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Aktuell

Versicherung macht Lobby für Jagd

NABU kritisiert Aufruf zur „Rettung der Jagd" durch die Gothaer Versicherung

Miller: Stimmungsmache gegen zeitgemäße Jagd - Görg muss zurücktreten

NABU Pressemitteilung, 18.4.12

Berlin - Mit Unverständnis und deutlicher Kritik hat der NABU auf die Wahlkampf-Hilfe der Gothaer Versicherung in Nordrhein-Westfalen reagiert. In einem dramatisch formulierten Brief hatte der Vorstandsvorsitzende der Gothaer-Versicherung mit Sitz in Köln, Werner Görg, Jägerinnen und Jäger des Bundeslandes zur „Rettung der Jagd in Nordrhein-Westfalen" aufgefordert und um Spenden an die Jägerstiftung natur + mensch für eine Medienkampagne gebeten. „Die Gothaer-Versicherung versucht sich hier in Stimmungsmache, um ein zeitgemäßes Jagdgesetz in Nordrhein-Westfalen zu verhindern", kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Gothaer-Versicherung müsse sich nun öffentlich erklären, warum sie sich auf die Seite derer stelle, die Tier- und Naturschutz im Jagdrecht weiter schwächen wollen. „Die Jagd in ihrer heutigen Form wird vom Naturschutz, vom Tierschutz und großen Teilen der Öffentlichkeit zu Recht sehr kritisch gesehen. Sowohl bestimmte Formen der Jagdpraxis als auch derzeit gültige jagdrechtliche Bestimmungen sind nicht mehr zeitgemäß, weil sie ökologische und ethische Gesichtspunkte nur ungenügend berücksichtigen", betonte Miller. Der NABU setze sich daher bundesweit und in Nordrhein-Westfalen für eine Neuorientierung der Jagd ein.

In einem Brief vom heutigen Mittwoch forderte NABU-Bundesgeschäftsführer Miller den Gothaer-Vorstandsvorsitzenden Görg zum Rücktritt und Stopp der Kampagne auf. Sollte diese fortgeführt werden, werde der NABU seine über 500.000 Mitglieder und Förderer zum Versicherungswechsel und Boykott der Gothaer Versicherung aufrufen.

„Dass der Vorstand der Gothaer jetzt aktiv in den NRW-Wahlkampf eingreift und den Landesjagdverband in seinen Bemühungen unterstützt, eine von SPD und Grünen geplante Änderung des Landesjagdgesetzes zu verhindern, ist aus Sicht des NABU ein Skandal", sagte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Mit Hilfe von Falschaussagen würde hier ein Versicherer versuchen, Panikmache und Wahlkampf zu Gunsten einer Interessengruppe zu betreiben.

In einem dem NABU vorliegenden persönlichen Schreiben, auf Briefkopf der Gothaer vom 12. April, habe der passionierte Jäger Görg und der ehemalige CDU-Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert als Präsident des Landesjagdverbandes (LJV)NRW die 65.000 Jagdverbandsmitglieder dazu aufgefordert, für die Jägerstiftung natur + mensch zu spenden. Begründet wird dies mit dem drohenden „Aus für die Jagd". So solle angeblich die ´Niederwildjagd komplett verboten werden´. Dabei habe sich die von Borchert als Vorsitzendem geleitete Jägerstiftung natur + mensch des Deutschen Jagdschutzverbandes laut Satzung dem Natur- und Artenschutz verschrieben.

„Jetzt wird deutlich, dass wir es hier mit einer Spendensammeleinrichtung für bundesweite Medienkampagnen zur Glorifizierung der Jagd zu tun haben", so Tumbrinck. NRW stelle nur den Auftakt für weitere teure bundesweite Imagekampagnen dar.

Klar ist für den NABU, dass das Landesjagdgesetz in NRW grundlegend geändert werden muss. Das bedeutet aber nicht, dass damit die Jagd abgeschafft wird. „Eine moderne Jagd ist Wildtiermanagement, das die Erfordernisse des Tier- und Naturschutzes berücksichtigt und damit auch zukünftig seinen Platz in Deutschland hat", erklärt Tumbrinck. Damit reduziere sich aber die Liste der jagdbaren Arten, wie auch der Umfang der Jagdzeiten, um unnötige Störungen zu vermeiden. Für die Bevölkerung bestehe so wieder die Chance, heimische Tierarten mit viel geringeren Fluchtdistanzen als heute aus der Nähe beobachten zu können.


CIC besorgt über Jagdrecht-Reformpläne in NRW

Presseerklärung der Deutschen Delegation des Internationalen Rates für die Erhaltung des Wildes und Jagd (CIC) anlässlich ihrer Frühjahrstagung in Wiesbaden am 31. März 2012

Die Deutsche Delegation des Internationalen Rates für die Erhaltung des Wildes und Jagd (CIC) ist besorgt darüber, dass bestimmte politische Parteien in mehreren Bundesländern, vor allem in Nordrhein-Westfalen, grundsätzliche Änderungen des Jagdrechts beabsichtigen. „Zahlreiche angestrebte Einschränkungen der Jagd, die Einstellung der Bejagung vieler Wildarten, vor allem aber auch die Überführung ganzjährig geschonter Arten in das Naturschutzrecht sind überwiegend ideologisch motiviert. Sie würden im Ergebnis nicht mehr, sondern weniger Natur und Artenvielfalt zur Folge haben“ stellte der Leiter der Deutschen CIC-Delegation, Dr. Jens-Jürgen Boeckel, in Wiesbaden fest. So würde das vorgeschlagene Ende der Bejagung von Beutegreifern die Bodenbrüter wie Rebhuhn, Lerche oder Wiesenweihe weiter gefährden.

Die geplanten Änderungen betreffen neben den Jägern vor allem Grundbesitzer und Landwirte, deren Eigentumsrechte verletzt würden. Viele Jagdreviere wären kaum noch zu verpachten. Dies hätte erhebliche wirtschaftliche Verluste zur Folge. Zahlreiche Dienstleistungen zum Erhalt der Natur, die bislang die Jäger erbringen, müssten in Zukunft von der Allgemeinheit und damit vom Steuerzahler finanziert werden.

Es ist wenig bekannt, dass eine Tierart, die dem Jagdrecht unterliegt, keineswegs immer bejagt werden darf. Für ihren Schutz sind aber der Grundeigentümer und der von ihm beauftragte Jäger unmittelbar verantwortlich. Mit Übergang in das Naturschutzrecht wird der Schutzstatus keineswegs besser, da niemand mehr persönlich verantwortlich ist, während die Kosten dem Steuerzahler zur Last fallen.

Als Vertragsstaat der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) bekennt sich die Bundesrepublik Deutschland zum Erhalt der Artenvielfalt. Schutz der natürlichen Ressourcen und nachhaltige Nutzung einschließlich der Jagd sind gleichwertige Säulen der Konvention. Die Jagd in Deutschland ist als eine Form des Naturschutzes international anerkannt. Die geplanten Gesetzesänderungen würden die Nutzung und die damit implizit verbundenen Schutzmaßnahmen erheblich einschränken und dadurch der Biodiversität schaden. Insofern widersprechen sie Geist und Zielsetzung der Konvention. Die „Reformen“ sind ökologischer Rückschritt, kein Fortschritt.

Die deutsche CIC-Delegation ruft Landwirte, Wald- und Grundbesitzer, Jäger, Angler und andere betroffene Bevölkerungsgruppen auf, bei ihren zukünftigen Wahlentscheidungen auch zu berücksichtigen, ob und in welcher Weise ihre Rechte zur nachhaltigen Nutzung der Wildtiere und anderer natürlichen Ressourcen von politischen Parteien respektiert und gefördert oder eingeschränkt  werden sollen.




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