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Aktuell

Naturkapital Deutschland

Naturkapital Deutschland - der ökonomische Wert der Natur

Auftaktveranstaltung zu "Naturkapital Deutschland - TEEB DE"

Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, des Bundesamtes für Naturschutz und des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, 23.10.12

Heute startet offiziell das nationale Projekt zum weltweiten "TEEB"-Prozess (The Economics of Ecosystems and Biodiversity), mit dem der ökonomische Wert der Natur in Deutschland veranschaulicht werden soll. Ziel des Vorhabens ist eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung der vielfältigen Leistungen von Ökosystemen (wie Auen, Moore, Grünland, Wälder oder städtische Grünanlagen) in Deutschland unter anderem für Klimaschutz, Hochwasserschutz, Reinhaltung von Luft und Gewässern sowie Erholung. Zudem werden von den Wissenschaftlern Empfehlungen erarbeitet, wie diese Leistungen der Natur auch langfristig gesichert werden können.

"Neben ihrer Schönheit, Vielfalt und Einzigartigkeit liefert die Natur viele Güter und Leistungen, die elementare Grundlage für unser Wirtschaften und Wohlergehen sind. Hierauf wollen wir mit "Naturkapital Deutschland" den Blick lenken", so Bundesumweltminister Peter Altmaier. „Ich erhoffe mir von diesem Projekt auch positive Impulse für die Erreichung unserer Ziele zur biologischen Vielfalt und mehr Akzeptanz für den Naturschutz."

Der Projektleiter, Prof. Dr. Bernd Hansjürgens (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, UFZ), verwies auf die internationalen Erfahrungen: "Die internationale TEEB-Studie "The Economics of Ecosystems and Biodiversity" (2007-2010) hat gezeigt, dass kostenlose Naturgüter und Ökosystemleistungen nicht ausreichend in Entscheidungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig wurde deutlich: Der Schutz und die nachhaltige Nutzung der Natur lohnen sich volkswirtschaftlich. Denn die Vorsorge zur Sicherung unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen ist deutlich preiswerter als der Versuch, Verlorengegangenes zu ersetzen, wenn dies überhaupt geht."

Die ökonomische Bewertung am Beispiel naturverträglicher Hochwasserschutzmaßnahmen an der Elbe erläuterte Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN): "Eine von uns geförderte Untersuchung zeigt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen durch eine Deichrückverlegung von Auen dreimal so hoch ist wie die Kosten, wenn man über die vermiedenen Hochwasserschäden hinaus auch die Nutzen durch Ökosystemleistungen mit einkalkuliert. Mit "Naturkapital Deutschland" sollen solche Informationen künftig besser in Entscheidungen von Politik, Verwaltung, Unternehmen und Konsumenten einfließen."

Das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) aus BMU-Mitteln geförderte Projekt "Naturkapital Deutschland - TEEB DE" wird vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniert. In mehreren thematischen Berichten sollen bis 2015 der Wissensstand über den Wert und die Leistungen der Natur in Deutschland zusammengetragen und Perspektiven zur Weiterentwicklung des politischen Instrumentariums aufgezeigt werden (Themenschwerpunkte: Naturkapital und Klima, Ökosystemleistungen im ländlichen und städtischen Raum). In einem Projektbeirat vertretene Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Medien und Wirtschaft beraten das Projekt fachlich und tragen zur Vermittlung und breiteren Diskussion des Naturkapital-Ansatzes bei. Die verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppen werden über eine Projektbegleitende Arbeitsgruppe beteiligt.


Katherina Reiche: Wir müssen zerschnittene Lebensräume wieder verbinden

BMU Pressemitteilung, 22.10.12

Katherina Reiche am Rednerpult.Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche, hat auf die große Bedeutung von "Grünbrücken" für den Erhalt der biologischen Vielfalt sowie die Verkehrssicherheit hingewiesen. Bei der Eröffnung einer internationalen Expertenkonferenz in Potsdam sprach sich Reiche dafür aus, verstärkt auf europäischer Ebene nach Lösungen zu suchen, um zerschnittene Lebensräume wieder zu verbinden.

Katherina Reiche: "In Deutschland und vielen anderen Ländern Europas dehnen sich die Siedlungs- und Verkehrsflächen stetig aus. Dadurch ist die Durchlässigkeit der Landschaft für Tiere und Pflanzen sehr oft nicht mehr gegeben. Wir brauchen gemeinsame Konzepte, um Lebensräume in Europa wieder zu vernetzen. Die sogenannte ‚graue Infrastruktur’ von Verkehrswegen und Bauflächen muss durch eine "grüne Infrastruktur" von Natur- und Lebensraumkorridoren ergänzt werden. Wir brauchen nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa eine Verkehrs- und Naturschutzpolitik, die besser aufeinander abgestimmt sind."

Auf Einladung der Bundesregierung findet bis Mittwoch in Potsdam ein Treffen des Infra Eco Network Europe (IENE) statt. Diesem Netzwerk gehören Vertreter der Verkehrs- und Naturschutzbehörden europäischer Länder sowie Naturschutzverbände und Wissenschaftler an. Zentrales Thema der Tagung sind die Arbeiten der EU-Kommission an einer „Strategie zur Grünen Infrastruktur“.

Die Bundesregierung hatte im Februar das Bundesprogramm Wiedervernetzung beschlossen. In diesem Programm sind 93 Abschnitte an den bestehenden Bundesautobahnen und Bundesstraßen enthalten, an denen Grünbrücken vorgesehen sind. Im Vorgriff auf das Programm sind in Deutschland in den letzten drei Jahren bereits 15 Grünbrücken mit einem Investitionsvolumen von ca. 80 Millionen Euro im Bestand des Bundesverkehrsnetzes gebaut worden. Ingesamt sind in Deutschland derzeit 64 Grünbrücken im Betrieb, 10 Grünbrücken im Bau und weitere zahlreiche in der Planung.

Das deutsche Straßennetz gehört zu den dichtesten in Europa. Jährlich ereignen sich in Deutschland mehr als 3000 Wildunfälle mit verletzten Menschen. 2009 kamen dadurch 27 Menschen ums Leben. Daneben sterben nach Angaben des Deutschen Jagdschutzverbandes pro Jahr rund 250.000 Tiere auf deutschen Straßen. Wildunfälle verursachen einen Sachschaden von rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

Die Verinselung von Lebensräumen bedroht in hohem Maße die biologische Vielfalt. Bei 74 Prozent der Bundesfläche ist der Anteil der unzerschnittenen verkehrsarmen Räume kleiner als 100 Quadratkilometer. Inzwischen gelten 40 Prozent der in Deutschland lebenden Tierarten als gefährdet.

Wissenschaftliche Grundlage des Bundesprogramms Wiedervernetzung sind die seit 2009 vorliegenden Forschungsergebnisse zu den Lebensraumkorridoren in Deutschland. Die Karten des Netzes der Lebensraumkorridore mit dem zugrundeliegenden Datensatz werden auf der Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz zur Verfügung gestellt.


Buchenwälderkampagne: Häufige Fragen

Von Sara Westerhaus, Greenpeace-Online, 8.10.12

Die Bundesregierung hat bereits 2007 die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt beschlossen und darin festgelegt, bis 2020 auf zehn Prozent der öffentlichen Waldfläche der natürlichen Entwicklung Vorrang zu geben. Passiert ist bisher jedoch wenig: Derzeit sind weniger als ein Prozent der Wälder Deutschlands holznutzungsfrei, werden also in ihrer Entwicklung komplett sich selbst überlassen. Greenpeace setzt sich aktiv für die Buchenwälder ein und fordert einen sofortigen Schutz der über 140jährigen Bestände. Seit Beginn dieser Kampagne erreichten uns dazu viele Fragen, von denen wir die häufigsten beantwortet haben.

Warum fordert Greenpeace einen Einschlagstopp für Buchenwälder, die älter als 140 Jahre sind?

Von Natur aus wäre fast ganz Deutschland von sehr alten Buchenwald-Gesellschaften mit all ihren Urwaldarten geprägt. Heute ist lediglich ein Drittel der Landfläche bewaldet, davon 14 Prozent mit Buchenwäldern. Die ökologisch hochwertigen Waldbestände über 140 Jahre sind sogar nur noch auf knapp drei Prozent der Waldfläche zu finden. Erschreckend wenig! Diese Restbestände dürfen nicht der Säge zum Opfer fallen.

Wenn zehn Prozent der öffentlichen Wälder aus der Nutzung genommen werden, was passiert dann auf den übrigen 90 Prozent?

Auf den übrigen 90 Prozent wird weiter Holz genutzt - allerdings sehr viel weniger, als derzeit von vielen öffentlichen Waldbesitzern praktiziert wird und unter Wahrung der natürlichen Prozesse eines Waldes. Eine ökologische Waldnutzung heißt: Auf großer Fläche werden nur vereinzelt dicke Bäume entnommen und andere können nachwachsen. So entstehen keine Kahlflächen. Gifte und Dünger sind verboten und während der Vogelbrut findet keine Holznutzung statt.

Müssen wir denn nicht unser Holz aus anderen Ländern importieren, wenn wir die deutschen Buchenwälder schützen?

Die Nachfrage nach Holzprodukten in Deutschland kann auch mit deutlich verringerter Holznutzung gedeckt werden. Die deutsche Papier- und Holzindustrie ist innerhalb weniger Jahre zur Nummer 2 der Exportnationen aufgestiegen (nach China, noch vor USA, Kanada, Finnland und Schweden). Am meisten hat die Papierindustrie davon profitiert. Und Papier ist definitiv ein Rohstoff, den wir drastisch einsparen sollten. Der Energiehunger darf nicht zu einer Plünderung unserer Wälder für die kommerzielle Nutzung führen.

Wenn das Ziel, zehn Prozent aus der Nutzung zu nehmen, schon in der Nationalen Biodiversitätsstrategie festgelegt ist: Warum können die Förster das einfach so umgehen?

Es sind nicht die Försterinnen und Förster, die dieses Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie für öffentliche Wälder umgehen, sondern die Vorstände der Landesforstbetriebe und -verwaltungen und einige Landesregierungen (wie Bayern, Hessen und Niedersachsen), die sich dieser internationalen Verantwortung nicht stellen. Aber es gibt immer mehr Bundesländer - etwa Baden-Württemberg-, die das Zehn-Prozent-Ziel umsetzen wollen.

Sollen wir auf den Kauf von Holzmöbeln verzichten?

Nein, denn gerade Holzmöbel – regional produziert und nach FSC zertifiziert - sind ökologisch wertvolle Produkte, die langlebiger als Papier sind. Wir sollten diese Möbel dann aber auch lange nutzen und nicht gleich nach ein paar Jahren auf den Sperrmüll geben. Generell müssen wir ökologisch sinnvoller einkaufen.

Warum konzentriert sich Greenpeace auf die öffentlichen Wälder?

Was den ökologischen und Erholungswert angeht, geraten die öffentlichen Wälder aufgrund des Sparzwangs öffentlicher Haushalte immer mehr in eine kurzfristige Spirale nach unten. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht 1990 klar festgelegt, dass die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes dient, nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse. Dies ist auch in der Nationalen Biodiversitätsstrategie zum Ausdruck gekommen.

Ist die deutsche Forstwirtschaft nachhaltig?

Nein, derzeit ist die Forstwirtschaft in Deutschland alles andere als nachhaltig. Die Wälder sind durch Übernutzung keine Senke für CO2 mehr, wie sie es noch 1990 mit der Aufnahme von 80 Millionen Tonnen CO2 waren. Junge, aufgelichtete und übernutzte Waldbestände entfernen sich immer mehr vom Naturwald. Somit fehlen vielfach Urwald-Reliktarten in unseren Wäldern.




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