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Aktuell

EU-Agrarreform

Aigners Rollback durch die Hintertür

WWF: Deutsches Landwirtschaftsministerium torpediert EU-Agrarreform

WWF Pressemitteilung, 15.5.12

Berlin/Brüssel - Eigentlich war die Richtung klar: die Auszahlung der 40 Milliarden Direktzahlungen, mit denen die EU jährlich die europäischen Bauern unterstützt, sollten künftig an Umweltauflagen gekoppelt sein. Nach Informationen des WWF gehen Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner diese Pläne offenbar zu weit und sie riskiert dafür auch Streit innerhalb der Bundesregierung. Nach WWF-Informationen hat Aigner ohne vorherige Abstimmung im Kabinett mit Hilfe Luxemburgs für das derzeit stattfindende Treffen der EU Agrarminister in Brüssel einen neuen Vorschlag vorgelegt, der die bisherigen Pläne zur Makulatur degradiert. „Geht es nach dem Landwirtschaftsministerium, sollen 90 Prozent der Direktzahlung weiterhin von wirksamen Umweltauflagen befreit sein. Anstatt mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft betreibt Frau Aigner Greenwashing“, kritisiert Matthias Meissner, Referent Agrarpolitik beim WWF Deutschland. Als „Vernebelungstaktik“ bezeichnet der WWF, dass zehn Prozent der Direktzahlungen für Agrarumweltprogramme bereitgestellt werden, denn die restlichen 90 Prozent – und damit 36 Milliarden Euro - würden von Umweltauflagen befreit. Für den WWF stellt das einen Rückfall in eine „anachronistische Klientelpolitik“ auf Kosten der Steuerzahler dar.

„Das Bundeslandwirtschaftsministerium versucht, die dringend benötigte Reform der europäischen Agrarpolitik zu einem teuren Placebo zu verwandeln und Stillstand als Fortschritt zu verkaufen“, kritisiert Meissner. „Es ist extrem kurzsichtig, mit Verhandlungstricks die Gelder für die großen Profiteure der verschwenderischen Agrarpolitik zu schützen, anstatt die knapper werdenden Mittel für eine Sicherung der ökologischen und damit ökonomischen Stabilisierung der Landwirtschaft einzusetzen.“ Dabei brauche Europa eine wirkliche Erneuerung der Agrarpolitik. Die intensive Landwirtschaft verursache einen alarmierenden Artenschwund und verringere massiv die natürlichen Ressourcen, wie Bodenfruchtbarkeit oder Wasserqualität. Die Kommissionsvorschläge, die am Montag auf dem Agrarrat diskutiert werden, stellten erstmals eine Chance auf einen Paradigmenwechsel hin zu einer verpflichtenden Ökologisierung in der gesamten Europäischen Union dar und gehören von der Bundesregierung unterstützt. Dringend muss die Bereitstellung von zehn Prozent Ökologischen Vorrangflächen auf jedem Betrieb eingeführt werden, damit die Direktzahlungen fließen. Nur so würden auch in den ausgeräumten Intensivstandorten Europas wieder Hecken, Blühstreifen oder Teiche zu sehen sein. Diese seien unabdingbar, um den dramatischen Wegfall von Biologischer Vielfalt zu stoppen.


Forsa: Zwei Drittel der Bundesbürger wollen Agrarsubventionen an höhere Umwelt- und Tierschutzstandards knüpfen

BUND: Bundesregierung gefährdet ökologische EU-Agrarreform

BUND Pressemitteilung, 14.5.12

Brüssel/Berlin: Zwei Drittel der Bundesbürger wollen nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa von Mai 2012 künftig die Vergabe von Agrarsubventionen an höhere Umwelt- und Tierschutzstandards binden. Knapp ein Fünftel der Befragten wollen bei der Vergabe von Subventionen alles so lassen wie es. Sieben Prozent hatten keine Meinung zu diesem Thema. "Die Bevölkerung in Deutschland weiß ziemlich genau, wohin auf EU-Ebene ihre Steuergelder fließen. Und die Menschen wollen, dass mit den jährlich rund 60 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen das gefördert wird, was der Natur und den Tieren nützt. Eine nicht artgerechte Tierhaltung und zunehmende Belastungen der Umwelt mit den Abfallprodukten aus industriellen Mastanlagen haben jede Akzeptanz verloren", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Bundesagrarministerin Ilse Aigner müsse die Forsa-Ergebnisse als Auftrag der Bevölkerung an sie begreifen, die Reformvorschläge der EU-Kommission für mehr Umwelt- und Tierschutz beim derzeit in Brüssel tagenden EU-Agrarministerrat voranzubringen. Bislang verweigere sich Aigner diesem Auftrag.

"Wenn es nach Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner geht, dann werden die neuen Umweltkriterien für die Vergabe von Subventionen vor allem aus Schlupflöchern bestehen", sagte Weiger. Er warf Aigner vor, vor allem die Standards beim landwirtschaftlichen Naturschutz aufweichen zu wollen. "Eine artenarme Agrarlandschaft, bis an den Horizont reichende Monokulturen, die Erosion der Böden und der Verlust von klimatisch bedeutsamen Wiesen und Weiden – das wäre das Ergebnis von Frau Aigners Agrarpolitik", sagte der BUND-Vorsitzende.

Erneut gebe es Hinweise, dass bei der Tiermast zu viele und möglicherweise sogar verbotene Antibiotika eingesetzt würden. Die aktuellen Funde von Rückständen dieser Medikamente in den Tränken von Hühner- und Putenmastanlagen in Nordrhein-Westfalen sind für den BUND-Vorsitzenden nur die Spitze des Eisbergs. "Was in Nordrhein-Westfalen gemacht wird, passiert ziemlich sicher auch in anderen Regionen Deutschlands. Die regelmäßig wiederkehrenden Skandale in der industriellen Tierhaltung zeigen, welche Risiken die industrielle Landwirtschaft birgt. Die derzeitige Subventionspraxis fördert diese Missstände in der Landwirtschaft. Das lässt sich nur mit umfassenden Reformen ändern", sagte Weiger.




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