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Aktuell

Update Sibirien-Waldbrände

Wieder brennen Wälder in Russland

Tausende Menschen zur Feuerbekämpfung eingesetzt

MOSKAU, 01. August (RIA Novosti). In vielen Regionen Russlands - im Uralraum, in Sibirien und im Fernen Osten - toben Waldbrände. Wie RIA Novosti am Mittwoch von einem Sprecher des nationalen Zentrums für Krisensituationen des russischen Zivilschutzministeriums erfuhr, sind zur Brandbekämpfung insgesamt 13 220 Menschen sowie 2250 Einheiten Spezialtechnik, darunter 37 Luftfahrzeuge, eingesetzt worden.

Das Risiko, dass Waldbrände sowie das Feuer von durch Menschen bewusst angezündeten Grasflächen in der Landwirtschaft auf Siedlungen übergreifen können, wird vom Zivilschutz sehr hoch eingeschätzt. Bedroht sind insbesondere die Gebiete Swerdlowsk, Tscheljabinsk, Tjumen, Omsk und Amur. Somit befinden sich 1100 soziale Einrichtungen, 3000 Energieübertragungsleitungen, 536 Öl- und Gaspipelines, 407 Einsenbahnstrecken und 856 Autostraßen in der Gefahrzone.

Der Zivilschutz warnt vor großflächigen Bränden in den russischen Teilrepubliken Baschkirien und Burjatien, den Regionen Perm, Altai, Krasnojarsk, Transbaikalien, Chabarowsk und Primorje sowie in den Gebieten Kaliningrad, Woronesch, Nowosibirsk, Tomsk, Kirow, Swerdlowsk, Tjumen und Omsk.

Im Jahr 2010 hatten in vielen Regionen Russlands ausgedehnte Waldbrände auf insgesamt 2,45 Millionen Hektar gewütet, 2011 waren es 1,67 Million Hektar.


Das Feuer in Sibirien ist außer Kontrolle

Von Dagny Lüdemann, ZEIT Online, 8.8.12

http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2012-08/waldbraende-sibirien


Taiga in Flammen

Greenpeace: Behörden verschweigen Ausmaß

(dpa) - 3. Augst, 2012

http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/blick-in-die-welt_artikel,-Greenpeace-Behoerden-verschweigen-Ausmass-_arid,182421.html


Tierschützer: Waldbrände in Russland tödlich für Taiga-Bewohner

(dpa) - 2. August, 2012

http://www.europeonline-magazine.eu/tierschuetzer-waldbraende-in-russland-toedlich-fuer-taiga-bewohner_227250.html


Abschied aus dem Firefighter-Camp

Greenpeace-Online, 7.8.12

Die 29-jährige Verena Mohaupt aus Bielefeld und der 26-jährige Sven Willner aus Leipzig besuchen für knappe zwei Wochen ein “Firefighting-Camp” in Russland. Sie lassen sich dort für die Bekämpfung von Waldbränden ausbilden und werden gegebenenfalls bei Bränden helfen. In einer Blogreihe erzählen sie von ihren Erfahrungen. Im sechsten und letzten Teil ziehen sie Bilanz und berichten von ihrem Abschied aus dem Camp.

Draußen vor dem Zugfenster ziehen die ersten Hochhäuser vorbei. Die Bäume werden abgelöst von Straßen und Plätzen. Langsam erreichen wir die ersten Außenbezirke von Moskau auf dem Weg zurück in die Stadt. Erst vor etwas mehr als zwei Wochen sind wir in Russland angekommen – aber so viel haben wir erlebt und gelernt.

Ich denke an Grischa, der uns tags zuvor erzählt hat, wie das Firefighting-Projekt bei Greenpeace Russland begann und wie er selbst zum Firefighting kam – ein beeindruckender Mensch. Als Mitglied einer Moskauer Studentenvereinigung für Naturschutz löschte er vor 15 Jahren zusammen mit Mischa sein erstes Feuer in einem betreuten Naturschutzgebiet. Damals erkannte er die Bedeutung der Brandproblematik und beschloss, staatlich angestellter Inspektor für Naturbrände zu werden. Schließlich erreichte er sogar einen hohen Rang bei den offiziellen Firefightern, bei denen er seinen Wehrersatzdienst leistete. Nachdem er jedoch einen Skandal um heimliche Chlorentsorgung aufdeckte, kündigte er und wurde zunächst Fahrer bei Greenpeace. Stets arbeitete er eng mit der Studentenvereinigung zusammen, die von seiner „Doppelposition“ als staatlicher Angestellter und Freiwilliger profitiert. Zu Beginn jenen Jahres fand die erste Firefighting-Exkursion von Greenpeace Russland statt, vom Kaspischen Meer bis zur Ostseeküste. Das eigenständige Firefighting-Projekt wurde ins Leben gerufen – mit Grischa als dessen Leiter. Lange erzählt der auf den ersten Blick eher schweigsame Mensch von den Geschichten aus seinem Leben rund um die Brandbekämpfung. Vieles kommt mir vor wie aus einem Film.

Ich denke auch an die anderen Firefighter aus dem Camp, die jetzt in die Region Lipetzkaya unterwegs sind, um einen „Hotspot“ zu untersuchen. Einige Abende zuvor haben sie ihn auf den Satellitenbildern ausgemacht: den Hotspot, eine heiße Stelle, die womöglich von Bränden herrührt. Mit Hilfe von öffentlich zugänglichen Satellitendaten – vorrangig Wärmebildern – sucht Greenpeace Russland nach möglichen Bränden in der russischen Natur. Mit anschließenden Sichtkontrollen können sie so die Daten der Behörden überprüfen. Viele Regionalverwaltungen verschleiern die wahre Brandfläche in ihren Statistiken. Sie haben Angst, für ihr Unvermögen, den Bränden beizukommen, zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Die Größe der Brände gemessen von Greenpeace Russland ist somit teilweise um mehrere Größenordnungen höher als die offiziellen Angaben. Auf den Satellitenbildern sahen wir auch die aktuellen Waldbrände in Sibirien, ringförmige Feuerfronten mit Durchmessern von hunderten Kilometern, und eine dichte Rauchdecke, ausgehend von den Hotspots – erschreckend. Die konkreten Löscheinsätze sind ein wichtiges Zeichen an die Menschen und Behörden, dass Greenpeace Russland als zivile Kontrollinstanz ernst genommen werden sollte. „Um glaubwürdig zu sein, müssen wir selbst anpacken können – besonders, wenn wir den Behörden zeigen wollen, wie Brände effektiv bekämpft werden können“, erklärte uns Grischa.

Zusätzlich sind unsere russischen Kollegen im Gespräch mit Politikern und Verwaltungen, um die Situation der Verschleierung der Brandflächen zu verbessern. Erst, wenn die Problematik der Brände endlich frühzeitig erkannt wird, kann sich grundlegend etwas ändern. Im September ist der nächste große Gesprächstermin um ein föderales Gesetz. Das Legen von Grasbränden soll endlich russlandweit verboten werden.

Mittlerweile fährt unser Vorortzug in den riesigen Sackbahnhof Moskaus ein. Wie Fremdkörper kommen wir uns mit den großen Rucksäcken im Gewühl der Millionenmetropole vor. Wir sind müde vom letzten Abend im Camp. Ein letztes Mal tönte der Gong zum Essen und wie die Wochen zuvor stürzten hundert hungrige Kinder zur Feuerstelle. Gemeinsam wurde gesungen, kleine Sketche über das Campleben aufgeführt und sich dann ergreifend verabschiedet. Die Kinder haben hier vermutlich ebenso viel gelernt wie wir. In kleinen Delegationen aus Schulen im europäischen Teil Russlands nahmen sie im Camp an Workshops zur Waldaufforstung teil: Waldarbeit, Umgang mit Presse und Behörden, Projektplanung, aber auch Einblick ins Firefighting und die Brandproblematik – Aufklärungsarbeit als wichtiger Pfeiler im Kampf gegen die Feuer. Die 10- bis 14-jährigen sind jetzt wieder an ihren Heimatorten und werden mit dem Gelernten wohl bald ihre eigenen Waldprojekte starten.

Einen Tag später sitzen wir schon im nächsten Zug, dem letzten der langen Reise. 26 Stunden Fahrt bis Berlin. So schrecklich schnell ist diese schöne Zeit in Russland vorüber gegangen, noch Tage lang werde ich zwischen den Welten stehen. Und noch immer habe ich das Lied vom Lagerfeuer im Ohr: „Vertitsa bystrej semla“ – „Schnell dreht sich die Erde“.




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