweisen zu den Geschäftspraktiken des österreichischen Unternehmens Holzindustrie Schweighofer in Rumänien. Der Bericht beschuldigt Schweighofer große Mengen von illegal geschlagenem Holz aus Rumäniens Wäldern hauptsächlich zu Schnittplatten und anderen Halbfertigprodukten sowie zu Heizmaterial zu verarbeiten und in der EU zu verkaufen.

„Schweighofer ist einer der größten Holzkonzerne Europas und dabei leider auch einer der größten Treiber für illegalen Holzeinschlag in Rumänien“, so Alexander von Bismarck, Direktor der EIA. Der WWF reichte heute eine Beschwerde entsprechend der Europäischen Holzhandels-Verordnung (EUTR) beim österreichischen Bundesamt für Wald ein und fordert die lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen Schweighofer.

Neue Beweise

Heuer wurden bereits zwei Videos veröffentlicht, die auf Recherchen von EIA und AGENT GREEN beruhen. Das Video der EIA zeigt zwei Manager von Schweighofer dabei wie sie illegales Holz annehmen wollten und dafür auch noch Bonuszahlungen anboten. Mit versteckter Kamera wurde von AGENT GREEN ein Holzlaster aus einem Nationalpark gefilmt, der Baumstämme ohne Papiere an Schweighofer lieferte, obwohl das Unternehmen behauptet kein Holz aus Nationalparks anzunehmen. AGENT GREEN hat außerdem eine Reihe von Fällen von illegalem oder nicht nachhaltigem Holz aus Nationalparks und anderen geschützten Gebieten aufgedeckt. Dem heute veröffentlichten Bericht der EIA gingen zwei Jahre an Nachforschungen voraus. Er zeigt die enormen Ausmaße der Zerstörung indem er die gewaltigen Mengen an illegalem Holz beschreibt, die in Schweighofers rumänischen Sägewerken landeten. Die amerikanische NGO fand heraus, dass 50 Prozent des gesamten Holzeinschlags in Rumänien illegal ist, darunter auch Einschläge aus Nationalparks, Kahlschläge, Überschreitungen der Mengen, der Gebrauch gefälschter Papiere und Holz auf Land, das nicht rechtmäßig restituiert wurde. Nach Angaben der rumänischen Regierung wurden 20 Prozent von öffentlichem Waldflächen nach der Wende illegal restituiert anstatt sie den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben. Die EIA identifizierte und dokumentierte etliche Fälle illegalen Holzeinschlags und entdeckte, dass dieses Holz entweder auf dem Weg zu Schweighofers Verarbeitungsfabriken war oder dort endete.

“Strukturen der organisierten Kriminalität erleichtern den Fluss von illegal gefälltem Holz zu den europäischen und globalen Märkten”, warnte Gabriel Paun, Direktor der rumänischen NGO AGENT GREEN heute in Wien. “Bisher waren weder die EU-Vorschriften noch die nationalen Gesetze imstande diese illegalen Aktivitäten zu verhindern. Daher besteht ein hohes Risiko beim Kauf von Holzprodukten aus vielen rumänischen Regionen. Europas letzte intakte Waldflächen stehen auf dem Spiel, darunter auch zwei Drittel der Urwälder, in denen heute noch die größten europäischen Populationen von Braunbären, Wölfen und Luchsen in freier Wildbahn leben”, so Paun.

Volkswirtschaftlicher Schaden für Rumänien

Außerdem wirft die EIA Schweighofer vor, die Möbelindustrie in Rumänien massiv geschädigt, die Preise in die Höhe getrieben und die Holzvorräte aufgekauft zu haben. Dies kostete laut der ehemaligen rumänischen Umweltministerin, Doina Pana, 50.000 Arbeitsplätze, seitdem Schweighofer sich in Rumänien niederließ. In Form einer in Österreich eingerichteten „Schweighofer Privatstiftung“ zieht Schweighofer die Gewinne aus Rumänien ab und bekommt obendrein noch Steuervorteile durch ein raffiniert verschachteltes Firmengeflecht. „Es liegt auf der Hand, dass nur höherwertige Holzprodukte weitere Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum für die lokalen Gemeinden und ein erhöhtes Steueraufkommen für den Staat in Rumänien schaffen können“, erklärt Magor Csibi, Direktor von WWF Rumänien. „Stattdessen wurde der Markt von großen Unternehmen übernommen, die die Gesetzeslücken im Land ausnützten und ein Wirtschaftsmodell etablierten, das sich nur auf die Profitmaximierung konzentrierte. Nachhaltigkeitskriterien zur Erhaltung der Wald-Ökosysteme wurden einfach ignoriert.“ Um dieses Modell zu erhalten, versuchte Schweighofer ein neues Forstgesetz zu verhindern, das den Einfluss von einzelnen Unternehmen am rumänischen Holzmarkt beschränken soll. In einem Brief an den rumänischen Premierminister drohte Geschäftsführer Gerald Schweighofer den Staat bei den internationalen Gerichtshöfen zu verklagen und alle Beschäftigten zu entlassen, sollte das neue Gesetz nicht zurückgezogen werden.

Rumäniens Wälder brauchen Schutz der EU

Der WWF hat aufgrund der vorliegenden Fakten nun in Österreich eine Beschwerde nach der Europäischen Holzhandels-Verordnung (EUTR) eingebracht. „Der WWF kämpft seit vielen Jahren für die Erhaltung der Urwälder in den Karpaten mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt und fordert z.B. dass 25.000 Hektar der letzten Urwälder zum UNESCO-Welterbe erklärt werden. Heute aber fordern wir die rasche und lückenlose Aufklärung aller in dem Bericht erhobenen Vorwürfe. Sonst gehen die letzten Urwälder Südosteuropas in wenigen Jahren für die Profite multinationaler Unternehmen als Pellets im Rauch der Heizöfen auf“, warnt WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides. Die heute eingereichte Beschwerde richtet sich an das Bundesamt für Wald, die zuständige Stelle für die EUTR in Österreich. Diese Richtlinie trat 2013 in Kraft und verbietet Holz und Holzerzeugnisse aus illegalem Einschlag in der EU in Verkehr zu bringen. Leider ist diese Richtlinie noch nicht in der gesamten EU angemessen in nationalen Gesetzen verankert, enthält einige Schlupflöcher und Ausnahmebestimmungen und sieht nur geringe Strafen für Übertretungen vor, die keine Abschreckung bewirken, wie eine durchgeführte Studie des WWF ergab.

Das Unternehmen Schweighofer

Das Holzunternehmen Schweighofer besteht seit 400 Jahren in Österreich. Seit 2002 ist das Unternehmen vorwiegend in Rumänien aktiv, nachdem Ende der 90er Jahre alle österreichischen Sägewerke in Österreich an Stora Enso verkauft wurden. Das Unternehmen besitzt heute drei Sägewerke und zwei Fabriken in Rumänien. Hauptexportprodukte sind Schnittplatten, Laminate und andere Halbfertigprodukte. Heizmaterial in Form von Holzpellets, Brikettes und Hackschnitzeln machen über 60 Prozent von Schweighofers Exporten innerhalb der EU aus. In 13 Jahren wurde das Unternehmen zu einem der größten Holzverarbeiter Europas mit einem Umsatz von 465 Millionen Euro.

Ein System arbeitet gegen den Naturschutz

Rumänien besitzt heute noch etwas mehr als 218.000 Hektar an wertvollen Naturwäldern. 80 Millionen Kubikmeter Holz im Wert von etwa fünf Milliarden Euro wurden in den letzten 20 Jahren illegal gefällt, wie eine Studie der rumänischen Regierung schätzt. „Die Firma Holzindustrie Schweighofer ist zwar nicht der einzige Marktteilnehmer in Rumänien aber sie sind bei weitem der größte Player am Markt. Sie müssen daher nicht nur gesetzliche Regelungen einhalten sondern sollten auch eine moralische Verantwortung tragen“, so die NGOs.




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