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Aktuell
Artenschutz in Deutschland
Artenschutz in Deutschland mangelhaft
BUND und NABU legen vergleichende Länderanalyse vor
BUND/NABU Pressemitteilung, 21.3.14
Berlin In keinem von dreizehn untersuchten Bundesländern werden Tiere, Pflanzen und Lebensräume so geschützt, dass der Verlust der Artenvielfalt in Deutschland bis 2020 gestoppt und gefährdete Lebensräume wieder hergestellt werden können. In zehn von 13 Bundesländern wurde weniger als ein Drittel der Naturschutzziele erreicht. Nur in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen und dem Saarland sehen die Naturschützer erste Fortschritte beim Schutz seltener Arten. Das ist das Ergebnis einer vergleichenden Länderanalyse zum Schutz der biologischen Vielfalt, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gemeinsam mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) veröffentlicht hat.
Die Länder setzten beschlossene Schutzmaßnahmen nur unzureichend um und stellten für den Artenschutz zu wenig Geld bereit, kritisierten die beiden Verbände. Vor allem versagten sie beim Schutz von naturbelassenen Wäldern und bei der Einrichtung neuer, streng geschützter Wildnisgebiete.
Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: „Es ist ein Armutszeugnis, was die Länder beim Schutz der Artenvielfalt vorweisen können. Es fehlen jegliche Ambitionen, um die selbst gesteckten Ziele beim Erhalt wertvoller Arten und Lebensräume zu erreichen. Positive Ansätze in einzelnen Bundesländern können nicht über den kläglichen Gesamtzustand des Naturschutzes in Deutschland hinwegtäuschen.“
Die Flächenversiegelung durch Industrie- und Verkehrsbauten sowie die industrielle Landwirtschaft schreite weiter voran. Umgepflügt würden sogar bedrohte artenreiche Wiesen und Weiden in Schutzgebieten. Durch den Einsatz von Pestiziden und die damit verbundene Vernichtung von Insekten befänden sich Bienen und Amphibien weiter auf dem Rückzug.
Olaf Tschimpke, NABU-Präsident: „Wir rufen die Länder auf, eine gemeinsame Naturschutzinitiative mit dem Bund zu starten, die echte Fortschritte für die biologische Vielfalt ermöglicht. Der Schutz der Arten und Lebensräume muss ein Kernanliegen der Landesregierungen werden. Erforderlich ist dafür auch eine ausreichende finanzielle Ausstattung. Und bei der Umsetzung der Agrarreform müssen die Länder ihren Widerstand gegen mehr Naturschutz aufgeben.“
Der Artenverlust könne bis 2020 nur gestoppt werden, wenn Schutzmaßnahmen tatsächlich konsequent vor Ort durchgeführt würden. Das bedeute auch, dass das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 von den Ländern endlich ernst genommen werden müsse. Für alle dafür infrage kommenden Gebiete müssten entsprechende Managementpläne erstellt und umgesetzt werden. Mit Naturschutzdaten und Zahlen über die Finanzmittel müsse außerdem deutlich transparenter umgegangen werden.
Die Umweltverbände hatten die Bundesländer ausgenommen die Stadtstaaten dahingehend überprüft, in welchem Umfang diese ihre politisch gesetzten Naturschutzziele bisher erreicht hatten. Zu den Zielen zählen unter anderem, Wildnis auf zwei Prozent und Wälder mit dauerhaft natürlicher Entwicklung auf fünf Prozent der Fläche Deutschlands zuzulassen. Außerdem sollte die ökologische Landwirtschaft von zehn auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausgeweitet werden.
Das BUND- und NABU-Hintergrundpapier „Biodiversitäts-Check der Bundesländer“ samt Länderdossiers finden Sie als pdf zum Download unter www.nabu.de/biodiv-ampel2014 und www.bund.net/laenderampel
NABU-Umfrage: Bürger schätzen naturnahen Wald als Erholungsort
Tschimpke: Bedeutung von Alt- und Totholz für Artenvielfalt ist Deutschen bewusst
NABU Pressemitteilung, 20.3.14
Berlin Anlässlich des Internationalen Tages des Waldes stellt der NABU die Zwischenergebnisse einer Studie zur Bedeutung des Waldes für die Deutschen vor. „Die Angaben der Teilnehmer verdeutlichen, dass naturnaher Wald mit hohem Tot- und Altholzanteil innerhalb der Gesellschaft etwas äußerst Positives und Wünschenswertes darstellt. Damit werden unsere Forderungen nach mehr urwaldartigen Strukturen im Wald unterstützt“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Der Wald wird von über der Hälfte der Befragten mit Ruhe, Erholung und Entspannung verbunden, so das Ergebnis einer Studie, die von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf im Auftrag des NABU Saarland durchgeführt wurde. Weitere rund 23 Prozent der Befragten nehmen den Wald als Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere wahr, während die Rohstofferzeugung nur von zwölf Prozent der Befragten genannt wird. Eine klare soziale Komponente der Wahrnehmung des Waldes wird deutlich.
Im naturnahen Wald erkennen viele der Befragten einen ökologischen Wert und empfinden diesen als positiv und lebendig. Ein reiner Fichtenwald wird vor allem als wirtschaftlich, traditionell und ordentlich wahrgenommen. Auch die gegenüber dem naturnahen Laubwald ausgedrückten Gefühle fielen sehr positiv aus: so gaben 46 Prozent der Befragten das Gefühl der Freude an, 21 Prozent Behaglichkeit und 15 Prozent das Gefühl der Zugehörigkeit an. Zum Vergleich: Nur zwölf Prozent empfanden das Gefühl der Freude in einem Fichtenforst. Besonders jüngere Menschen befürworten Wildnisstrukturen im Wald, die ältere Generation ist hingegen noch stärker dem „ordentlichen“ Waldbild verbunden.
Während die Waldästhetik vor allem sozial und emotional begründet ist, wird Tot- und Altholz von den Befragten mit Fakten und Wissen verbunden. So betrachten über die Hälfte der Teilnehmer Tot- und Altholz als Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen, als Ort der biologischen Vielfalt und des natürlichen Kreislaufs.
Nach Auffassung des NABU zeigen die Ergebnisse, dass wildere Waldstrukturen mehr und mehr positiv von der Bevölkerung wahrgenommen werden. „Die Bürgerinnen und Bürger sind sich der Bedeutung von Wäldern für den Schutz der biologischen Vielfalt bewusst. Besonders im öffentlichen Wald der Länder und Kommunen müssten zur Förderung der Erholung der Bürger und zum Schutz der biologischen Vielfalt wieder mehr natürliche Elemente wie alte und abgestorbene Bäume in den Wirtschaftswald integriert werden“, so NABU-Waldexperte Stefan Adler.
Alte Wälder schützen!
NABU Hessen fordert Deckelung des Holzeinschlags im Staatswald
NABU Hessen Pressemitteilung, 19.3.14
Wetzlar; Angesichts zunehmender Beschwerden über radikale
Holzeinschläge in Altholzbeständen fordert der NABU Hessen
Konsequenzen von der neuen Landesregierung. "Ein Buchenwald ist kein
Holzacker", so der Landesvorsitzende Gerhard Eppler. Der NABU fordert
daher anlässlich des Internationalen Tag des Waldes (21. März) eine
Abkehr von der aktuellen Forst-Strategie einer "raschen Verjüngung".
Künftig solle die Einschlagsmenge in den Beständen bei der
Nutzungsplanung auf höchstens 30 Prozent des Holzvorrats begrenzt
werden.
Wenn man in der 10-jährigen Forstbewirtschaftungsperiode nur 30 Prozent
des Vorrats abholzen dürfte, würde die Erntezeit zeitlich gestreckt und
sich das Problem entspannen. Nur so könne eine Abkehr vom
Altersklassenwald zum Dauerwald vollzogen werden. In Baden-Württemberg
hat der Landesbetrieb Forst bereits im letzten Oktober eine Anordnung
zur Beschränkung auf die 30-Prozent-Ernte getroffen. Hessen müsse nun
folgen, so der NABU. Es dürfe sich als waldreichstes Bundesland nicht
seiner Verantwortung entziehen, gibt Eppler zu bedenken.
Zunehmend zeige sich ein Trend, die Altholzbestände innerhalb von nur
20 Jahren fast vollständig abzuräumen. "Aktuell ist nur der Kahlschlag
einer Waldfläche verboten. Doch die aktuelle forstliche Praxis ist kaum
besser als Kahlschlag", mahnt Eppler. Wenn 60 Prozent eines Waldbestands
innerhalb kürzester Zeit gefällt würden, sei das nach der momentanen
Gesetzeslage absolut legal. Aufgrund der laschen Regelung würden in den
alten Beständen mehr Bäume abgeräumt als der Wald mit seinem natürlichen
Wachstum ausgleichen könne, fasst der NABU die Problematik zusammen.
Nach aktuellen Zahlen der Hessischen Landesregierung werde in alten
Laubwäldern über 140 Jahren rund ein Drittel mehr geschlagen als
nachwachse. Einer Ernte von 379.361 Vorrats-Festmetern pro Jahr stehe
nur ein Zuwachs von 243.621 Vorrats-Festmetern gegenüber. Im
Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung wurde deshalb auch der
"Schutz alter Buchenwälder" als Ziel festgeschrieben.
Buchen bieten jedoch seltenen Tier - und Pflanzenarten erst in der
zweiten Hälfte ihres Lebens, also ab 180 Jahren, einen Lebensraum,
erklärt der Biologe. "Die meisten Bäume verlassen jedoch den Wald
wieder als Festmeter bevor sie überhaupt ein mittleres Alter erreicht
haben! 200 oder 300 Jahre alte Buchen gibt es praktisch nicht", so
Gerhard Eppler. Nur ein alter Wald sei auch reich an anspruchsvollen
Arten. So ist etwa die 2011 in Hessen neu entdeckte Nymphenfledermaus
auf strukturreiche Laubwälder angewiesen, die älter als 160 Jahre sind.
Für Artenreichtum und natürliche Entwicklung sei es deshalb
unabdingbar, eine größere Zahl alter Bäume in den Beständen zu erhalten.
Insbesondere in Naturschutzgebieten und Europäischen Schutzgebieten sei
die hohe Einschlagsmenge inakzeptabel. Es gebe bereits mehrere Beispiele
in Hessen, wo es eine Verschlechterung der Schutzgebiete durch die
forstwirtschaftliche Praxis gegeben habe, so Eppler. Eine nachhaltige
Forstwirtschaft sei erst erreicht, wenn sie auch ein dauerhaftes
Überleben der Tier- und Pflanzenarten der Buchenwälder sicherstellt.
Alte Buchenwälder Mitteleuropas sind weltweit einzigartige Lebensräume
mit enormer Artenvielfalt. In Deutschland existieren von ihnen jedoch
nur noch Restbestände. 14 Vogelarten, 205 Pflanzenarten und 1284
Pilzarten sind in den deutschen Wäldern gefährdet. 76% der Wälder in
Hessen sind öffentlicher Wald.
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