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Aktuell

Klimarat-Sonderbericht

Klimakapriolen: Sonderbericht zu Extremwetter

Von Karsten Smid, Greenpeace-Online, 18.11.11

Stürme, Hitzewellen und sintflutartige Regenfälle werden an Heftigkeit und Häufigkeit zunehmen. Ursache dieser extremen Wetterlagen ist der Klimawandel. Dies ist das Ergebnis eines Sonderberichtes zu Extremwetter. (Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation - SREX) des UNO-Klimarats IPCC.

Die IPCC-Wissenschaftler warnen, dass die Auswirkungen von Wetterextremen und Naturkatastrophen in Folge des Klimawandels bisher massiv unterschätzt wurden. Obwohl sich die die Klimawissenschaftler nach wie vor in der Beweisführung schwer tun, Einzelereignisse als unmittelbare Folge des Klimawandels zurück zu führen, ist ein Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und der Zunahme von Extremereignissen herleitbar.

Drei Arten von Extremereignissen

Der Report unterscheidet zwischen drei Arten von Extremereignissen: Die Zunahme von Wetterextremen, die Zunahme von Schäden durch Wetterextreme und neuartige Extremereignisse in Folge der Klimaerwärmung. Zu allen drei Typen gibt es jüngste Beispiele.

Zum einen untersuchen die Experten Wetterextreme, die sich in Folge des Klimawandels verstärken oder in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit verstärken werden. Hierzu zählen Hitzewellen, Dürren oder Hochwasserkatastrophen. So lässt sich die Moskauer Rekordhitze im Jahr 2010 mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den langfristigen Trend der Klimaerwärmung zurückführen. Die Hitzwelle rund um Moskau übertraf sogar noch den Jahrhundertsommer 2003 in Europa, der zu Tausenden von Toten geführt hatte. Im westlichen Russland waren Missernten und riesige Waldbrände die Folge.

Zweitens: Ereignisse, deren Gefährlichkeit oder Auswirkungen durch Veränderungen unabhängig vom Klimawandel zunehmen, wie z. B. ein erhöhtes Überflutungsrisiko durch verstärkte küstennahe Bebauung. Als besonders verletzlich gelten asiatische Küstenstädte. So erlebt die Hauptstadt Thailands gerade das schlimmste Hochwasser seit über 50 Jahren. Die Folgen für Bangkok, wo seit Wochen ganze Stadtteile der Millionen-Metropole unter Wasser stehen, sind noch gar nicht abschätzbar. Über 13 Millionen Thailänder sind von den Fluten betroffen, mehr als 500 Menschen in Folge des Hochwassers gestorben. Es wird bereits überlegt Bangkok als Hauptstadt Thailands aufzugeben.

Zum Dritten wird die Entstehung neuer Wetterphänomene diskutiert. Diese neuartigen Phänomene und Extremereignisse in Folge des Klimawandels können möglicherweise verheerende Auswirkungen verursachen. So können sich Hurrikane in Regionen bilden, die bisher als unvorstellbar galten. Beispielsweise wütete Anfang November 2011 über Südeuropa ein monströser Tiefdruck-Wirbel, der für sintflutartige Regenfälle in Italien sorgte. Sturzfluten überschwemmten die Straßen in Genua. In den reißenden Flüssen ertranken mindestens 16 Menschen. Meteorologen schließen nicht mehr aus, dass sich durch die Erwärmung des Mittelmeers in Zukunft auch dort Hurrikans oder zumindest hurrikanartige Stürme bilden können.

Erhebliche Schäden durch Extremereignisse

Die Kräfte der Natur, angeheizt durch den Ausstoß von Treibhausgasen, toben sich in Stürmen, Unwettern und sintflutartigen Regenfällen aus. Befürchtet wird auch, dass extreme Wetterlagen in so schneller Reihe aufeinander folgen, dass sich die betroffenen Regionen überhaupt nicht mehr davon erholen können. In Pakistan stand 2010 nach katastrophalen Überschwemmungen das halbe Land unter Wasser. Im Sommer 2011 gab es dann wieder riesige Überschwemmungen, die die Ernten vernichteten.

Extremereignisse sind besonders fatal, weil sie erhebliche Schäden verursachen können. Allein ein einziges Ereignis kann zu einem katastrophalen Ausmaß an Schäden führen und alles bisher für möglich gehaltene in den Schatten stellen. Solche extrem seltenen Ereignisse kommen grundsätzlich überraschend. Sie liegen außerhalb des zu erwartenden Ereignishorizontes - außerhalb jeder Erfahrung. Meistens lassen sich nur im Nachhinein Erklärungen für ihr Auftreten finden.

Die Infrastruktur auf solche Extremereignisse auslegen zu wollen ist illusorisch. Selbstverständlich werden wir nicht umhin kommen, Anpassungsmaßnahmen an ein verändertes Klima vorzunehmen. Die gesamte Infrastruktur darauf anpassen zu wollen ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Wir wissen zwar, dass Extremereignisse heftiger und häufiger auftreten, aber es ist unmöglich zu sagen wann und wo die Natur genau zuschlägt. Hitzewellen bis 50 Grad Celsius oder regional begrenzte Sturzfluten, bei denen 50 bis 100 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden niederprasseln, lassen sich mit technischen Maßnahmen kaum in den Griff kriegen. Das sind menschengemachte Katastrophen, die nicht zu beherrschen sind.

Deutschland bleibt nicht verschont

Und auch Deutschland wird die Auswirkungen des Klimawandels spüren. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft erwartet eine Zunahme von katastrophalen Stürmen in Deutschland. Heftige Stürme, die es früher alle 50 Jahre gegeben hat, werden alle 10 Jahre auftreten und Schäden von bis zu 8 Milliarden Euro verursachen. In Zukunft werden sich die Schäden durch Flussüberschwemmungen und Sturzfluten in Folge sintflutartiger Regenfälle verdreifachen. Die Winterstürme werden im Westen zunehmen und auch die Schäden durch sommerliche Unwetter steigen um bis zu 60 Prozent.

Das alles sollte Anlass genug sein, um auf der Weltklimakonferenz im südafrikanischen Durban, endlich den politischen Durchbruch zu organisieren, um den Ausstoß der Treibhausgase drastisch zu senken. Es gilt nach wie vor: "Jeder Euro, den wir zur Senkung des Treibhausgasausstoßes ausgeben, ist besser angelegt, als jedes Jahr für die Schäden in Folge von Wetterextremen zu zahlen."


Weltklimarat IPCC zeigt zukünftige Risiken auf

Röttgen und Schavan: Klimaschutz stärken und Wissensbasis verbessern

BMU Pressemitteilung, 18.11.11

Extremereignisse wie lang andauernde Hitzeperioden oder Starkniederschläge werden in einigen Regionen der Welt wahrscheinlich zunehmen. Maßnahmen zu Klimaanpassung und Risikomanagement sind weltweit bislang unzureichend. Wir sind auf die künftigen Extremereignisse und ihre Folgen nur unzureichend vorbereitet. Das ist das Fazit des Weltklimarats IPCC in seinem aktuellen Sonderbericht "Management des Risikos von Extremereignissen und Katastrophen zur Förderung der Anpassung an den Klimawandel". Der Sonderbericht zeigt nachdrücklich, dass Maßnahmen zur Klimaanpassung und Risikomanagement gestärkt und besser miteinander verbunden sein müssen.

"Der fortschreitende Klimawandel wird voraussichtlich zu deutlich mehr Extremwetterereignissen überall auf der Welt führen. Wir können nicht endlos emittieren, weil sonst die Natur zurückschlägt. Die Folge unkontrollierter Erderwärmung sind Überflutungen, Dürren, Hitzewellen und die daraus entstehenden Konflikte um Wasser und Weideland. Deshalb sind Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und ein angemessenes Risikomanagement in verstärktem Umfang notwendig, um künftige Risiken möglichst zu vermeiden. Neben unserem unermüdlichen Einsatz für Fortschritte in den internationalen Klimaschutzverhandlungen und für rechtlich verbindliche Regeln müssen wir auf den Klimawandel auch eine technologische Antwort finden. Sie ist Bedingung für Wachstum in der Zukunft, gerade für die Entwicklungs- und Schwellenländer", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

"Der Sonderbericht macht deutlich, dass die künftigen Risiken durch Extremereignisse auch davon abhängen, wie verwundbar Gesellschaften und Ökosysteme sind. Wir fördern deshalb Forschung, die auf Vorsorge ausgerichtet ist. Klimaforschung ist eine Voraussetzung für den Klimaschutz und die Fähigkeit der Gesellschaft, sich an nicht mehr zu vermeidende Veränderungen anzupassen, und wird daher auch im ,Wissenschaftsjahr 2012 Zukunftsprojekt Erde' eine bedeutende Rolle spielen", sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan.

Der fortschreitende Klimawandel wird voraussichtlich zu deutlichen Veränderungen bei Extremwetterereignissen überall auf der Welt führen. Das künftige Auftreten und die Intensität von Extremereignissen werden durch den Klimawandel teilweise deutlich verstärkt. Der Weltklimarat unterstreicht diese Annahme und stellt fest, dass es bereits zu einer Zunahme von Extremereignissen gekommen ist, beispielsweise von Hitzeperioden in manchen Regionen der Welt. So ist die Hitzewelle in Mittel- und Westeuropa im Jahr 2003 ein Beispiel dafür, was künftig häufiger auftreten kann. Auch die wirtschaftlichen Schäden durch extreme Wetter- und Klimaereignisse sind in den letzten Jahrzehnten angestiegen. Verlust von Menschenleben und wirtschaftliche Schäden sind in Entwicklungsländern und Ländern mit mittlerem Einkommen höher als in Ländern mit hohem Einkommen.

Der Weltklimarat zeigt im Sonderbericht klar auf: Risiken durch künftige Extremereignisse können vorrangig auf der regionalen und lokalen Ebene vermieden werden. Auf internationaler Ebene müssen hierfür die Voraussetzungen geschaffen werden. In diesem Sinne fördert das Bundesforschungsministerium bereits umfangreiche Programme in der Klima-, Klimafolgen- und Klimaanpassungsforschung. Auch im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS), die die Bundesregierung unter Federführung des Bundesumweltministeriums im Dezember 2008 beschlossen hat, sind Aspekte des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes sowie der Einfluss von Extremereignissen berücksichtigt. Das Bundesumweltministerium unterstützt in seiner internationalen Klimaschutzinitiative weltweit Anpassung an den Klimawandel und Risikomanagement durch Entwicklungszusammenarbeit.


Bundesregierung muss sich in Durban für Kyoto-Nachfolgeabkommen stark machen

Bundeswirtschaftsminister Rösler darf EU-Effizienzrichtlinie und Klimaschutz nicht länger blockieren

BUND Pressemitteilung, 21.11.11

Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat im Vorfeld des in einer Woche im südafrikanischen Durban beginnenden Weltklimagipfels (28.11. bis 9.12.2011) die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Deutschland müsse endlich seinen Widerstand gegen die EU-Energiesparziele aufgeben und sich intensiver für eine Reduzierung der CO2-Emissionen der Europäischen Union um mindestens 30 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 einsetzen, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger bei einer Pressekonferenz in Berlin. Weiger forderte Bundesumweltminister Norbert Röttgen auf, in Durban vehement dafür zu kämpfen, dass das für die Industriestaaten geltende Kyoto-Abkommen zur Minderung der CO2-Emissionen mit einer zweiten Verpflichtungsperiode fortgesetzt werde.

"National und international kann Deutschland beim Klimaschutz nur glaubwürdig sein, wenn es nicht durch Blockaden von Maßnahmen zur CO2-Minderung negativ auffällt", sagte Weiger. "Insbesondere von Bundeskanzlerin Angela Merkel und von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler erwartet die Öffentlichkeit ein deutlich stärkeres Engagement für den Klimaschutz in Europa und in Deutschland. Es ist unverantwortlich, dass Rösler sich gegen die Vorschläge aus Brüssel zum Energiesparen stellt", kritisierte der BUND-Vorsitzende.

Um bis 2020 das nationale Klimaziel einer CO2-Minderung um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 erreichen zu können, seien umfangreiche gesetzliche Maßnahmen zum Energiesparen erforderlich. "Dazu gehört auch, sich für eine Verbesserung der EU-Effizienzrichtlinie stark zu machen, anstatt den entsprechenden Vorschlag von EU-Energiekommissar Günther Oettinger zu verwässern", sagte Weiger. Nationale Klimaziele ließen sich am schnellsten erreichen, wenn sie von einer umfassenden Effizienzpolitik unterstützt würden. Dies schaffe zudem viele zusätzliche Arbeitsplätze und neue Märkte für innovative Produkte und Dienstleistungen.

Bei der Weltklimakonferenz in Durban will der BUND vor allem ambitionierte europäische Klimaziele und ein Kyoto-Nachfolgeabkommen einfordern. Weil die erste Verpflichtungsperiode zur Minderung der globalen CO2-Emissionen 2012 auslaufe, sei die Fortschreibung des Kyoto-Abkommens besonders dringend, sagte die BUND-Expertin für internationale Klimapolitik, Ann-Kathrin Schneider.

Schneider: "Der globale Klimaschutz funktioniert nicht ohne verbindliche Regeln. Die Fortschreibung des Kyoto-Abkommens ist notwendig, um die dramatische Zunahme der weltweiten CO2-Emissionen abzubremsen. Schon heute haben wir es in vielen Teilen der Welt, in Afrika, Amerika, Asien und Europa, mit den verheerenden Folgen des Klimawandels zu tun. Darunter leiden vor allem die Ärmsten der Armen und immer noch tun viele so, als ob sie das alles nichts anginge."

Wolfgang Sterk, Projektleiter am Wuppertal Institut, der als Gast an der BUND-Pressekonferenz teilnahm, wies darauf hin, dass die Schwellenländer bereits teils erhebliche Anstrengungen zum Klimaschutz leisteten. "Dennoch muss natürlich mittelfristig auch ein höherer Grad der Verbindlichkeit für die Schwellenländer erreicht werden", so Sterk. "Zusätzlich zur Vereinbarung einer zweiten Kyoto-Periode sollte daher in Durban ein Verhandlungsmandat vereinbart werden, um bis spätestens 2015 ein umfassendes Abkommen zum weltweiten Klimaschutz auszuhandeln, bei dem die Schwellenländer beteiligt sind", sagte Sterk.


Von Bonn nach Rio

WWF: Ökosystem-Leistungen der Natur einen Wert geben!

WWF Pressemitteilung, 18.11.11

Berlin/Bonn - „Auf dem Umweltgipfel Rio+20 im kommenden Jahr muss sich die internationale Staatengemeinschaft auf messbare, ambitionierte und glaubhafte Nachhaltigkeitsziele für Energie, Nahrung und Wasser festlegen“, so die Forderung von Lasse Gustavsson, Direktor Naturschutz beim WWF International anlässlich des Abschlusses der Konferenz „Bonn2011“ an diesem Freitag. Nur auf diese Weise könne die Versorgungssicherheit der Menschheit innerhalb der natürlichen Grenzen des Planeten gewährleistet werden. Drei Tage lang diskutierten Teilnehmer aus Politik, Industrie und Nichtregierungsorganisation über Lösung, wie der zunehmende Ressourcenbedarf einer stetig wachsenden Menschheit nachhaltig gedeckt werden kann. Der WWF fordert den von Ökosystemen erbrachten Leistungen endlich auch einen ökonomischen Wert gegenüberzustellen.

Nach Berechnungen des WWF braucht die Menschheit bereits heute einen zweiten Planeten. Mit wachsenden Bevölkerungszahlen, wirtschaftlicher Entwicklung und Ansprüchen wird auch der Bedarf an Wasser, Nahrung und Energie weiter steigen. Die Menschheit befriedigt ihren Ressourcenhunger der WWF-Studie "Living Planet Report" zufolge seit Jahren von den „ökologischen Rücklagen“ der Natur. Zugleich seien die genutzten Ressourcen weiterhin ungerecht verteilt.

So gibt es Schätzungen zufolge weltweit rund 1,3 Milliarden Menschen ohne oder nur mit ungenügendem Zugang zu Elektrizität und rund 2,7 Milliarden Menschen sind auf eine ineffiziente und nicht nachhaltige Nutzung von Biomasse, Holz oder tierischen Produkten angewiesen und kochen oder heizen mit Kohle. Diese sogenannte „In-Door-Pollution“ ist Schätzungen zufolge für den Tod von 1,5 Millionen Menschen pro Jahr verantwortlich. „Der WWF fordert daher von den Regierungen bei den Zielen von Rio+20 klare Maßnahmen zu vereinbaren, wie der Bevölkerung in den Entwicklungsländern saubere, erschwingliche und zuverlässige Energie zur Verfügung gestellt werden kann. Dafür ist es notwendig das Zeitalter der fossilen Brennstoffe endlich zu beenden. Die Welt muss umsteuern hin zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträgern“, so Stephan Singer, WWF-Direktor Globale Energiepolitik.




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